Die
Ergebnisse von rund 4'400 Schüler/-innen im Fach Französisch am Ende der
Primarschulzeit, welche vom Institut für Mehrsprachigkeitsdidaktik der
Universität Fribourg analysiert wurden, sind für die beiden Basler Halbkantone
vernichtend ausgefallen: Kein Kanton ist schlechter als Baselland und
Basel-Stadt.
Die beiden Basler
Halbkantone handeln unterschiedlich
Baselland
reagierte dank dem öffentlichen Druck und zwei kantonalen Volksinitiativen
ausgesprochen schnell und hat eine «geleitete» Lehrmittelfreiheit realisiert.
Seit dem 1. Januar 2020 ist eine entsprechende Gesetzesänderung in Kraft und ab
dem kommenden Schuljahr können die Lehrpersonen in den Fächern Französisch und
Englisch die Passepartout-Lehrmittel durch andere, bewährte Lehrmittel
ersetzen, die sich nicht an der gescheiterten Passepartout-Ideologie ausrichten.
Einzig für die 3./4. Primarklasse bleibt «Mille feuilles» bis Mitte 2021 das
einzige Lehrmittel auf der Lehrmittelliste. So erfreulich die Situation in
Baselland ist, so wenig tut sich in Basel-Stadt.
Im
Stadtkanton ist eine entsprechende Gesetzesänderung nicht in Sicht. Die Starke
Schule beider Basel lanciert deshalb heute eine formulierte Initiative, welche
auch im Stadtkanton eine «echte» Lehrmittelfreiheit fordert.
Lehrmittelliste nur
mit Passepartout-Lehrmitteln ist keine Option
1. Der Erziehungsrat ist
bereit, für das Fach Mathematik ab dem kommenden Schuljahr 2020/21 ein
alternatives Lehrmittel auf die Lehrmittelliste zu setzen.
2.
In
einigen Monaten sollen weitere Entscheide fallen, welche die beiden Fächer
Deutsch und Französisch betreffen.
Diese Ankündigungen sind alles andere als eine
Garantie, dass die Lehrpersonen künftig in den beiden Fremdsprachen Französisch
und Englisch bewährte Lehrmittel einsetzen können, die klar strukturiert sind
und Grundwortschatz, Grammatik und Orthographie schrittweise aufbauen.
Bis heute hat das Erziehungsdepartement keine Aussage
gemacht, von der Passepartout-Ideologie wegkommen zu wollen. Ganz im Gegenteil:
Der Regierungsrat betonte stets, am Fremdsprachenkonzept Passepartout
festhalten zu wollen. Ein denkbares Szenario könnte sein, dass die Lehrpersonen
in den beiden Fremdsprachen Französisch und Englisch zwischen zwei
verschiedenen Lehrmitteln auswählen können, die sich aber beide nach der
Passepartout-Ideologie richten und das Erziehungsdepartement dies als
«Lehrmittelfreiheit» verkauft. Eine Lehrmittelliste mit einem zweiten
Lehrmittel, welches ebenfalls der Passepartout-Ideologie folgt, bezeichnen
jedoch nicht als «echte» Lehrmittelfreiheit und ist für uns keine Option. Denn
es ist in erster Linie die Passepartout-Ideologie, welche für die
katastrophalen Ergebnisse der Schüler/-innen verantwortlich ist.
Im
Dezember 2019 haben wir ein Initiativkomitee zusammengestellt und Regierungsrat
Cramer, die Mitglieder des Grossrats, rund 1'000 Basler Lehrpersonen sowie die
Freiwillige Schulsynode (FSS) informiert. Offensichtlich haben wir damit in ein
Wespennest gestochen und sowohl beim Regierungsrat als auch der FSS Reaktionen
ausgelöst.
Initiativtext
Die
Initiative strebt drei Änderungen im Schulgesetz an:
·
In
§68, Abs. 4 wird neu festgehalten, dass die Lehrpläne nicht auf eine
bestimmte Methodik oder Didaktik ausgerichtet sind und den Lehrpersonen eine
Auswahl an Lehrmitteln zulassen. Die Lehrpersonen können damit frei
entscheiden, wie sie ihren Unterricht gestalten (lehrerzentriert, Gruppenarbeit,
projektartig usw.). Aufgrund dieses Artikels muss der heute gültige Lehrplan
nicht geändert werden.
·
In
einem neuen §68c wird festgehalten, dass jede einzelne Lehrperson frei
entscheidet, welche Lehrmittel sie in ihren Unterricht einsetzen will. Ebenso
werden in diesem Paragraphen die Einschränkungen formuliert (Einhaltung des
Lehrmittelkredites, Einhaltung allfälliger Schranken von Harmos, Erreichung der
Lernziele des Lehrplans, keine religiösen und sektiererischen sowie politisch
einseitigen Lehrmittel). Festgehalten wird in diesem Absatz ebenfalls, dass in
den Fremdsprachenlehrmitteln Orthographie, Grammatik und Grundwortschatz
schrittweise aufgebaut werden müssen.
·
In
§79 wird festgehalten, dass der Erziehungsrat für jede Stufe und jedes Fach
eine Lehrmittelliste mit mehreren Lehrmitteln erstellt, welche er den
Lehrpersonen vorschlägt. Diese Lehrmittel sind für die Lehrpersonen nicht
verpflichtend. Allerdings sind diese Lehrmittel geprüft und es ist
sichergestellt, dass diese Lehrmittel alle notwendigen Bedingungen erfüllen.
Wird der Erziehungsrat ausgewogene und bewährte Lehrmittel auf die
Lehrmittelliste setzen, die in den Fremdsprachen nicht der
Passepartout-Ideologie folgen, so werden die allermeisten Lehrpersonen diese
Lehrmittel verwenden und höchstens in Ausnahmefällen und punktuell auf ein vom
Erziehungsrat nicht geprüftes Lehrmittel zurückgreifen.
Kritik unter dem Mantel des Schweigens halten
Dem
Erziehungsdepartement ist es immer wieder gelungen, Kritik der Bildungsexperten
und Lehrpersonen an den Bildungsreformen erfolgreich in Schranken zu halten.
Die
Starke Schule beider Basel möchte diesem Zustand mit einer offenen und
transparenten Bildungspolitik entgegenwirken. Die Lehrpersonen sollen gestärkt
werden und mehr Verantwortung und Entscheidungskompetenzen erhalten. Fliesst
ihre Expertise und Berufserfahrung direkt in die Bildungspolitik ein, können
Fehlentwicklungen gestoppt werden, bevor sie Schaden zulasten der
Schüler/-innen anrichten.
Initiativkomitee
Der
Vorstand der Starken Schule beider Basel ist überrascht, auf welches hohe
Interesse diese Initiative im Stadtkanton sowohl in der Politik als auch bei
der Bevölkerung gestossen ist. Das zeigt sich im Initiativkomitee, welches aus
49 Personen aus nahezu dem gesamten politischen Spektrum besteht. Darunter sind
zahlreiche aktuelle und ehemalige Grossräte und Grossrätinnen,
Parteipräsidenten, Lehrpersonen und auch Eltern. Beachten Sie die Liste der
Mitglieder des Initiativkomitees in ihren Unterlagen. Wir freuen uns, eine
solch breit abgestützte Initiative nun an die Öffentlichkeit tragen zu können.
Den Unterschriftenbogen finden Sie auf der Webseite der Starken Schule.
Mit
der Lancierung dieser Initiative möchten wir auch einen sanften Druck auf das
Erziehungsdepartement ausüben. Das Thema Lehrmittelfreiheit kommt nun definitiv
auf die politische Bühne. Regierungsrat Cramer stehen ab heute rund 3 – 4 Jahre
zur Verfügung, um eine entsprechende breit unterstützte Gesetzesänderung in
Kraft zu setzen. Nimmt er nicht Abstand von der gescheiterten
Passepartout-Ideologie, so wird das Volk über die vorliegende Gesetzesänderung
abstimmen. Wir sind zuversichtlich, dass die Stimmberechtigten auch in Basel-Stadt
«Mille feuilles» ersetzen möchten.
Wir
freuen uns auf die anstehende bildungspolitische Arbeit im Kanton Basel-Stadt.
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