Exponenten der Grünen sind sich uneins. Florence Brenzikofer und Jürg Wiedemann, Bild: Nicole Pont
Streit um die harmonisierte Schule, Basler Zeitung, 5.3. von Thomas Dähler
Gerne hätten Saskia Olsson und ihr Komitee Starke Schule
Baselland das Volksbegehren auch als grünes Projekt verkauft. Doch die
Parteispitze der Baselbieter Grünen machte ihre Opposition gegen die Initiative
für den Austritt aus dem Harmos-Konkordat von allem Anfang an publik. Fest
steht damit, dass Grüne gegen Grüne kämpfen werden. «Treten wir aus Harmos aus,
müssen wir den Lehrplan 21 nicht übernehmen», wirbt Olsson für die Initiative.
«Nur wegen des Lehrplans 21 aus Harmos auszutreten, ist gefährlich», sagt
demgegenüber Florence Brenzikofer, die Parteipräsidentin der Baselbieter
Grünen.
Der Harmos-Graben der Grünen verläuft in der Tendenz zwischen
den Mandatsträgern der Partei und den im Bildungsbereich aktiven Grünen. Im Initiativkomitee
sind die Grünen mit stolzen 13 Vertreterinnen und Vertretern die grösste
Gruppierung – fast alle bildungspolitisch engagiert oder beruflich im
Bildungsbereich aktiv. Besetzt die Partei ihre Bildungsgruppe oder ihre Sitze
in der Bildungskommission mit Vertretern, die nicht die Parteimeinung
wiedergeben? «Nein», sagt Brenzikofer, «wir tolerieren unterschiedliche
Haltungen.» Sie zweifle aber daran, dass die Kritik am Harmos-Konkordat in der
Bildungsgruppe wirklich breit abgestützt sei. Maya Graf, Nationalrätin der
Grünen, geht noch weiter: «Wir sind in dieser Frage gar nicht gespalten, unter
den Grünen im Initiativkomitee befinden sich nur zwei Mandatsträger.» Auch in
der Bildungsgruppe stehe der harte Kern hinter Harmos.
Lehrplan 21 und Einheitsschule
Das sieht Landrat Jürg Wiedemann, der als Sekundarlehrer in Allschwil
arbeitet und die Grünen in der Bildungskommission vertritt, anders: «Ein
grosser Teil der Bildungsgruppe steht hinter dem Volksbegehren.» Wiedemann will
auch um die Mehrheit in der Mitgliederversammlung kämpfen. Der Vorstand
allerdings werde wohl dagegen sein, macht sich Wiedemann keine Illusionen.
Brenzikofer kündigte an, die Haltung zum Harmos-Austritt an der nächsten
Vorstandssitzung definitiv zu klären.
Die Initiative will vor allem verhindern, dass das Baselbiet den
Lehrplan 21 übernehmen muss. «Der Lehrplan 21 wirft alle Schülerinnen und
Schüler in denselben Topf», hatte Olsson bei der Lancierung der Initiative
gesagt. «Eigentlich zielt der Lehrplan 21 auf die Einheitsschule», formuliert
Jürg Wiedemann seine Kritik am Lehrplan 21, der seiner Meinung nach «die
Leistungsniveaus aufweichen will». Brenzikofer glaubt nicht, dass der Lehrplan
21 gegen die Leistungsniveaus gerichtet ist. Sie bekämpft die Initiative aber
vor allem, weil man damit nicht nur den Lehrplan 21, sondern auch die
Harmonisierung zwischen den Kantonen grundsätzlich aufs Spiel setze: «Es
besteht die Gefahr, dass auch die vereinbarten Strukturen wieder infrage
gestellt werden.» Nationalrätin Graf kann zwar die Kritik am Lehrplan 21
verstehen. Dieser sei aber noch nicht verabschiedet. Graf meint dezidiert: «Man
kann doch nicht allein wegen des Lehrplans 21 alles infrage stellen.»
Bildungsfragen hätten bei den Grünen nicht denselben Stellenwert
wie beispielsweise Umweltfragen, sagt Wiedemann. Er meint, die diametral
verschiedenen Ansichten zum Lehrplan 21 und zu Harmos seien für die Grünen
deshalb kein Problem. «Wir sind deswegen keine zerstrittene Partei», meint er.
Hinter der Harmos-Diskussion bei den Grünen gebe es «null Belastungsprobe». Es
sei eine Stärke der Grünen, dass Unterschiede zugelassen und verschiedene
Haltungen respektiert würden. Auch Präsidentin Brenzikofer spielt dieselbe
Karte. Dass es bei Harmos unterschiedliche Haltungen gebe, sei nicht neu und
werde toleriert.
Beschlossen worden war der Harmos-Beitritt des Kantons seinerzeit
dank einer Koalition, die von links aussen bis weit ins freisinnige Lager
hineinreichte. Scheren Grüne in grosser Zahl aus, könnte die Initiative den
Konkordatsbeitritt durchaus rückgängig machen. Ob danach die Grünen noch immer
von «null Belastungsprobe» sprechen, muss offen bleiben.
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