4. Februar 2014

IT-Camps für Erstklässler

Das Schulamt der Stadt Zürich führt IT-Camps ab der 1. Primarklasse ein. Dafür wird jetzt ein Anbieter gesucht, der die Kurse bis 2018 führt. Ein Entscheid ist bis Anfang April in Aussicht gestellt. Lilo Lätzsch, Präsidentin des ZLV, hält das Vorhaben für eine gute Idee: "Im Informatikbereich haben wir einigen Nachholbedarf".
Schüler sollen im Klassenlager bloggen lernen, NZZ, 4.2. von Fabian Baumgartner


Die Bedeutung von digitalen Medien hat in den letzten Jahren stetig zugenommen. Auch die Lebenswelt der Kinder und Jugendlichen ist mittlerweile auf vielen Ebenen von Computern und Smartphones durchdrungen. Die Schulen sehen sich deshalb damit konfrontiert, einen sinnvollen Umgang mit diesen Medien zu finden. Die Stadt Zürich beschreitet nun neue Wege. Nach den Sommerferien startet das städtische Schulamt mit sogenannten IT-Kurswochen. Bereits in der 1. Primarklasse sollen die Schüler in den Camps mit Basiswissen über die Funktionsweise des Computers vertraut gemacht werden.
Maximal sechzig Camps
«Wir gehen davon aus, dass die Informatik neben dem Lesen, Rechnen und Schreiben zunehmend wichtiger wird», sagt Marcel Bachmann, Direktor des Schulamts der Stadt Zürich. Man habe dieses Vorgehen in Pilotprojekten getestet und positive Rückmeldungen erhalten. Die IT-Camps sind für die Lehrer freiwillig. «Es gibt keine Vorschriften der Stadt für die Lehrpersonen», betont Bachmann. Die Camps sind Teil des Programms «Kits» (Kommunikations- und Informationstechnologien für die Schulen). Dieses besteht seit 2003 und verfolgt das Ziel, die IT-Infrastruktur der städtischen Schulen zu vereinheitlichen. Durchführen wird die Kurse jedoch nicht das Schulamt selber. Für die Umsetzung sucht das Amt derzeit einen externen Anbieter. Ein Entscheid ist für Anfang April in Aussicht gestellt. Der externe Partner soll die Kurse während vier Jahren, bis 2018, übernehmen. Die Termine für die Camps werden über die Kits-Website der Stadt veröffentlicht. Maximal sechzig Kurswochen werden pro Jahr angeboten.
Die Kurse sollen im Rahmen von Projektwochen stattfinden. Die Schüler der 1. bis 3. Primarklasse sollen spielerisch an die technischen Herausforderungen herangeführt werden. Als Beispiele sind das Produzieren von Clips und die Recherche auf Kinderseiten aufgelistet. Die Schüler der 4. bis 6. Primarklasse sowie der 1. bis 3. Sekundarstufe werden laut Schulamt im Rahmen eines Klassenlagers unterrichtet. Dafür stellt die Stadt drei ihrer sechs Lagerhäuser zur Verfügung - in Valbella, Charmey und Chexbres. «Das dient auch zur besseren Auslastung der Unterkünfte», erklärt Bachmann. Die Kursleitung muss laut den Vorgaben der Stadt einen Intensiv-Grundlagenkurs in Office und Internet anbieten, wobei Schwerpunkte gesetzt werden können. Zudem sollen die Schüler in einem Klassenprojekt ein gemeinsames IT-Ziel erarbeiten, beispielsweise einen Klassenlager-Blog, eine Website oder die multimediale Aufbereitung von Inhalten, wie das Schulamt schreibt.
Die Basisinfrastruktur wie Internetanschluss und einige Computer sind in den Lagerhäusern zwar vorhanden. Das weitere Equipement muss der externe Anbieter zur Verfügung stellen: 20 Laptops, Software sowie Kopfhörer, Foto- und Videokameras listet das Schulamt unter anderem auf. Von verschiedener Seite wurde auch schon gefordert, das Programmieren ebenfalls in den Informatikunterricht zu integrieren. In der Stadt Zürich gehört das Programmieren - etwa von Apps - bisher nicht zum Angebot. Über das Thema werde intern diskutiert, sagt Bachmann. Man sei aber noch nicht in der Entscheidungsphase.
Flächendeckende IT-Bildung
Lilo Lätzsch, Präsidentin des Zürcher Lehrerverbands (ZLV), hält das Vorhaben für eine gute Idee. «Im Informatikbereich haben wir einigen Nachholbedarf.» Es habe vor einigen Jahren bereits einmal einen Versuch mit Computer-Camps gegeben. Diese seien damals jeweils sofort ausgebucht gewesen. Der Umgang mit Informatik ist gegenwärtig auch Thema in den Diskussionen um den Lehrplan 21. Lätzsch kritisiert, dass der Informatik darin zu wenig Gewicht gegeben werde. «Problematisch ist, dass für den Informatikunterricht nicht konkrete Zeitgefässe zur Verfügung stehen.» Das habe der ZLV bei der Konsultation im Rahmen des Lehrplans 21 moniert. Man hoffe nun, dass das Anliegen in die definitive Fassung des Lehrplans 21 Aufnahme findet. Auch Sarah Genner, Medienpsychologin an der ZHAW, begrüsst das Engagement der Stadt. Es sei ein interessantes Angebot, das niederschwellig und pragmatisch dem akuten Bedarf an IT-Bildung in der Volksschule begegnen kann. «Besonders geeignet ist dieses für Lehrpersonen, die selbst über wenig IT-Kenntnisse verfügen.» Langfristig brauche es aber flächendeckend IT- und Medienbildung an Schulen und in der Lehrerbildung.

Auch das Klassenzimmer wird zunehmend digital: Tabletcomputer oder multimediale Wandtafeln werden derzeit bereits an mehreren Schulen eingesetzt. Die technische Infrastruktur sei eine gewaltige Herausforderung, sagt Bachmann. «Es ist schwierig, abzuschätzen, welche Instrumente in fünf Jahren noch aktuell sind.» Als Beispiel nennt er den Beamer. «Wir überprüfen derzeit, ob es sich noch lohnt, sechs Millionen Franken für die Installation dieser Instrumente zu investieren.»

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