9. Juli 2020

Wampfler: "Kinder können das aufholen"

In vielen Kantonen beginnen an diesem Wochenende die Sommerferien. Damit geht ein spezielles Schuljahr zu Ende: Acht Wochen waren die obligatorischen Schulen im Lockdown. Fernunterricht war angesagt. Dabei waren die Befürchtungen gross, dass manche Kinder den Anschluss verlieren. Gerade, wenn sich Eltern nicht explizit um die Bildung ihrer Kinder kümmert konnten. Oder berufsbedingt nicht die Zeit dazu hatten.

Schuljahr-Ende: Wurden Schüler im Lockdown wirklich abgehängt? nau.ch, 5.7. von Annina Reusser

Haben sich diese Befürchtungen bewahrheitet? Ein abschliessendes Fazit gibt es noch nicht. In vielen Kantonen sind die Schulen momentan dran, ihren Fernunterricht auszuwerten, wie die Nachfrage von Nau.ch zeigt.

Auch auf nationaler Ebene sind Auswertungen in Bezug auf den Online-Unterricht im Gange.

Experte: «Sehr ungleiche Verhältnisse»

Philippe Wampfler, Lehrer, Didaktik-Dozent und Medienexperte, hat einen durchzogenen Eindruck. «In ihrer persönlichen Entwicklung haben wohl fast alle Kinder mehr gelernt als in der Schule», resümiert er gegenüber Nau.ch. Die Kinder hätten gelernt, sich selber zu organisieren und Verantwortung fürs eigene Lernen zu übernehmen.

Unterschiede stellt der Bildungsexperte jedoch beim Schulstoff fest. «Manche lernten dank Eltern und Geschwister schneller als in der Schule. Andere haben nichts mitbekommen und haben grosse Lücken.»

Die wichtigste Faktoren sind für Wampfler eine Bezugsperson, die sich um die Schule kümmern kann, sowie ein ruhiger Arbeitsort. Kinder aus bereits belasteten Familien hätten dabei einen schwereren Stand. Fühlt sich ein Kind zu Hause nicht sicher oder unwohl, wirkt sich das aufs Lernen aus.

Zusätzlich mussten sich manche Kinder um jüngere Geschwister kümmern. «Nicht alle Kinder haben zuhause jemandeb, der kocht», sagt der Bildungsexperte. «Das sind sehr ungleiche Verhältnisse.»

Acht Wochen Lockdown können die Kinder aufholen

Abgesehen von der Familie spielt auch die Infrastruktur der Schule eine grosse Rolle: Systematischer Fernunterricht per Videokonferenz sei effizienter als Hausaufgaben abgeben, so Wampfler.

Er ist überzeugt: Lücken aus einem einmaligen Lockdown können die Kinder wieder aufholen. «Es hängt jedoch davon ab, wie es nach den Sommerferien weitergeht.» Käme es jedoch immer wieder zu solchen Schulunterbrüchen, könnten die Lücken problematisch werden.

Stadt Bern stellt gratis Lernbegleitung zur Verfügung

Die Stadt Bern hat beispielsweise bereits gehandelt, um Lernlücken zu füllen. Am Donnerstag teilte der Gemeinderat mit, dass mindestens 200 Schulkinder eine Lernbegleitung erhalten. Für das Angebot hat der Gemeinderat 50’000 Franken genehmigt. Für die Familien ist es kostenlos.

Anders sieht es im Kanton Luzern aus: Der Kantonsrat hat beschlossen, keine weiteren Massnahmen zu treffen. Der Kanton habe genug unternommen, um Lernrückstände aufzuholen.

 


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