Liebe Lehrerin, lieber Lehrer
– die Schule Zeihen sucht genau Dich als Klassenlehrerin oder Klassenlehrer von
17 tollen Kindern der 2. und 3. Klasse.» So beginnt ein Video, das Daniel
Jeseneg, Schulleiter der Gemeinde im oberen Fricktal, kürzlich auf der Plattform
Vimeo publiziert hat. Zeihen präsentiert sich als moderne Schule – es sei schon
lange nicht mehr so, dass Kinder Texte von der Wandtafel abschreiben müssten,
sagt Jeseneg im Video.
Vielmehr sei die Schule integrativ und jahrgangsgemischt, in den Schulzimmern gebe es Sitzkreise und Gruppenarbeitsplätze, den Kindern werde ein abwechslungsreicher und handlungsorientierter Unterricht geboten.
Mehr als 300 Lehrerstellen im Aargau unbesetzt - Corona könnte Mangel noch verstärken, Zofinger Tagblatt, 31.5. von Fabian Hägler
An der Schule mit Kindergarten und
vier Primarklassen gibt es ein gemeinsames Lesetraining, einen thematischen Jahresplan
für alle in der Mathematik, zudem führt Zeihen einen Schulhausrat und ein
Ideenbüro.
Schule präsentiert sich modern und
fortschrittlich für Bewerber
«Besonders
stolz sind wir auf ein neues Unterrichtsgefäss», sagt Jeseneg im Video, das wie
ein Werbespot für die Schule daherkommt. «Ab dem neuen Schuljahr lernt jedes
Kind bei uns an einem Vormittag draussen in der Natur.» Dafür hat die Schule
Zeihen extra eine Naturpädagogin angestellt, die mit den anderen Lehrpersonen
diese Lektionen plant und durchführt.
Die
Schule Zeihen habe einiges zu bieten, sagt Jeseneg weiter – und betont, gerade
junge Lehrerinnen und Lehrer am Anfang ihrer Schulkarriere seien hier gut
aufgehoben. «Wir freuen uns über Deine Bewerbung, nimm jederzeit mit der
Schulleitung Kontakt auf»: Mit diesem Aufruf endet das Video, das seit Anfang
Woche online ist.
«Wir
haben das Video auf sozialen Medien breit gestreut, unsere
Schulpflegepräsidentin hat es geteilt, aber auch Eltern und andere
Lehrpersonen», sagt Schulleiter Jeseneg auf Nachfrage. Er habe eine
Filmausbildung absolviert und sei darum in der Lage, ein solches Video zu
produzieren. «Doch für andere Schulleiter ist ein solcher Aufwand wohl kaum zu
leisten, und mit dem Lehrermangel kämpfen alle», sagt er. Das Zeiher Video
wurde inzwischen rund 1000-mal angeklickt, und bei Jeseneg haben sich
tatsächlich fünf Personen gemeldet. «Das ist sehr erfreulich, wir schauen uns
die Bewerbungen nun an», sagt der Schulleiter.
In
den letzten Jahren sei es zunehmend schwierig geworden, die Stellen überhaupt
zu besetzen. Mehr als 300 offene Stellen sind im kantonalen Schulportal
ersichtlich, auf die Ausschreibung in Zeihen seien wochenlang keine Bewerbungen
eingegangen, sagt Jeseneg. Er stellt fest, dass Studierende der Pädagogischen
Hochschule heute oft schon vom zweiten Studienjahr an im Klassenzimmer
eingesetzt werden. Zudem habe auch die Zahl der Bewerbungen aus Deutschland,
die früher im Fricktal recht hoch gewesen sei, in den letzten Jahren massiv
abgenommen.
Selbst
die «ganz abenteuerlichen Anwärter auf eine Stelle im Bildungswesen» haben sich
laut Daniel Jeseneg aus dem Staub gemacht. Sein Fazit: «Im Moment kann man nur
hoffen, bangen und mit zeitaufwendigen Kreativprodukten nach möglichen
Talenten, Quereinsteigern, Umsteigerinnen und ‹spannenden Biografien› angeln.»
Schulleiter-Präsident: Mangel dürfte noch
mehrere Jahre dauern
«Die
Situation ist seit mehreren Jahren schwierig: Eigentlich möchten wir die
offenen Stellen bis Ende April besetzt haben, die Realität ist aber, dass
manche Schulen noch in den Sommerferien kurzfristig Lehrpersonen einstellen
müssen», sagt Philipp Grolimund, der Präsident des kantonalen Verbandes der
Schulleiterinnen und Schulleiter. «Die Coronakrise könnte das Problem noch
verschärfen, weil eine gewisse Anzahl von älteren Lehrpersonen und Angehörigen
der Risikogruppen ausfällt», sagt Grolimund. Personen, die wegen der Krise
ihren Job verlieren, könne man nicht einfach so als Lehrerinnen und Lehrer
anstellen. «Die meisten haben die erforderlichen Qualifikationen nicht, zudem
greifen die Umsteiger- und Quereinsteiger-Programme des Kantons frühestens ab
dem Schuljahr 2021/22», sagt er.
In
Laufenburg, wo Grolimund als Schulleiter tätig ist, gibt es momentan keine
Lücken. «Die letzte offene Stelle konnten wir dank der persönlichen Empfehlung
einer Lehrerin besetzen.» Es gebe aber diverse Schulen, die auf Notlösungen wie
temporäre Vertretungen, Einsatz von Studentinnen oder Lehrpersonen ohne
stufengerechte Ausbildung zurückgreifen müssten. «Damit sind die Stellen
vielleicht kurzfristig besetzt, der Betreuungsaufwand ist aber oft recht hoch,
zudem haben die Jugendlichen dann oft wechselnde Lehrer, was wiederum die
Eltern kritisieren», gibt Grolimund zu bedenken.
Es
sei erfreulich, dass die pädagogischen Hochschulen steigende Anmeldungen
verzeichneten, sagt der Schulleiterpräsident. «Einerseits wird es aber ein paar
Jahre dauern, bis die Studenten von heute ausgebildete Lehrpersonen sind.
Andererseits ist das Lohnniveau im Aargau deutlich tiefer als in den
Nachbarkantonen, deshalb gehe ich davon aus, dass wir noch mehrere Jahre mit
einem Lehrermangel zu kämpfen haben werden», betont er.
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