Schüler sollen im Klassenlager bloggen lernen, NZZ, 4.2. von Fabian Baumgartner
Die
Bedeutung von digitalen Medien hat in den letzten Jahren stetig zugenommen.
Auch die Lebenswelt der Kinder und Jugendlichen ist mittlerweile auf vielen
Ebenen von Computern und Smartphones durchdrungen. Die Schulen sehen sich
deshalb damit konfrontiert, einen sinnvollen Umgang mit diesen Medien zu finden.
Die Stadt Zürich beschreitet nun neue Wege. Nach den Sommerferien startet das
städtische Schulamt mit sogenannten IT-Kurswochen. Bereits in der 1.
Primarklasse sollen die Schüler in den Camps mit Basiswissen über die
Funktionsweise des Computers vertraut gemacht werden.
Maximal
sechzig Camps
«Wir
gehen davon aus, dass die Informatik neben dem Lesen, Rechnen und Schreiben
zunehmend wichtiger wird», sagt Marcel Bachmann, Direktor des Schulamts der
Stadt Zürich. Man habe dieses Vorgehen in Pilotprojekten getestet und positive
Rückmeldungen erhalten. Die IT-Camps sind für die Lehrer freiwillig. «Es gibt
keine Vorschriften der Stadt für die Lehrpersonen», betont Bachmann. Die Camps
sind Teil des Programms «Kits» (Kommunikations- und Informationstechnologien
für die Schulen). Dieses besteht seit 2003 und verfolgt das Ziel, die
IT-Infrastruktur der städtischen Schulen zu vereinheitlichen. Durchführen wird
die Kurse jedoch nicht das Schulamt selber. Für die Umsetzung sucht das Amt
derzeit einen externen Anbieter. Ein Entscheid ist für Anfang April in Aussicht
gestellt. Der externe Partner soll die Kurse während vier Jahren, bis 2018,
übernehmen. Die Termine für die Camps werden über die Kits-Website der Stadt
veröffentlicht. Maximal sechzig Kurswochen werden pro Jahr angeboten.
Die
Kurse sollen im Rahmen von Projektwochen stattfinden. Die Schüler der 1. bis 3.
Primarklasse sollen spielerisch an die technischen Herausforderungen
herangeführt werden. Als Beispiele sind das Produzieren von Clips und die
Recherche auf Kinderseiten aufgelistet. Die Schüler der 4. bis 6. Primarklasse
sowie der 1. bis 3. Sekundarstufe werden laut Schulamt im Rahmen eines
Klassenlagers unterrichtet. Dafür stellt die Stadt drei ihrer sechs Lagerhäuser
zur Verfügung - in Valbella, Charmey und Chexbres. «Das dient auch zur besseren
Auslastung der Unterkünfte», erklärt Bachmann. Die Kursleitung muss laut den
Vorgaben der Stadt einen Intensiv-Grundlagenkurs in Office und Internet
anbieten, wobei Schwerpunkte gesetzt werden können. Zudem sollen die Schüler in
einem Klassenprojekt ein gemeinsames IT-Ziel erarbeiten, beispielsweise einen
Klassenlager-Blog, eine Website oder die multimediale Aufbereitung von
Inhalten, wie das Schulamt schreibt.
Die
Basisinfrastruktur wie Internetanschluss und einige Computer sind in den
Lagerhäusern zwar vorhanden. Das weitere Equipement muss der externe Anbieter
zur Verfügung stellen: 20 Laptops, Software sowie Kopfhörer, Foto- und
Videokameras listet das Schulamt unter anderem auf. Von verschiedener Seite
wurde auch schon gefordert, das Programmieren ebenfalls in den
Informatikunterricht zu integrieren. In der Stadt Zürich gehört das
Programmieren - etwa von Apps - bisher nicht zum Angebot. Über das Thema werde
intern diskutiert, sagt Bachmann. Man sei aber noch nicht in der
Entscheidungsphase.
Flächendeckende
IT-Bildung
Lilo
Lätzsch, Präsidentin des Zürcher Lehrerverbands (ZLV), hält das Vorhaben für
eine gute Idee. «Im Informatikbereich haben wir einigen Nachholbedarf.» Es habe
vor einigen Jahren bereits einmal einen Versuch mit Computer-Camps gegeben.
Diese seien damals jeweils sofort ausgebucht gewesen. Der Umgang mit Informatik
ist gegenwärtig auch Thema in den Diskussionen um den Lehrplan 21. Lätzsch
kritisiert, dass der Informatik darin zu wenig Gewicht gegeben werde.
«Problematisch ist, dass für den Informatikunterricht nicht konkrete
Zeitgefässe zur Verfügung stehen.» Das habe der ZLV bei der Konsultation im
Rahmen des Lehrplans 21 moniert. Man hoffe nun, dass das Anliegen in die
definitive Fassung des Lehrplans 21 Aufnahme findet. Auch Sarah Genner,
Medienpsychologin an der ZHAW, begrüsst das Engagement der Stadt. Es sei ein
interessantes Angebot, das niederschwellig und pragmatisch dem akuten Bedarf an
IT-Bildung in der Volksschule begegnen kann. «Besonders geeignet ist dieses für
Lehrpersonen, die selbst über wenig IT-Kenntnisse verfügen.» Langfristig
brauche es aber flächendeckend IT- und Medienbildung an Schulen und in der
Lehrerbildung.
Auch
das Klassenzimmer wird zunehmend digital: Tabletcomputer oder multimediale
Wandtafeln werden derzeit bereits an mehreren Schulen eingesetzt. Die
technische Infrastruktur sei eine gewaltige Herausforderung, sagt Bachmann. «Es
ist schwierig, abzuschätzen, welche Instrumente in fünf Jahren noch aktuell
sind.» Als Beispiel nennt er den Beamer. «Wir überprüfen derzeit, ob es sich
noch lohnt, sechs Millionen Franken für die Installation dieser Instrumente zu
investieren.»
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