Omar kann mit Mani Matters Lied «Dr Sidi Abdel
Assar vo el Hama» wenig anfangen. Er wird von der Klasse gehänselt und, weil er
sich wehrt, von der Lehrerin vor die Türe gestellt. An einer anderen Schule
wird ein Schüler im Handgemenge als «Neger» beschimpft – ohne Folgen. Fortan
wird er so angesprochen und gemobbt, wiederum ohne Folgen. So sieht der
Schulalltag in der Schweiz aus.
Kein Platz für Rassismus an Schulen, SRF, 30.6. von Christine Wanner
Urs Urech, Geschäftsführer der Stiftung «Erziehung
zur Toleranz», kennt viele solche Beispiele und erklärt, die Schule sei ein
Abbild der Gesellschaft. «Das Potenzial für Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und
fremdenfeindliche Haltungen haben wir in der Schweizer Gesellschaft. Und es ist
wichtig, in der Schule eine tolerante Schulkultur aufzubauen, um die Vielfalt
zu pflegen», fordert Urech.
Unterstützung für Schulen
Seine Stiftung besucht deshalb Schulen und bietet
Lehrmaterial für alle Stufen an, einschliesslich der pädagogischen Hochschulen.
Sie ist also punktuell aktiv. Deshalb begrüsst Urech den künftigen Schwerpunkt
der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus, der systematischer werden kann.
Für die Kommission muss die Schule ein Ort sein, wo
sich Kinder frei entfalten können und nicht von rassistischer Diskriminierung
gebremst oder beeinträchtigt werden sollen, erläutert Leiterin Alma Wiecken.
Ausserdem habe sie festgestellt, «dass es Themen
gibt, die im Schulunterricht vielleicht zu wenig beachtet werden. Ein Beispiel
ist hier die Rolle der Schweiz während des Kolonialismus und die ganzen Folgen,
die sich daraus auch für das Thema Rassismus ergeben.» Damit meint sie Bilder,
die aus der Zeit des Kolonialismus stammen, und die Stereotype, die heute noch
lebendig seien.
Bei den Lehrpersonen ansetzen
Die Kommission beginnt jetzt mit der Arbeit: Sie
will sich die Lehrmittel wie Geschichtsbücher oder Literatur genauer anschauen
und allenfalls ergänzen. Auch möchten Mitglieder direkt in die Schulen gehen,
um Vorurteile abzubauen und stattdessen Brücken zu schlagen.
Dies auch darum, weil Lehrpersonen mit diesem Thema
oft alleingelassen würden. Oft erlebt Wiecken, «dass die Lehrpersonen
überfordert sein können mit diesem Thema.» Fragen wie «Wie machen wir das
jetzt? Wie sprechen wir über Rassismus?» stehen dabei im Raum. «Ich denke, da
muss man sogar noch früher ansetzen – eben bei der Ausbildung der
Lehrpersonen», ist Wiecken überzeugt.
Konkret heisst das, dass es mit der Sensibilisierung der Kinder und Jugendlichen nicht getan ist. Es braucht auch eine Sensibilisierung der Lehrerinnen und Lehrer, um gegen Vorurteile, Rassismus und jegliche Ausgrenzung in der Schule anzukommen.
Brennt es irgendwo - Umwelt, Lehrstellen, Genderprobleme oder eben gerade aktuell: Rassismus - dauert es nicht lange, bis sich ein Verein, eine Stiftung oder sonst eine Lobby-Organisation findet, die die Zustände gehörig anprangert und gleichzeitig die Lösung des Problems an die Schule delegiert. Nichts Neues unter der Sonne, also.
AntwortenLöschenDer SRF-Bericht beginnt mit zwei spektakulären Vorfällen, niemand bürgt für deren Echtheit. Statt Daten und Fakten liefert der Bericht aufgeblasene Phrasen und hehre Absichten wie "tolerante Schulkultur" oder "Vielfalt pflegen". Als ob das ernste Problem des Rassismus mit ein paar "Kürsli" für PH-Studis zu lösen sei. Das ist schlicht naiv. Ungefragt nehmen solche Interessengruppen auch das Recht in Anspruch, Lehrmittel allenfalls zu ergänzen. Verantwortungsbewusste Lehrer kämpfen täglich gegen Ausgrenzungen jeder Art - Rassismus ist da nicht die einzige Variante. Und: Rassismus ist auch eine Frage des Wissens und der Bildung. Je mehr Zeit wir in der Schule mit platten Plaudereien dazu verplämpern, umso weniger Zeit bleibt, um das dringend notwendige Wissen dazu zu vermitteln.