25. April 2015

Verunsicherte Sekundarlehrer

Der bevorstehende Wechsel im Bildungsdepartement Baselland veranlasst die Administration von Urs Wüthrich nicht, die eingeleiteten Vorbereitungsarbeiten bezüglich der Einführung des Lehrplans 21 zu verlangsamen. Die Ausbildung für die neuen (und umstrittenen) Sammelfächer soll planmässig durchgezogen werden. Dies, obschon die neugewählte Bildungsdirektorin Bedenken geäussert hat und eine Volksabstimmung zum Thema ansteht.
Keine veränderte Schulpolitik vor Machtwechsel, Basler Zeitung, 25.4. von Thomas Dähler
Wer glaubt, die Bildungsexperten in der Bildungs-, Kultur- und Sportdirektion (BKSD) würden sich nach den Regierungsratswahlen auf einen bildungspolitischen Kurswechsel auf die Amtsübernahme von Regierungsrätin Monica Gschwind einstellen, irrt sich. Die Vorbereitungen für die Einführung des Lehrplans 21 im Schuljahr 2018/19 in den Sekundarschulen werden zurzeit unverändert weitergeführt. Daran konnten bisher weder die Bedenken des Landrats zur Weiterbildung der Sekundarlehrkräfte noch die Absichtserklärungen der vom Volk gewählten neuen Bildungsdirektorin etwas ändern. Im Gegenteil: Die Sekundarlehrkräfte werden ermuntert, sich mit einer Schnellbleiche darauf vorzubereiten, künftig Fächer zu unterrichten, für die sie keine Lehrbefähigung haben.
Absehbar ist dennoch, dass die mit dem Lehrplan 21 verbundenen Veränderungen in der Sekundarschule weniger tiefgreifend sein werden, als ursprünglich befürchtet werden musste. Der Lehrplan 21 sei ein Kompass und nicht eine Bibel, sagt heute selbst der Präsident der Erziehungsdirektorenkonferenz, der Basler Regierungsrat Christoph Eymann. Mit der Überarbeitung des Lehrplans 21 haben die Deutschschweizer Erziehungsdirektoren einige der umstrittensten Kompetenzen wieder aus dem Lehrplan entfernt und insbesondere auch die drohende Abschaffung der traditionellen Fächer Biologie, Chemie, Physik, Geschichte und Geografie relativiert, indem sie bei den neuen Sammelfächern die Kompetenzen aufgeschlüsselt und den traditionellen Fächern zugeordnet haben. Dazu kommt, dass im Kanton Baselland voraussichtlich über die Einführung des Lehrplans und über die neuen Sammelfächer an der Urne abgestimmt wird. Die neue Baselbieter Bildungsdirektorin Monica Gschwind hat sich ausserdem Anfang Jahr ausdrücklich gegen die Abschaffung der traditionellen Fächer ausgesprochen.

Kein freundlicher Empfang
Gschwind dürfte bei ihrem Amtsantritt am 1. Juli in der BKSD kein freundlicher Empfang bereitet werden. Die vom abtretenden Bildungsdirektor Urs Wüthrich eingesetzten Stäbe versuchen jedenfalls, noch vor dem 1. Juli möglichst viel so zu zementieren, dass daran nicht mehr gerüttelt werden kann. Dies trifft insbesondere auch auf die Weiterbildungsanforderungen für Sekundarlehrkräfte zu.
Entsprechend verunsichert sind die Lehrerinnen und Lehrer – ganz besonders jene, die heute Biologie, Physik, Chemie, Geschichte oder Geografie unterrichten, wie der BaZ zugetragen wurde. Wie sich die Sekundarlehrer auf die unklare Zukunft vorbereiten sollen, wissen sie nicht. Auf ihre Petition für eine fachwissenschaftlich adäquate Ausbildung haben sie bisher keine Antwort erhalten. Der Landrat hat die Petition zwar in der Form eines Postulats an die Regierung überwiesen, doch die BKSD hat die vom Landrat gesetzte Frist für die Antworten ungenutzt verstreichen lassen.

Verzicht auf Nachqualifikation
Geht es nach dem Willen jener, die heute in der Bildungsdirektion von Noch-Regierungsrat Urs Wüthrich das Sagen haben, sollen etwa Biologie-, Physik- oder Chemielehrer an den Samstagen einen Weiterbildungskurs der Pädagogischen Hochschule besuchen, der ihnen zwar ein Weiterbildungszertifikat beschert, aber keine offizielle Lehrbefähigung für Fächer, die sie bisher nicht unterrichtet haben. Es gehe nicht um die Vervollständigung eines mangelhaften Lehrdiploms, sagt dazu Nadine Höin, die im Auftrag von Alberto Schneebeli, dem Leiter Stab und Koordination Bildung in der BKSD, die Fragen der BaZ beantwortet hat.
Doch möglicherweise ergibt sich mit der Weiterbildung für die betroffenen Lehrer künftig die Möglichkeit, trotz fehlender Lehrbefähigung alle Teilfächer Physik, Chemie und Biologie unter dem Dach des neuen Sammelfachs Natur und Technik zu unterrichten. Dann nämlich, wenn die Schulleitungen dies so wollen. Schulleitungen könnten «mit entsprechend befähigten und interessierten Lehrerinnen und Lehrern eine solche Pensenzuteilung vornehmen», meint Höin. Gegenüber der Bildungskommission des Landrats führte die BKSD bei der Beratung auch ausdrücklich aus, dass auf eine vollständige Nachqualifikation verzichtet werde.

Bei den Fragen rund um die Sammelfächer und die Lehrbefähigung der Sekundarlehrer geht es letztlich darum, ob Leistung und Berufsvorbereitung im Vordergrund stehen sollen oder die Vision einer Einheitsschule. Möglicherweise erübrigen sich diese Diskussionen in Zukunft schon sehr bald – dann nämlich, wenn die neue Bildungsdirektorin und wenn nötig das Volk der Aufweichung der Ausbildungsniveaus zugunsten einer Einheitsschule den Riegel schieben.

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