Pädagogisch korrektes Tenue, Bild: saladin-web.ch
Dresscode an der Kinderfasnacht, Sonntagszeitung, 16.2. von Nadja Pastega und Claudia Gnehm
Dem Ritter fehlt das Schwert. Dem Indianer Pfeil und
Bogen. Nur das Burgfräulein genügt der Konvention: Sein Gewand ist luftig
hellrosa.
Es ist Mittwochmorgen: Fasnacht in einem Kindergarten in
Zürich. Cowboys mit Chäpsli-Pistolen sind hier nicht erwünscht. Piraten mit
Plastiksäbel, Ritter mit Schwertern aus Styropor, Indianer mit Pfeilen im
Köcher? Fehlanzeige.
Anfang letzter Woche bekamen die Eltern ein
Informationsschreiben mit dem Dresscode. «Erlaubt sind folgende Kostüme:
Zauberer, Prinzessin und Fee.» Auch zulässig: Verkleidungen als Tier, Blume
oder Früchtchen. Verboten: sämtliche Spielzeugwaffen. «Es dürfen keine Waffen,
Schwerter, Pistolen oder andere Geschosse mitgebracht werden», heisst es im
Schreiben. «Wir danken für das Verständnis.»
«Für die Gewaltprävention bringen
solche Verbote nichts»
Die politische Korrektheit hat Einzug in die
Kinderfasnacht gehalten. Auch die Kita Luftibus in Winterthur, der
Montessori-Kindergarten in Baar ZG und das Kinderhaus Sunnehöfli in Kreuzlingen
im Kanton Thurgau verbieten Spielzeugwaffen an der Fasnacht. Man schicke jedes
Jahr ein Informationsschreiben an die Eltern raus, sagt Sandra Percinic vom
Sunnehöfli. Darin stehe, «dass sämtliche Waffen mit Munition oder lauten
Schüssen nicht erlaubt sind».
Am nächsten Freitag feiern die 250 Kindergärtler und
Primarschüler im Schulhaus Moosmatt in Luzern Fasnacht, mit Maskenprämierung
und Schulkino. Auch hier sind Chäpsli-Pistolen verboten. «Waffen, auch
Spielzeugwaffen sind nicht erlaubt», sagt Schulleiter Armin Brunner. An der
Schule Herrliberg an der Zürcher Goldküste gilt dieses Verbot für die 500
Schüler das ganze Jahr. Spielzeugwaffen würden echten Waffen zum Teil sehr
ähnlich sehen, darum dürften sie nicht mitgebracht werden.
Für den Zürcher Kinderpsychologen Allan Guggenbühl machen
solche Verbote keinen Sinn. «Die Kinder sind nicht so dumm, dass sie nicht
wissen, dass es sich um Spielzeug handelt», sagt er, «für die Gewaltprävention
sind Verbote meist kontraproduktiv und steigern die Faszination.» Es gehe den
Erwachsenen mehr darum, ihr Gewissen zu beruhigen. «Das ist eine Bevormundung
der Kinder, heute ist das leider ein Trend.»
Der Krummsäbel gehört bei Lego
zwingend zum Piraten
Auch René Weber, Präsident der Organisation Schule und
Elternhaus Schweiz, überzeugen die Verbote nicht. «Im Fernsehen werden uns
täglich Szenen mit Mord und Totschlag gezeigt, und Computerspiele, die Gewalt
verherrlichen, gibt es zuhauf. Wie sollen Kinder da begreifen, dass
ausgerechnet Spielzeugwaffen verboten sein sollen?»
Montessori-Pädagogin Verena Schüepp-Lanz verteidigt die
Waffensperre. «Kinder brauchen Helden, aber wahrhafte Helden, denen sie
nacheifern können: Gandhi, Mutter Teresa, Einstein oder Albert Schweitzer.»
Dabei haben inzwischen sogar Lego und Playmobil
aufgerüstet. Die Firmengründer hatten im 20. Jahrhundert festgelegt, dass
Kriegsspielzeug aus ethischen Gründen nicht ins Programm kommt - heute sind die
kleinen Kunststoffritter und -piraten mit Schwertern und Krummsäbel
ausgerüstet. Victoria Sutch von der Lego-Zentrale in München: «Der Kampf
zwischen Gut und Böse ist Teil des Rollenspiels von Kindern. Deshalb brauchen
Ritter ein Schwert und Piraten einen Säbel.»
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