13. Januar 2014

Schulversuch mit iPads

Nicht in jeder Klasse setzt sich der Gebrauch eines iPads durch. Das ist das Fazit eines Schulversuchs mit den Geräten in Spiez. 





iPad als Spiel- oder Werkzeug? Bild: Valérie Chételat

"Es heisst nicht: Jetzt eipädlen wir", Der Bund, 13.1. von Stephanie Jutzi



Herr Egli, die Schulen rüsten multimedial auf. In der Stadt Bern ist seit letztem Sommer ein Pilotprojekt mit iPads in Gang. Das Schulhaus Längenstein in Spiez hat bereits einen Vorsprung: Zwei 8. Klassen arbeiten seit einem Jahr mit iPads. Warum haben Sie diese in die Spiezer Schulzimmer geholt?
Ursprünglich mussten wir uns entscheiden, ob wir in der Oberstufe mit Notebooks oder Tablets arbeiten wollen. Wir fanden heraus, dass man das gegeneinander abwägen muss und beschafften uns je 50 Stück. Wir haben uns entschieden, die iPads versuchsweise in zwei Klassen zu geben – in eine Spez-Sek und eine Realklasse.
Welchen grossen Vorteil haben die iPads denn im Unterricht?
Da das Gerät jederzeit verfügbar ist, ist es ein wichtiger Bestandteil des Unterrichts. So wird die Integration von ICT (Information and Communication Technology) in jedem Fach möglich. Es heisst nicht einfach: So jetzt «eipädlen» wir. Das iPad gehört fest zum Unterricht. Ganz im Gegensatz zum Notebook, das die Schüler ausleihen und wieder zurückgeben. Bei den Tablets macht das keinen Sinn, weil sie personalisiert sind. Zudem hat man mit dem iPad mehr Platz auf dem Tisch, es ist sofort gestartet, hat eine sehr lange Batterielaufzeit und ist intuitiv zu bedienen.
Das Projekt läuft seit einem Jahr, Sie haben bereits eine Zwischenbilanz gezogen: Hat sich das iPad nun bewährt?
In der einen Klasse, in der ich unterrichte, ist es täglich in Gebrauch und die Schüler nutzen es sinnvoll. Man war aber auch vorbereitet und die Schüler sind motiviert. Es ist ihr Ding. In der anderen Klasse hat sich das Arbeiten mit dem iPad nicht durchgesetzt, ganz klar nicht. Dort blieb es einfach ein Spielzeug. Wenn es nicht als Unterrichtsmaterial gebraucht wird, macht es keinen Sinn.
Weshalb hat es in der einen Klasse nicht funktioniert? Wegen des Unterschieds zwischen Spez-Sek und Realklasse? 
Auch, aber das ist nicht der Hauptgrund. Es zeigte sich, dass das Projekt nicht gelingen kann, wenn die Lehrkräfte nicht sorgfältig vorbereitet sind. Es ist ein Riesenstress, wenn sie das Gerät zu wenig kennen. Uns ist erst im Nachhinein klar geworden, dass man zuerst die Lehrer im Umgang mit dem Gerät hätte schulen müssen. Und es kann auch für die Kinder eine technische Hürde sein.
Was würden Sie einer Schule empfehlen, die noch vor einem solchen Versuch steht?
Die Lehrer müssen gut vorbereitet sein. Man muss wissen, dass es mit Aufwand verbunden ist, damit zu arbeiten. Das Tablet nimmt einem keine Arbeit ab. Es ist aufwendig, das iPad gezielt als Lehrmittel einzusetzen. Es braucht eine andere Art Didaktik. Und die Lehrer benötigen ein Grundinteresse. Wenn ein Lehrer das nicht will, wird es nie klappen.
In welchen Fächern brauchen die Kinder die iPads?
Vorwiegend in Geschichte, Geografie und Naturkunde. Dort benötigen sie das iPad für Einträge ins digitale Schulheft und für Versuchsprotokolle, das Internet zum Recherchieren, den Taschenrechner und eine interaktive Landkarte. Auch die Kamera ist wichtig, damit können die Schüler Notizen von der Wandtafel fotografieren. Als digitales Heft könnte man das iPad in allen Fächern brauchen. Ich lasse ihnen die Wahl. Aber es gibt noch beides: iPad und Papier.
Dann ersetzt das iPad aber bereits andere Geräte? 
Ja, es gibt damit gewisse finanzielle Einsparungen. Man braucht keinen Atlas mehr, keinen Rechner, keine Agenda. Sprachübungen, die früher auf CDs oder DVDs gespeichert waren, hat man immer dabei. Man hat jederzeit Zugang zu den eigenen Notizen und muss keine Ordner herumtragen.
Was erhalten Sie für Feedbacks von den Schülern?
Sie finden es toll und möchten es nicht hergeben. Sie mussten aber auch merken, dass es schwierig ist, ein Gerät, auf dem man spielt, ernst zu nehmen. Ein Computer wird von den Schülern viel ernster genommen. Am Computer ist die Bereitschaft da, etwas zu produzieren, beim iPad weniger.
Wer hat die iPads bezahlt?
Die haben wir uns schenken lassen (lacht). Nein, die Behörden waren bereit, einen Leasingvertrag abzuschliessen. Nach drei Jahren kann die Schule sie dann übernehmen.
Wie waren die Reaktionen der Eltern?
Bei fast allen positiv. Die Mamis und Papis stürzten sich zum Teil richtig darauf. Das iPad ist für sie auch spannend.
Es muss doch auch jene geben, die nur ein Spielzeug darin sehen?
Es gibt auch Eltern, die kritisieren, dass die Kinder durch die Möglichkeiten des iPad vom Lernen abgelenkt werden, zum Beispiel mit Chats. Diesen Eltern sage ich: Wenn das iPad nicht wäre, hätte das Kind dann nicht ein Smartphone? Der Unterschied ist halt, dass beim Smartphone die Eltern dreinreden können, beim iPad weniger. Beim iPad haben die Eltern dann das Gefühl, sie würden an Einfluss verlieren, weil die Schüler ständig sagen: «Das ist für die Schule, ich muss online sein.» Weil es ein Schulgerät ist, darf ich als Lehrer mehr Einfluss nehmen. Ich kann den Schülern auch Dinge löschen, was ich beim Handy nie könnte. 

Wie können die Eltern kontrollieren, was die Kinder auf dem iPad machen? Sind Sex-Seiten gesperrt?
Man kann Inhalte sperren, aber die Schüler wissen das zu umgehen. Die Eltern können nachprüfen, welche Internetseiten die Kinder besucht haben, wir Lehrer auch. Aber ich glaube nicht, dass die Eltern das regelmässig tun.
Dann gibt es für die Kinder also kaum Einschränkungen?
Doch, es gibt die Altersbeschränkungen bei Webseiten und Inhalten. Ich finde, restriktive Regeln braucht es nicht unbedingt. Wir Lehrer können die Schüler mithilfe der Eltern einen verantwortungsvollen Umgang mit dem iPad lehren. Sonst lernen sie es auch beim Handy nicht.
Und doch sind die Eltern dafür verantwortlich, wie die Kinder das iPad in der Freizeit nutzen.
Wir haben den Eltern gesagt, die Kinder sollen das iPad im selben Zeitrahmen wie ein Smartphone nutzen dürfen. Und das ist bei vielen einfach 24 Stunden eingeschaltet.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen