Was Sarah Knüsel, oberste Schulleiterin im Kanton Zürich zur «NZZ am Sonntag» sagte, hat viele Eltern verunsichert: «Sollte der Unterrichtsstopp bis zu den Sommerferien ausgeweitet werden, müssen wir uns überlegen, ob wir nicht alle Schüler ein Jahr zurücksetzen.» Manche Kinder seien mit dem Fernunterricht «schlichtweg überfordert»; fehle den Schülerinnen und Schülern zum Beispiel in der 1. Sek ein halbes Jahr Präsenzunterricht, werde es nicht nur einzelne Kinder geben, die ein Schuljahr wiederholen müssten: «Das wird eher flächendeckend ein Problem.»
Bildungsdirektorin Silvia Steiner: «Kinder holen den Schulstoff wieder auf», Tages Anzeiger, 24.3. von Liliane Minor und Daniel Schneebeli
Nun hat
Bildungsdirektorin Silvia Steiner (CVP) der Idee eine klare Absage erteilt:
«Dass alle Schülerinnen und Schüler um ein Jahr zurückgesetzt werden, ist kein
Thema», schreibt sie per Mail. Der Präsenzunterricht sei erst seit einer Woche
eingestellt, und was Lehrpersonen und Schulleitungen in dieser Zeit geleistet
hätten, sei beeindruckend. Sie habe grosses Vertrauen in die Lehrerinnen und
Lehrer: «Auch wenn der Fernunterricht länger dauern sollte, werden die
Schülerinnen und Schüler den allenfalls nicht optimal vermittelten Schulstoff
wieder aufholen können.»
Wenn nötig,
werde die Bildungsdirektion «besonnene und verhältnismässige Massnahmen»
ergreifen. Eine Aussage, die man durchaus als versteckten Rüffel an Knüsels
Adresse lesen kann. Tatsächlich wären die Konsequenzen auf Jahre hinaus
einschneidend, würde man alle Kinder ein Jahr zurücksetzen. Unklar wäre zum
Beispiel, ob das auch mit den Schulabgängern aus der 3. Sek, dem Gymnasium und
aus den Berufslehren gelten würde.
Noch
gravierender wären die Konsequenzen aber bei den Kleinen. Entweder müsste der
Kanton mehr als 17’000 Kinder zurückstellen, die diesen Sommer eingeschult
werden sollen. Oder er müsste ab dem Schuljahr 2020/21 einen kompletten
Jahrgang doppelt führen. Das würde allerdings bedeuten, dass allein an der
Volksschule zwischen 700 und 800 zusätzliche Klassen gebildet und ebenso viele
neue Stellen geschaffen werden müssten, was Kosten in dreistelliger
Millionenhöhe auslösen würde.
«Unüberlegter
Hüftschuss»
Der Zürcher
Schulvorsteher Filippo Leutenegger (FDP) hat bereits viele Mails von
verunsicherten Eltern erhalten: «Das ist ein unüberlegter Hüftschuss.» Derzeit
sei es die wichtigste Aufgabe der Schulleitungen, einen effizienten
Fernunterricht umzusetzen und Schülerinnen und Schüler zu motivieren, daran
teilzunehmen, meint Leutenegger. «Es ist kontraproduktiv, nun die Eltern zu
verunsichern.» Vielmehr müssten diese gestützt und angeleitet werden.
Der
Schulvorsteher räumt allerdings ein, dass ein so langer Schulausfall vielen
Kindern und Jugendlichen Probleme bereiten werde. «Wir müssen darum prüfen,
welche Hilfsangebote nötig sind, um alle auf den nötigen Wissensstand zu
bringen», sagt Leutenegger. Vera Lang (FDP), Präsidentin des Schulkreises
Glattal in Zürich, weist darauf hin, dass die Raum- und Personalressourcen
jetzt schon knapp seien, daher sei das von Knüsel verlangte Vorhaben gar nicht
umsetzbar. «Sollten wir bis zum Sommer weiter mit Fernunterricht fortfahren,
dann müssten wohl schweizweit Anpassungen beim Lernstoff angedacht werden, und
das würde nicht nur die Volksschule betreffen», sagt Lang weiter.
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