Ein Beitrag von Irène Troxler aus der NZZ, vom 15.7.
In der
spanischen Gemeinde Zürichs herrscht Aufregung. Auf Twitter und Facebook
schlagen die Wellen hoch, seit die spanische Regierung beschlossen hat, die
Finanzierung der traditionellen Kurse in heimatlicher Sprache und Kultur (HSK)
um die Hälfte zu reduzieren. Als Alternative soll den 7- bis 11-jährigen
Schülerinnen und Schülern ein Internetprogramm zum Spracherwerb zur Verfügung
gestellt werden.
In einem
Communiqué wendet sich eine Zürcher Plattform zur Verteidigung der HSK an die
Medien. Es könne nicht sein, dass sich der spanische Staat aus der
Verantwortung schleiche und die Integration seiner Mitbürger ganz auf die
Schweiz überwälze, heisst es darin. Ende Juni hätten Demonstrationen in Basel,
Paris und Brüssel stattgefunden. Weitere Kundgebungen seien nach den
Sommerferien geplant.
Wegen der Finanzkrise gefährdet: Kurse in heimatlicher Sprache und Kultur, Bild: Fabian Stamm
Der Nutzen der
HSK-Kurse ist in der Fachwelt unbestritten. Mehrere Studien belegen, dass
Kinder mit Migrationshintergrund in der Regel besser Deutsch lernen, wenn sie
ihre Muttersprache richtig beherrschen. Der Leiter des Zürcher Volksschulamtes,
Martin Wendelspiess, weist ferner darauf hin, dass die Frage der Identität für
die Integration eine wichtige Rolle spielt. Indem sie die heimatliche Kultur
vermittelten, leisteten diese Kurse also einen weiteren Integrationsbeitrag.
Der Kanton
Zürich unterstützt die Kurse, die in über 20 Sprachen angeboten werden,
lediglich, indem er dafür Schulzimmer zur Verfügung stellt. Mit der
Finanzierung hat er nichts zu tun. Bis zur Finanzkrise waren die alten
Einwanderungsnationen wie Italien, Spanien oder Portugal für die Kurse
aufgekommen. Doch in den letzten Jahren kürzten auch die Italiener ihre
Beiträge, wie der zuständige Koordinator Marco Toviani auf Anfrage erläutert.
2012 sei eine Reduktion um vierzig Prozent in fünf Jahren beschlossen worden.
Dieses Jahr habe man in Zürich drei Lehrerstellen verloren. Dennoch hätten alle
Kurse gestartet werden können. Bei der Finanzierung helfe nun ein Elternverein,
und man bitte die Eltern um einen freiwilligen Beitrag von 200 Franken pro
Jahr. Wie bei den Spaniern gebe es auch bei den Italienern eine Bewegung,
welche die Sparbemühungen stoppen wolle, sagt Toviani.
Wendelspiess
würde einen Abbau bei den HSK-Kursen sehr bedauern, will aber nicht den Teufel
an die Wand malen. Die meisten Kurse, zu denen auch solche in Albanisch,
Bulgarisch, Japanisch oder Koreanisch gehören, würden nicht von den Regierungen
der betroffenen Länder finanziert, sondern von Vereinen, hält er fest. Für die
Gewerkschaft VPOD, die SP und die Alternative Liste hingegen ist klar, dass nun
der Kanton in die Bresche springen muss. SP und AL haben kürzlich eine
parlamentarische Initiative mit diesem Ziel eingereicht. Sie dürfte allerdings
wenig Chancen auf eine Mehrheit im Kantonsrat haben. Bei der Beratung des
Volksschulgesetzes hatten die Parlamentarier diesem Anliegen eine deutliche
Abfuhr erteilt.
Die spanischen
Eltern befürchten derweil einen schleichenden Abbau. Man dünne die
Unterrichtsorte aus und demotiviere so die Eltern, ihre Kinder zu
immatrikulieren. Mit privaten Trägerschaften wolle das spanische Bildungsamt
gar keine Verhandlungen führen, sagt eine Vertreterin der spanischen Plattform.
Damit bringe sie das ganze Programm in Gefahr.
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