20. März 2014

Pädagogische Überlegungen stärker gewichten

Eine Stellungnahme von Hanspeter Amstutz zum Streit um die Fremdsprachen in der Primarschule.

Beim Sprachenstreit um das Frühfranzösisch in der Primarschule kommt kaum zur Sprache, dass es sich dabei primär um eine pädagogische und nicht um eine politische Frage handelt. Primarschüler sollen eine Fremdsprachen richtig lernen, aber nicht zwei aufgesplittert nebeneinander. Das vielgepriesene frühe Lernen von zwei Fremdsprachen hat sich auf der Mittelstufe nicht bewährt. Mit dem Kurzfutter-Konzept mit nur zwei Wochenstunden pro Fremdsprache hat rund die Hälfte der Primarschüler keine Chance, ohne stützende Massnahmen in beiden Sprachen auf einen grünen Zweig zu kommen. Diese erhebliche Belastung der Primarschule durch die Fremdsprachen geht auf Kosten anderer zentraler Fächer, die den Kindern weit mehr bedeuten und nachhaltigeren Lernerfolg versprechen. Mittelstufenschüler interessieren sich brennend für Realienthemen aus Geschichte,  Naturwissenschaften  oder Geografie. In diesem Alter sind Kinder besonders offen für diese für ihr Weltverständnis so wichtigen Fächer. Sie erschliessen sich mit einer gewissen Leichtigkeit neue Wissensgebiete und lernen so sich richtig auf Deutsch auszudrücken. Diese entwicklungspsychologischen Tatsachen scheinen vor lauter Angst, man komme beim Fremdsprachenlernen zu spät, weitgehend ausgeblendet zu werden.


Die Politik ist für das gegenwärtige Durcheinander beim frühen Sprachenlernen mitverantwortlich. Die einen Kantone beginnen in der Unterstufe mit Englisch, die andern mit Französisch. Mit der frühen Einführung einer zweiten Fremdsprache ohne Festlegung einer für alle Deutschschweizer Kantone verbindlichen ersten Fremdsprache ist ein ganz anderer Röstigraben entstanden. Dieser verläuft nun zwischen den Kantonen, die der Romandie näher liegen, und der übrigen Deutschschweiz. Diese Diversität gar als gelungenen Kompromiss zu bezeichnen, ist doch ziemlich gewagt.
Es ist höchste Zeit, dass die pädagogische Sichtweise stärker gewichtet wird. Eine obligatorische Fremdsprache für die Primarschule ist genug. Ob dies Englisch oder Französisch ist, wird nicht so entscheidend sein, wenn auf der Oberstufe die zweite Fremdsprache gegenüber der ersten deutlich mehr Lektionen aufweist. Am Ende der Volksschulzeit sollte es möglich sein, dass in beiden Fremdsprachen ein vergleichbares Niveau erreicht wird. 

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