5. Januar 2014

Reaktionen auf den Lehrplan

Die Berichterstattung in der NZZaS über den Lehrplan 21 hat verschiedene Reaktionen in der Leserschaft ausgelöst. 
Wenn ich lese, was für Ziele im Lehrplan 21 auf über 500 Seiten formuliert werden, sträuben sich mir die Haare. So etwas können nur Leute schreiben, die keinen Bezug zur Praxis haben. Sie verkennen, dass das oberste Ziel der Schule sein muss, beim Schüler die Freude am Lernen zu wecken und ihm das Rüstzeug zum Lernen zu vermitteln. Dazu braucht es in erster Linie qualifizierte, kreative und motivierte Lehrer, die das nötige Wissen und Können vermitteln. Gegen einen vernünftigen Lehrplan ist nichts einzuwenden, sofern dieser die Lehrer in ihrer Aufgabe und bei der Zielerreichung unterstützt. Wenn der Lehrplan aber zur Bürde wird, weil er nur schwer oder gar nicht zu stemmen ist, wenn er zum Korsett wird, das die Lehrpersonen in ihrer Eigeninitiative und Kreativität einschränkt, wird er statt eines willkommenen Hilfsmittels zum roten Tuch, das Frustration auslöst und demotivierend wirkt. Damit ist den Schülern nicht geholfen. Diese wollen Lehrer, die mit Freude unterrichten, welche sich auf sie überträgt.
Werner Rothweiler, Magden (AG)
Wer sich als Lehrperson die Mühe macht, den Lehrplanentwurf genauer anzuschauen, ist irritiert über die vielen Kompetenzziele, die in jedem Fach erreicht werden sollen. Man merkt bald einmal, dass dieser Lehrplan sich in erster Linie an die Lehrmittelautoren und die Erziehungswissenschafter richtet. Die Lehrmittelverlage werden in den kommenden Jahren die Aufgabe haben, stofflich die Spreu vom Weizen zu trennen und die Grundkompetenzen samt den zugehörigen Bildungsinhalten festzulegen. Doch diese Verschiebung des Harmonisierungsauftrags auf die Ebene der Lehrmittelproduktion ist bildungspolitisch keine überzeugende Lösung und dürfte dem Bildungsartikel wohl kaum entsprechen. Erwartet wurde eigentlich ein einfacher Rahmenlehrplan mit verbindlichen Stufenzielen und nicht die Ankündigung einer umfassenden Schulreform durch einen Paradigmenwechsel beim Lehrplankonzept.
Hanspeter Amstutz, Fehraltorf (ZH)
Die wachsende Regulierung der Schulen entmündigt nicht nur die Lehrer, sondern auch die Schüler, die immer mehr Opfer werden einer schier manischen Optimierung des staatlichen Lehrauftrages. Es scheint, dass die Schüler vollgestopft werden sollen mit immer normierterem Wissen, und dies in möglichst kurzer Zeit. Die geistige Entwicklung wird nicht individuell gefördert, sondern reguliert in ein überindividuelles Normsystem des Glaubens an den stetigen Mehrwert und die ultimative Vermarktbarkeit des Wissens. Wissen wird komplett materialisiert und rein nutzbringend legitimiert. Und die Lernenden benötigen immer mehr chemische Hilfsmittel, um diesen grenzenlosen Lernstress zu bewältigen.
Federico Emanuel Pfaffen, Zürich

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