5. Dezember 2020

Baselland investiert in bessere Schulqualität

Rund 62 Millionen Franken Investition für ein «breit abgestütztes Massnahmepaket zur Sicherung der Bildungsqualität» – wer sagt da Nein? Vor allem nach den schlechten Ergebnissen der Baselbieter Schüler in den Fächern Deutsch und Mathe nach neun Jahren Grundschule. Bildungsdirektorin Monica Gschwind erntet von den«Bildungsbetroffenen» darum «grundsätzliches Lob». 

Alle wollen mehr Qualität in den Schulen, Basler Zeitung, 3.12. von Daniel Wahl

Die Baselbieter Wirtschaftskammer schreibt: «Die Bildungsqualität unserer jungen Leute ist für die KMU-Wirtschaft ein hohes und wichtiges Gut. Deshalb begrüssen wir, wenn Jugendliche auf allen Stufen des Lernens gefördert und an die aktuellen und künftigen Bedürfnisse des Berufslebens herangeführtwerden. Vor allem der Aspekt der Digitalisierung nimmt einen immer grösseren Raum ein und gewinnt zunehmend an Bedeutung.» Für die Wirtschaftskammer ist darum die Auskopplung des neuen Fachbereichs Medien und Informatik aus den Mathelektionen ein Gewinn. 

Das Problem erkannt 

Die Handelskammer schätzt das «proaktive Handeln» Gschwinds nach der breit angelegten Analyse, in die sich auch die Wirtschaft hat einbringen können. «Für Unternehmen sind gut ausgebildete Leute entscheidend, damit die Wirtschaft nicht die Defizite ausbügeln muss», wie Handelskammerdirektor Martin Dätwyler sagt. Besonders der Ausbau der sogenannten Mintfächer hält er für wichtig, weil im naturwissenschaftlichen-mathematischen Bereich ein Fachkräftemangel bestehe. 

Zu viele Jugendliche haben nach neun Jahren obligatorischer Schulzeit als Illettristen und mit ungenügenden Mathekompetenzen abgeschlossen. Gschwind habe das Problem aber schnell erkannt, seriös nach Lösungen gesucht und vorbildlich von Beginn weg alle Verantwortlichen miteinbezogen, lobt Philipp Loretz vom Lehrerverband LBV: «Das Massnahmepaket ist eine gezielte Investition in die Fächer Deutsch und Mathe.» 

Die beiden Fächer seien nicht alles, aber ohne Deutsch- und Mathekompetenzen sei alles nichts. Das habe man richtigerweise erkannt. Dass man in die Informatikausbildung investieren müsse ebenso. 

Wenig enthusiastisch geben sich die Baselbieter Gemeinden. Sie müssen das Massnahmenpaket mit zwölf Millionen Franken mittragen. Regula Meschberger ist als Schulleiterin in Büren (SO) mit der Materie vertraut, als Gemeinderätin von Birsfelden betroffen und erklärt als Vizepräsidentin des Verbandes Basellandschaftlicher Gemeinden: «Inhaltlich kann der VBLG die Massnahmen der Bildungsdirektion nachvollziehen. Der Zeitpunkt ist für die Gemeinden aber ganz schwierig.» 

Schon im kommenden Jahr schlagen sich die obligatorischen Pensenerhöhungen für Schulleitungen und Schulsekretariate in den Lohnbuchhaltungen nieder. Das neue Massnahmepaket werde grössere Gemeinden mit mehreren 100’000 Franken zusätzlich belasten. Dies zu einem Zeitpunkt, in dem die finanziellen Negativauswirkungen der Unternehmenssteuerreform und der Corona-Krise noch nicht genau beziffert werden können. 

Mehrere Hüte trägt Fredi Jaberg: Vater, Lehrer in Reigoldswil, Präsident des Vereins Elternlobby, des schweizweit grössten Elternvereins im Einsatz für eine freie Bildungswahl. «Bei der Ausschaffung des Massnahmepakets sind die Kunden der Schule nicht angehört worden», bemerkt er kritisch. Grundsätzlich fände man das Massnahmepaket zwar gut. «Aber es ist so, als wenn man mit dem Geld in einem brennenden Haus die Bilder ausrichtet», sagt er. Um dies zu veranschaulichen, gibt Jaberg ein Beispiel: Schüler, die integrativ gefördert und von Lernzielen befreit werden, dürfen im Baselbiet nicht mehr repetieren. «Wir schleppen sie durch, bringen sie direkt in eine Lehre, wo sie scheitern werden, weil sie nie die Zeit erhielten, verpassten Lernstoff aufzuholen.» Die paar zusätzliche Schulstunden würden das nicht wettmachen. 

Zu viele «Leerläufe» 

Ähnlich argumentiert die Starke Schule beider Basel, welche die Investition in die Schüler und Lehrer zwar grundsätzlich begrüsst, aber den Unwillen bemängelt, etwas am Schulsystem zu ändern. «Die vielen Reformen verschlingen an unseren Schulen unnötigerweise viele Ressourcen», sagt Alt-Landrat Jürg Wiedemann. 

Er spricht nicht nur den grossen administrativen Aufwand für Lehrer an. Ebenso meint er die vielen Projektarbeiten für Schüler und Schülerinnen, die er als bildungstechnische Leerläufe bezeichnet. Daran ändere das Massnahmenpaket nichts. Es bestehe noch viel Potenzial.

1 Kommentar:

  1. 62 Millionen für bessere Schulqualität wollen die Baselbieter also lockermachen. Doch Geld allein reicht nicht. Auch die Konzentration auf die Fächer Deutsch, Mathematik und Medien und Informatik macht skeptisch. Man will offenbar einfach beim nächsten Test besser dastehen. Besser und vor allem nachhaltiger wäre ein Durchgreifen bei der Lehrerausbildung: Ideologische Ansätze wie konstruktivistische Unterrichtsmethoden und Mehrsprachendidaktik gehören endlich kritisch hinterfragt. Das hätte positive Auswirkungen auf alle Fächer. Und ob die Leute, welche für die Misere verantwortlich sind, die richtigen sind, um in Weiterbildungen Korrekturen anzubringen, lässt sich bezweifeln. Hatten wir nicht gerade endlose Weiterbildungen zum Lehrplan 21?

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