24. November 2020

Rassistische Lehrmittel?

Am Wochenende trumpfte der Sonntagsblick mit der Schlagzeile auf: «Diskriminierung im Klassenzimmer: Schulbücher sind im Kern rassistisch.» Zwei «Bildungsexpertinnen» hätten «aufgedeckt», wie «präsent Rassismus» in Schweizer Schulbüchern sei: «Wir haben kein einziges Lehr- oder Lernmittel gefunden, das wir ohne Zweifel empfehlen können.» Werden unsere Kinder an den Schulen systematisch mit Rassismus vollgepumpt?

Rassismus in den Schweizer Schulen, Weltwoche, 17.11., von Roger Köppel

Davon sind die beiden Rassismus-Fachfrauen Rahel El-Maawi, 43, und Mandy Abou Shoak, 31, überzeugt. Mandy Abou Shoak ist Aktivistin und Sozialpädagogin. Bei der «Black Lives Matter»-Bewegung, die in den USA Denkmäler von Christoph Kolumbus bis Thomas Jefferson herunterreisst, wirkt sie als Mitglied. Abou Shoak ist Muslimin, kam aus dem Sudan als Flüchtling in die Schweiz und macht einen Master in Sozialarbeit. Sie sagt: «Wir werden in eine rassistische Gesellschaft hineingeboren. Wer nichts aktiv dagegen tut, bleibt rassistisch.»

Ähnlich finster sieht es Rahel El-Maawi, «Organisationsberaterin für diversitätsorientierte Betriebskultur». Die Tanzkünstlerin erforscht «Möglichkeiten, wie Bewegung und Tanz meine soziokulturelle Arbeit erweitern können». Allein die Frage, woher jemand komme, sagte sie in einem Interview, sei «verletzend». Wir alle sind «rassistisch sozialisiert».

Man sieht: Die Chance, von diesen Autorinnen eine unvoreingenommene Arbeit über Rassismus zu bekommen, ist ungefähr gleich gross, wie wenn man beim Ku-Klux-Klan eine ausgewogene Biografie über Barack Obama bestellen würde. Natürlich können die beiden Fachfrauen kein einziges Schweizer Lehrmittel empfehlen. Die meisten seien von Männern geschrieben, Frauen und Minderheiten kämen kaum vor, und besonders gefährlich seien «rassistische Fremdbezeichnungen» wie «schwarz», «Indianer» oder «dunkelhäutig».

Stimmt. Am Rütlischwur nahmen weder Frauen noch Schwarze oder Transgender-Personen teil. Dem scharfen Auge der Autorinnen entgeht nichts. In einem Geschichtslehrbuch über das 19. Jahrhundert entdecken sie den Satz: «Mutige Forscher drangen in das Innere Afrikas vor.» Das geht gar nicht. Abou Shoak und El-Maawi fordern, die «mutigen Forscher» durch «plündernde Abenteurer*innen» zu ersetzen. Aber gab es damals Frauen unter den «Abenteurern»? Nicht so wichtig. Hauptsache, der anklägerische, gendergerechte Ton kommt rein.

Keine Zustimmung findet auch die Formulierung «arabischer Sklavenhandel». Das sei «antimuslimischer Rassismus». Die Versklavung von Afrikanern durch Weisse hingegen dürfe nicht «verschleiert» werden. Ein anderes Buch schreibt kritisch über den Neuenburger Plantagenbesitzer Jacques-Louis de Pourtalès: «Auf jeder seiner Plantagen arbeiteten rund 150 Sklaven [. . .], die er möglichst lange nutzen wollte. Deshalb achtete er auf gute Ernährung und beschäftigte sogar einen Arzt. Aber die Abschaffung der Sklaverei war für ihn undenkbar.»

Klingt sachlich angemessen, doch auch hier senken die Anklägerinnen mitleidlos den Daumen. Zwar werde wenigstens die «Mittäter*innenschaft von Schweizer*innen» bei der Sklaverei benannt, doch die Erwähnung von guter Ernährung und einem Arzt komme einem «Reinwaschen» gleich. Ob die Fakten stimmen, ist weniger erheblich als die korrekte Gesinnung, das schlechte Gewissen.

So finden die Expertinnen heraus, was sie immer schon gewusst haben: An Schweizer Schulen werde den Kindern «struktureller Rassismus» eingeimpft. Das Wort ist ein Kampfbegriff der US-Linken. Struktureller oder systemischer Rassismus heisst, dass alle Unterschiede zwischen ethnischen Gruppen auf rassistische Unterdrückung zurückzuführen seien. Schwarze verdienen weniger als Weisse? Rassismus! Schwarze sind krimineller als Weisse? Rassismus! Schwarze haben weniger Uni-Abschlüsse als Weisse? Rassismus. Eigenverantwortung und Leistung haben in dieser Optik keinen Platz.

Der Vorwurf des systemischen Rassismus hat den immensen Vorteil, dass man konkrete Fälle von Rassismus nicht mehr konkret beweisen muss. Es reicht, auf Unterschiede hinzuweisen. Die Behauptungen beweisen sich selbst, und jeder, der widerspricht, ist automatisch Rassist. Deshalb widerspricht fast niemand. Oder, wie es Abou Shoak ausdrückt: Nur wer aktiv gegen das rassistische System ankämpft, ist kein Rassist. Was dem Nichtrassisten wiederum das Recht gibt, alle anderen als Rassisten zu beleidigen.

Die Medien, siehe Sonntagsblick, machen noch so gerne mit, aber auch die Unternehmen. Alle möchten bei den Guten sein. So wird der Antirassismus zum lukrativen Geschäft. Wer keinen Job mehr findet, sollte sich zum Rassismus-Spezialisten weiterbilden. Rahel El-Maawi macht es meisterhaft. Mit ihren «Recherchen» prangert sie Organisationen an, die sie dann als Diversity-Beraterin vom Problem befreit, das sie ihnen vorwirft. Ärzte heilen Krankheiten, die sie soeben erfunden haben. Genial.

Unterstützt wird Rahel El-Maawi übrigens vom Berliner «Institut für diskriminierungsfreie Bildung». Auch ihre Argumente gegen Schweizer Schulen sind vorwiegend aus Deutschland importiert. Nur die Druckkosten ihrer Broschüren übernehmen, natürlich, die «systemisch rassistischen» Schweizer Steuerzahler. 

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