Unzählige Anrufe internationaler Firmen kamen
bei der schweizerisch-amerikanischen Handelskammer in den letzten Wochen herein:
IBM, Zurich Financial, Dow Chemical, CS. Die Liste ist nicht abschliessend. Die
Anrufer waren alle besorgt über die Schlagzeilen, die sie in ausländischen
Zeitungen und auf Webseiten lesen mussten: «Zürich weist Ortsansässige von
internationalen Schulen ab».
Die Zürcher Bildungsdirektion hat entschieden,
dass Eltern, die in der Schweiz sesshaft sind, ihre Kinder nicht mehr an
internationale Privatschulen schicken dürfen. Diese Schulen bilden nicht nach
dem Zürcher Lehrplan aus, sondern nach einem System, das international
kompatibel ist - ideal für Familien, die aus beruflichen Gründen öfters in ein
anderes Land umziehen. Mittlerweile schicken aber auch zunehmend ansässige
Eltern - Schweizer und Ausländer - ihre Kinder dorthin. Neu ist der Schulbesuch
nur noch für die erste Gruppe erlaubt, eine Einschränkung, die es in ähnlicher
Form schon einmal gab, die aber 1998 aufgehoben wurde, weil man sie für zu wenig
weltoffen und liberal hielt.
«Ein ganz schlechtes Signal» findet Martin
Naville von der schweizerisch-amerikanischen Handelskammer die erneute
Einschränkung. Dem Ruf des Wirtschaftsstandorts Zürich diene das kaum, zumal die
anderen Kantone keine solchen Regeln kennen. Zürich habe sich damit «in den
eigenen Fuss geschossen». Ähnlich sieht es Peter Mott von der Zurich
International School. Die Regelung zeuge von einer Haltung, die der modernen
Welt nicht mehr entspreche. Heikel ist die Sache in der Tat. Eine Schulkarriere
dauert in Zürich bis zu 15 Jahre. Welche Schule ein Kind besuchen soll, ist also
ein eher langfristiger Entscheid. Doch Angestellte internationaler Firmen wissen
nicht auf derart lange Zeit hinaus, ob und wann sie die Koffer packen
müssen.
Bildungsdirektorin Regine Aeppli verweist auf
das Volksschulgesetz, das eine Regelung der Internationalen Schulen verlangt.
Eine Zulassungsbeschränkung entspreche dem Willen des Stimmvolks, sagt sie.
Internationale Schulen seien erwünscht. Aber es gelte der Grundsatz, dass die
sesshaften Kinder nach dem Zürcher Lehrplan zu unterrichten seien, um den
Anschluss an die weiteren Bildungsstufen zu garantieren. «Wir wollen nicht, dass
Eltern selbst bestimmen, was die Kinder lernen. Bildung ist kein
A-la-carte-Menu», sagt Aeppli.
Darüber wird noch diskutiert werden. Die FDP
hat diese Woche im Kantonsrat einen Vorstoss eingereicht, um die umstrittene
Passage aus dem Gesetz zu streichen. Vorher wird Aeppli Besuch bekommen von
Gerhard Pfister, Präsident des Verbands Schweizerischer Privatschulen. Er will
wissen, was hinter diesem «wettbewerbsfeindlichen» Entscheid steckt.
NZZaS, 6.11. von Michael Furger
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