Es tönt grandios: Die heutigen
Schüler sollen im Sprachsee baden, drin schwimmen und gleichsam im Spiel bald
elegant Französisch parlieren können. Ohne Wörtchen zu büffeln, Grammatik
auswendig zu lernen oder sich quälenden Diktaten auszusetzen. Singend,
spannenden Geschichten lauschend und durch den Computer beflügelt wird ihnen
die Fremdsprache ins Hirn rieseln wie das Manna auf der Wanderung ins Gelobte
Land.
Kommentar von Franziska Laur zum Französischlehrmittel "Mille Feuilles", Basler Zeitung, 27.2.
Während
es durchaus noch Lehrer gibt, die sich unverdrossen vor ihre Klasse hinstellen
und Leistung verlangen, scheuen dies Bildungsbürokraten wie der Teufel das Weihwasser.
Lieber packen sie unangenehme Tatsachen in Watte und servieren ein Gericht
aus Spiel, Spass und guter Laune. Doch Schüler wollen gefordert sein, viele
fühlen sich erst dann wohl, wenn sie konkrete Aufgaben gestellt bekommen, die
sie mit Stolz ausführen können. Doch beim Unterricht mit «Mille feuilles» werden
Lernziele gesetzt, wie: «Ich habe gelernt, die Rückmeldungen und Beurteilungen
von Mitschülern als Chance zum Weiterlernen zu nutzen.» Welcher Schwachsinn,
welch sozialromantische Vorstellung von Pädagogik!
Gerade
schwächere, nervösere Kinder brauchen feste Formen und gute Leitplanken. Sobald
die Logik fehlt, brauchen sie Anleitung und Hilfestellungen, um einen Stoff zu
erarbeiten und zu gliedern. Diese Kinder sind dann im Nachteil, wenn es um die
Arbeit mit «Mille feuilles» geht.
Es gibt
jedoch einen weiteren Aspekt: Wir sind zur Spassgesellschaft geworden. Alles
soll leicht, locker, spielerisch und freudig über die Runden gehen. Doch
häufig ist eine Leistung, mit Schweiss und Tränen erkämpft, sehr befriedigend
und nachhaltig. Diese Erfahrung dürfte der heutigen Generation fehlen, bis sie
mit dem Eintritt in die Mittelschule mit den harten Schulrealitäten
konfrontiert ist.
Glücklicherweise
sind Kinder hart im Nehmen. Wenn man ihnen nicht gerade ein Holzscheit an den
Kopf haut oder sie in die Wäschekammer sperrt, so halten sie fast alles
souverän aus und passen sich auf geduldige Weise an. Sie werden auch «Mille
feuilles» meistern. Problematisch ist vielmehr, dass einmal mehr wertvolle
Ressourcen und Kosten in dieses unsinnige Projekt gesteckt werden.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen