Schon bevor der Bundesrat am 13. März erlassen
hatte, dass die Schulen geschlossen werden, haben die Lehrpersonen vermutet,
dass sie sich bald auf eine neue Unterrichtsform einstellen müssen.
Die Situation belastet die schwächeren Schüler mehr, SRF, 26.3. von Judith Frei
Der junge Aargauer Realschullehrer Dave Schmid
beschreibt die Situation: «Ich hatte das Glück, dass ich meine Schüler noch am
Freitagnachmittag gesehen habe, so konnte ich ihnen noch Material mit nach
Hause geben.» Er unterrichtet zwölf Schülerinnen und Schüler, die zwischen 13
und 15 Jahre alt sind und nächstes Jahr die obligatorische Schulzeit
abschliessen.
Inzwischen haben die Schüler einzeln
Unterrichtsmaterial in der Schule abgeholt und Schmid überprüft regelmässig,
dass sie die Aufgaben lösen. Die Schüler können ihn immer telefonisch
erreichen, falls sie Fragen haben. «Es ist sicher einfacher mit den Schülern zu
arbeiten, wenn sie im Klassenzimmer sind. Für sie ist die Hemmschwelle
niedriger, einfach die Hand aufzuhalten, wenn sie etwas nicht verstanden
haben», meint der Lehrer.
Jetzt sind Lehrpersonen noch mehr
gefordert
Für einige Schüler ist die Lehrperson die einzige
Anlaufstelle im schulischen Lernprozess. Zuhause sind die Eltern entweder nicht
mit der Sprache oder dem Schulsystem vertraut oder haben keine Kapazität, die
Schüler neben der Arbeit zu unterstützen. Im Klassenzimmer können diese
Unterschiede abgeschwächt werden.
Diese Unterschiede gibt es aber auch während des
normalen Schulbetriebs, weiss der Erziehungswissenschaftler Urs Moser.
Denn gemäss Studien gibt es in der Schweiz einen
starken Zusammenhang zwischen der Herkunft und dem Erfolg in der Schule. Im
internationalen Vergleich sei die Schweiz hier ein Spitzenreiter.
Jetzt fällt das Klassenzimmer weg und die Schüler
und Schülerinnen sind auf sich selbst gestellt. Der Wissenschaftler appelliert
in dieser Situation an die Unterrichtenden: «Die Lehrpersonen haben es in der
Hand. Der Distanzunterricht muss organisiert und die Kommunikation
aufrechterhalten werden. Die Aufträge müssen sinnvoll sein und müssen auch von
den Schülerinnen und Schülern als sinnvoll beurteilt werden, damit sie
motiviert sind. Das ist eine spezielle Herausforderung.»
Nicht alle Schüler haben die gleichen
Chancen
Doch die Gefahr, dass einige Schülerinnen und Schüler
abgehängt werden, ist jetzt besonders gross. Das weiss auch die
Generalsekretärin des Dachverbands der Lehrerinnen und Lehrer Schweiz,
Franziska Peterhans. Heute sei es besonders schwierig, dass alle Schülerinnen
und Schüler abgeholt werden.
Grosse Sorgen bereiten ihr im Speziellen Dave
Schmids Schüler, die heute eine Schnupperlehre machen sollten, und die sich mit
dem Zeugnis dieses Sommers bewerben müssen: «Das ist eine ganz schwierige
Situation. Die sollten jetzt eigentlich schnuppern, sich um Lehrstellen
bewerben und langsam eine Zusage bekommen. Und die können jetzt im Moment nicht
viel machen. Für diese müssen wir uns nachher sehr engagieren, damit es für
jeden Jugendlichen einer Abschlussklasse eine gute Anschlusslösung gibt.»
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