12. Oktober 2020

Heftige Kritik am Lehrplan Geschichte

2018 haben die Stimmberechtigten im Kanton Baselland entschieden, dass die Lehrpläne ergänztwerden müssen: Zusätzlich zu den bereits darin verankerten Kompetenzen sollen jetzt auch Stoffinhalte und Themen festgeschriebenwerden. So steht es nun im revidierten Bildungsgesetz. Die Bildungs-, Kultur- und Sportdirektion hat den neunseitigen Entwurf des Lehrplans Geschichte für die drei Sekundarschuljahre auf der Internetsite zugänglich gemacht. Wer nun glaubt, im Sekundarlehrplan Geschichte stosse man auf wichtige historische Ereignisse wie den Mauerfall, die Katastrophe von Tschernobyl oder den Balkankrieg, irrt sich. Stattdessen dominieren «Grundkompetenzen» sowie zu 12 Themen ausführlich formulierte Grobziele, welche die Schülerinnen und Schüler erreichen sollen. Diese werden ergänzt durch umfangreiche Arbeitsanweisungen für die einzelnen Leistungszüge und eine relativ unsystematische Liste von allgemein gehaltenen Inhalten, die zu den vorgegebenen Kompetenzen passen. 

Kein Ende im Streit um die Lehrpläne, Basler Zeitung, 8.10. von Thomas Dähler

Neu gibt es «Treffpunkte» 

Dazu muss man wissen, dass der erste Teil des Lehrplans, der die von den Schülerinnen und Schülern verlangten Kompetenzen umfasst, bereits in Kraft ist. Der kontrovers diskutierte zweite Teil ist mit «Stoffinhalte,Themen und Treffpunkte» überschrieben – das ist bereits die erste Differenz zur gesetzlichen Vorgabe: Den Begriff Treffpunkte enthält das Bildungsgesetz nicht. Formuliert sind diese Treffpunkte wie Arbeitsanweisungen an die Schülerinnen und Schüler. 

Die ersten zwei Seiten enthalten «für alle drei Schuljahre ausgewiesene Grundkompetenzen», die unter der Anweisung «Geschichtskultur analysieren und nutzen» erläutert werden. Ein Grobziel dazu ist beispielsweise: «Die Schülerinnen und Schüler können sich an ausserschulischen geschichtlichen Bildungsorten zurechtfinden und sie zum Lernen nutzen». Dazu eine Inhaltsliste: «Museen, Denkmal, historischer Schauplatz, Erinnerungsort, Recherche». 

Die Treffpunkte dazu sind als konkrete Anweisungen formuliert: «Nach einem Museumsbesuch einen Ausstellungsgegenstand beschreiben und dazu eine Geschichte erzählen», «Karte relevanter Denkmäler und historisch bedeutsamer Orte in der eigenen Umgebung erstellen», «Erklären, woran ein Denkmal erinnert», «Mitschülerinnen/ Mitschüler durch einen Teil eines Museums oder eines historischen Schauplatzes führen und dabei ausgewählte Gegenstände bzw. Orte erklären». Die jüngste Kontroverse um Denkmäler fand offenbar erst nach Redaktionsschluss des Lehrplanentwurfs statt. 

Die weiteren Teile des Sekundarlehrplans sehen je vier Themen pro Schuljahr vor. So steht beispielsweise im Lehrplan für das erste Sekundarschuljahr das Thema «Die Schweiz im revolutionären Europa». Eines der aufgeführten Grobziele lautet: «Die Schülerinnen und Schüler können ausgewählte Phänomene der Geschichte des 20. und 21. Jahrhunderts analysieren und deren Relevanz für heute erklären». Dazu die Inhalte: «Humanitäres Völkerrecht, Rotes Kreuz». Die Formulierung lässt darauf schliessen, dass die Auswahl der Ereignisse den Lehrerinnen und Lehrern überlassen wird. 

Von Mutter Theresa bis Nelson Mandela 

Das gleiche Grobziel ist auch für das zweite und das dritte Sekundarschuljahr vorgesehen, unter den Themen «Zwischenkriegszeit», «Der Zweite Weltkrieg und die Schweiz», «Geteiltes und vereintes Europa» und «Zeitgeschichte». Dazu gibt es je eine Liste mit Inhalten: «Faschismus, Kommunismus», «Weltkriege, Holocaust», «Kalter Krieg, Unabhängigkeitsbewegung», «Globalisierung, Bürgerkrieg,Terrorismus (z.B. Bertha von Suttner, Martin Luther King, MutterTheresa, Nelson Mandela, Mahatma Gandhi); Flucht, Migration, Asyl», und «Kalter Krieg, Unabhängigkeitsbewegung».Auffällig ist, dass zwar konkrete historische Ereignisse fehlen, Persönlichkeiten dann aber namentlich aufgeführt sind. 

Ob überhaupt je nach diesen Vorgaben unterrichtet wird, steht noch nicht fest. Die Starke Schule beider Basel hat dazu eine Volksinitiative eingereicht, die der Landrat soeben für gültig erklärt hat. Die Volksinitiative verlangt «klar definierte Stoffinhalte und Themen» und maximal 1000 Kompetenzbeschreibungen. Und: «Für die Sekundarstufe I sind die Stoffinhalte und Themen nach Jahreszielen und Anforderungsniveaus differenziert und abgestimmt auf die Inhalte und Anforderungen der beruflichen Grundbildung mit oder ohne Berufsmaturität, der Fachmittelschule und des Gymnasiums.»

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