Mit Allan Guggenbühl mischt sich ein Psychologe in die Diskussion um die Vereinheitlichung des Schulsystems ein. Er konstatiert ein verbreitetes "group think" unter Bildungsexperten. Damit ist gemeint, dass sich Bildungsfachleute mehr und mehr abschotten gegenüber den Praktikern und gleichzeitig ihre Positionen aufeinander abstimmen. So entsteht ein Trugbild von Konsens. Ausserdem steigen Einfluss und Macht der Schreibtisch-Pädagogen durch Vereinheitlichungs-Projekte wie Harmos oder Lehrplan 21. In Wahrheit führt "group think" jedoch zu Betriebsblindheit und mangelnder Urteilungskraft.
Guggenbühl stellt die ketzerische Frage, ob es zur Qualitätssicherung des Unterrichts denn überhaupt einheitlicher Strukturen bedürfe. Ja, sagen die Erziehungswissenschaftler, denn sonst leide die Vergleichbarkeit. Doch ist es nicht so, dass bereits innerhalb eines Kantons grosse Unterschiede bestehen (siehe dazu den Bericht über den Übertritt in die Sekundarschule im Kanton Bern)? Wie soll denn eine Vereinheitlichung zwischen mehreren Kantonen diese Unterschiede verringern?
Die Problematik des "group think" wird in der Schweiz nicht wahrgenommen. Dabei hätte die Schweiz gute Voraussetzungen, um mit ihren unterschiedlichen Systemen einen bildungspolitischen Wettbewerb zu starten. Doch das führte zu einem Machtverlust für unsere Schuleliten in den kantonalen Ämtern und PH.
Der Artikel ist sehr empfehlenswert und leistet sich eine Gegenposition zur vorherrschenden Doktrin der Vereinheitlichung und Standardisierung.
Vielfalt statt Einfalt, Basler Zeitung, 6.8.
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