20. Dezember 2013

Weniger wäre mehr

Der Zürcher Bildungsrat nimmt Stellung zum Lehrplan 21. Grundsätzlich positiv.
Im Lehrplan 21 wäre weniger mehr, NZZ, 20.12. von Walter Bernet

Lange kursierten über den neuen Lehrplan 21 der Deutschschweizer Kantone nur Gerüchte. Seit dem Sommer ist er öffentlich - und stösst weitherum auf grundsätzlich positives Echo. So jetzt auch im Kanton Zürich.
wbt. · Seit der Veröffentlichung im Juni ist der neue, von den 21 Deutschschweizer Kantonen gemeinsam erarbeitete Lehrplan nicht zuletzt wegen seines Umfangs von rund 550 Seiten kritisiert worden. «Wenn man seine Strukturen verinnerlicht hat, ist er aber gut lesbar», hat Bildungsdirektorin Regine Aeppli am Donnerstag bei der Präsentation der kantonsinternen Anhörungsergebnisse zum Lehrplan 21 gesagt.
Ein «Pionierwerk»
Diese Anhörung, an der sich 44 von 52 eingeladenen Organisationen beteiligten, ist die Grundlage einer Zürcher Stellungnahme, die der Bildungsrat an die Deutschschweizer Erziehungsdirektorenkonferenz (D-EDK) sendet. Alle 21 Kantone haben bis Ende Jahr Gelegenheit, sich auf diese Weise zum Lehrplan 21 zu äussern. Im Lauf des kommenden Jahres wird dieser dann nochmals überarbeitet.
Das Zürcher Fazit fällt im Grundsatz positiv aus, schliesst aber zum Teil deutliche Vorbehalte mit ein. Wie Aeppli ausführte, ist der Lehrplan ein Harmonisierungs-, kein Vereinheitlichungsprojekt. Den Kantonen verblieben Freiräume. Die Bildungsdirektorin sprach von einem eindrücklichen Pionierwerk und von der grössten Neuerung seit Einführung des Schulobligatoriums.
Neu ist die Orientierung an Kompetenzen. Für jedes Fach- und Themengebiet wird detailliert umschrieben, was die Schüler können müssen. Das erlaubt es, den Kompetenzaufbau über die ganze Volksschulzeit aufzuzeigen. Für alle Fachbereiche werden Mindestansprüche festgelegt; diese entsprechen für Mathematik, Sprachen und Naturwissenschaften den von der EDK national festgelegten Grundkompetenzen.
Zu hohe Mindestansprüche
Wie der Bildungsrat und Sekundarlehrer Martin Lampert ausführte, haben es die Verfasser des Lehrplans geschafft, verschiedene Ansprüche wie Konkretisierung, Umsetzbarkeit, Klarheit, Kürze und Übersichtlichkeit auszubalancieren. Der zu grosse Umfang ist der Konkretheit der Kompetenzbeschreibungen geschuldet. Kritik sei vor allem an den teilweise oder allgemein zu hohen Mindestansprüchen geäussert worden. Ein namhafter Teil der heutigen Schüler erreiche diese nicht; der Bildungsrat würde deshalb lieber von Kompetenzerwartungen sprechen. Weiter gehörten die Konzepte für Informations- und Kommunikationstechnologie (ICT) sowie Medien, die ungenügende Berücksichtigung der Heterogenität und die Übergewichtung der Theorie gegenüber der Praxis in Fächern wie Hauswirtschaft zu den Hauptgegenständen der Kritik.
Eine Senkung der Mindestansprüche fordert der Bildungsrat in den Bereichen Wirtschaft, Arbeit, Haushalt sowie Räume, Zeiten, Gesellschaften auf der Sekundarstufe, wie der Bildungsrat und Pädagogikprofessor Lucien Criblez sagte. Das Gleiche gilt für alle Stufen in den gestalterischen Bereichen, in der Musik und in der beruflichen Orientierung. Für Letztgenannte wird mehr Zeit und wie für ICT und Medien eine klarere Zuordnung zu anderen Bereichen oder gar ein eigener Fachbereich gefordert. Auf der Sekundarstufe wird das Fehlen von Kompetenzen, die auf konkretes historisches Wissen zielen, moniert.
2014 soll im Kanton Zürich mit der Vorbereitung der Einführung des Lehrplans 21 begonnen werden. Mit der Einführung lässt man sich aber Zeit bis mindestens zum Beginn des Schuljahres 2017/2018. Das erlaube es, den kantonalen Freiraum zu nutzen und die notwendigen Anpassungen an die Zürcher Erfordernisse vorzunehmen. Der angepasste Lehrplan wird dann 2016 nochmals in eine Vernehmlassung gegeben.

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