Am Wochenende trumpfte der Sonntagsblick mit der Schlagzeile auf: «Diskriminierung im Klassenzimmer: Schulbücher sind im Kern rassistisch.» Zwei «Bildungsexpertinnen» hätten «aufgedeckt», wie «präsent Rassismus» in Schweizer Schulbüchern sei: «Wir haben kein einziges Lehr- oder Lernmittel gefunden, das wir ohne Zweifel empfehlen können.» Werden unsere Kinder an den Schulen systematisch mit Rassismus vollgepumpt?
Rassismus in den Schweizer Schulen, Weltwoche, 17.11., von Roger Köppel
Davon sind die beiden Rassismus-Fachfrauen Rahel El-Maawi,
43, und Mandy Abou Shoak, 31, überzeugt. Mandy Abou Shoak ist Aktivistin und
Sozialpädagogin. Bei der «Black Lives Matter»-Bewegung, die in den USA
Denkmäler von Christoph Kolumbus bis Thomas Jefferson herunterreisst, wirkt sie
als Mitglied. Abou Shoak ist Muslimin, kam aus dem Sudan als Flüchtling in die
Schweiz und macht einen Master in Sozialarbeit. Sie sagt: «Wir werden in eine
rassistische Gesellschaft hineingeboren. Wer nichts aktiv dagegen tut, bleibt
rassistisch.»
Ähnlich finster sieht es Rahel El-Maawi,
«Organisationsberaterin für diversitätsorientierte Betriebskultur». Die
Tanzkünstlerin erforscht «Möglichkeiten, wie Bewegung und Tanz meine
soziokulturelle Arbeit erweitern können». Allein die Frage, woher jemand komme,
sagte sie in einem Interview, sei «verletzend». Wir alle sind «rassistisch
sozialisiert».
Man sieht: Die Chance, von diesen Autorinnen eine
unvoreingenommene Arbeit über Rassismus zu bekommen, ist ungefähr gleich gross,
wie wenn man beim Ku-Klux-Klan eine ausgewogene Biografie über Barack Obama
bestellen würde. Natürlich können die beiden Fachfrauen kein einziges Schweizer
Lehrmittel empfehlen. Die meisten seien von Männern geschrieben, Frauen und
Minderheiten kämen kaum vor, und besonders gefährlich seien «rassistische
Fremdbezeichnungen» wie «schwarz», «Indianer» oder «dunkelhäutig».
Stimmt. Am Rütlischwur nahmen weder Frauen noch Schwarze
oder Transgender-Personen teil. Dem scharfen Auge der Autorinnen entgeht nichts.
In einem Geschichtslehrbuch über das 19. Jahrhundert entdecken sie den Satz:
«Mutige Forscher drangen in das Innere Afrikas vor.» Das geht gar nicht. Abou
Shoak und El-Maawi fordern, die «mutigen Forscher» durch «plündernde
Abenteurer*innen» zu ersetzen. Aber gab es damals Frauen unter den
«Abenteurern»? Nicht so wichtig. Hauptsache, der anklägerische, gendergerechte
Ton kommt rein.
Keine Zustimmung findet auch die Formulierung «arabischer
Sklavenhandel». Das sei «antimuslimischer Rassismus». Die Versklavung von
Afrikanern durch Weisse hingegen dürfe nicht «verschleiert» werden. Ein anderes
Buch schreibt kritisch über den Neuenburger Plantagenbesitzer Jacques-Louis de
Pourtalès: «Auf jeder seiner Plantagen arbeiteten rund 150 Sklaven [. . .], die
er möglichst lange nutzen wollte. Deshalb achtete er auf gute Ernährung und
beschäftigte sogar einen Arzt. Aber die Abschaffung der Sklaverei war für ihn
undenkbar.»
Klingt sachlich angemessen, doch auch hier senken die
Anklägerinnen mitleidlos den Daumen. Zwar werde wenigstens die
«Mittäter*innenschaft von Schweizer*innen» bei der Sklaverei benannt, doch die
Erwähnung von guter Ernährung und einem Arzt komme einem «Reinwaschen» gleich.
Ob die Fakten stimmen, ist weniger erheblich als die korrekte Gesinnung, das
schlechte Gewissen.
So finden die Expertinnen heraus, was sie immer schon
gewusst haben: An Schweizer Schulen werde den Kindern «struktureller Rassismus»
eingeimpft. Das Wort ist ein Kampfbegriff der US-Linken. Struktureller oder
systemischer Rassismus heisst, dass alle Unterschiede zwischen ethnischen
Gruppen auf rassistische Unterdrückung zurückzuführen seien. Schwarze verdienen
weniger als Weisse? Rassismus! Schwarze sind krimineller als Weisse? Rassismus!
Schwarze haben weniger Uni-Abschlüsse als Weisse? Rassismus. Eigenverantwortung
und Leistung haben in dieser Optik keinen Platz.
Der Vorwurf des systemischen Rassismus hat den immensen
Vorteil, dass man konkrete Fälle von Rassismus nicht mehr konkret beweisen
muss. Es reicht, auf Unterschiede hinzuweisen. Die Behauptungen beweisen sich
selbst, und jeder, der widerspricht, ist automatisch Rassist. Deshalb
widerspricht fast niemand. Oder, wie es Abou Shoak ausdrückt: Nur wer aktiv
gegen das rassistische System ankämpft, ist kein Rassist. Was dem Nichtrassisten
wiederum das Recht gibt, alle anderen als Rassisten zu beleidigen.
Die Medien, siehe Sonntagsblick, machen noch so gerne mit,
aber auch die Unternehmen. Alle möchten bei den Guten sein. So wird der
Antirassismus zum lukrativen Geschäft. Wer keinen Job mehr findet, sollte sich
zum Rassismus-Spezialisten weiterbilden. Rahel El-Maawi macht es meisterhaft.
Mit ihren «Recherchen» prangert sie Organisationen an, die sie dann als
Diversity-Beraterin vom Problem befreit, das sie ihnen vorwirft. Ärzte heilen
Krankheiten, die sie soeben erfunden haben. Genial.
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