In vielen Kantonen beginnen an diesem Wochenende die Sommerferien. Damit geht ein spezielles Schuljahr zu Ende: Acht Wochen waren die obligatorischen Schulen im Lockdown. Fernunterricht war angesagt. Dabei waren die Befürchtungen gross, dass manche Kinder den Anschluss verlieren. Gerade, wenn sich Eltern nicht explizit um die Bildung ihrer Kinder kümmert konnten. Oder berufsbedingt nicht die Zeit dazu hatten.
Schuljahr-Ende: Wurden Schüler im Lockdown wirklich abgehängt? nau.ch, 5.7. von Annina Reusser
Haben sich diese Befürchtungen bewahrheitet? Ein abschliessendes Fazit gibt es noch nicht. In vielen Kantonen sind die Schulen momentan dran, ihren Fernunterricht auszuwerten, wie die Nachfrage von Nau.ch zeigt.
Auch auf
nationaler Ebene sind Auswertungen in Bezug auf den Online-Unterricht im Gange.
Experte:
«Sehr ungleiche Verhältnisse»
Philippe
Wampfler, Lehrer, Didaktik-Dozent und Medienexperte, hat einen durchzogenen
Eindruck. «In ihrer persönlichen Entwicklung haben wohl fast alle Kinder mehr
gelernt als in der Schule», resümiert er gegenüber Nau.ch. Die Kinder hätten
gelernt, sich selber zu organisieren und Verantwortung fürs eigene Lernen zu
übernehmen.
Unterschiede
stellt der Bildungsexperte jedoch beim Schulstoff fest. «Manche lernten dank
Eltern und Geschwister schneller als in der Schule. Andere haben nichts
mitbekommen und haben grosse Lücken.»
Die
wichtigste Faktoren sind für Wampfler eine Bezugsperson, die sich um die Schule
kümmern kann, sowie ein ruhiger Arbeitsort. Kinder aus bereits belasteten
Familien hätten dabei einen schwereren Stand. Fühlt sich ein Kind zu Hause
nicht sicher oder unwohl, wirkt sich das aufs Lernen aus.
Zusätzlich
mussten sich manche Kinder um jüngere Geschwister kümmern. «Nicht alle Kinder
haben zuhause jemandeb, der kocht», sagt der Bildungsexperte. «Das sind sehr
ungleiche Verhältnisse.»
Acht
Wochen Lockdown können die Kinder aufholen
Abgesehen von der Familie spielt auch die Infrastruktur der Schule eine grosse Rolle: Systematischer Fernunterricht per Videokonferenz sei effizienter als Hausaufgaben abgeben, so Wampfler.
Er ist
überzeugt: Lücken aus einem einmaligen Lockdown können die Kinder wieder
aufholen. «Es hängt jedoch davon ab, wie es nach den Sommerferien weitergeht.»
Käme es jedoch immer wieder zu solchen Schulunterbrüchen, könnten die Lücken
problematisch werden.
Stadt
Bern stellt gratis Lernbegleitung zur Verfügung
Die Stadt
Bern hat beispielsweise bereits gehandelt, um Lernlücken zu füllen. Am
Donnerstag teilte der Gemeinderat mit, dass mindestens 200 Schulkinder eine Lernbegleitung erhalten.
Für das Angebot hat der Gemeinderat 50’000 Franken genehmigt.
Für die Familien ist es kostenlos.
Anders
sieht es im Kanton Luzern aus: Der Kantonsrat hat beschlossen, keine weiteren Massnahmen zu treffen. Der
Kanton habe genug unternommen, um Lernrückstände aufzuholen.
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