720 Schülerinnen und Schüler im Kanton Basel-Stadt
benötigen sogenannte verstärkte Massnahmen. Sprich: Sie sind in einer
Regelklasse nicht tragbar, auch nicht mit den entsprechenden Förderangeboten.
Sie müssen unter anderem in Sonderschulen unterrichtet werden. Die Zahl dieser
Kinder stieg in den vergangenen Jahren stark an – in den vergangenen fünf
Jahren von 570 auf rund 720, und ist damit wieder auf dem Level von 2010, als
das Projekt der integrativen Schule in Basel startete.
Integrative Schule: Es besteht Reformbedarf - und es braucht mehr Geld, BZ Basel, 24.2.
Der Hauptgedanke der integrativen Schule ist der
Versuch, möglichst alle Kinder und Jugendlichen – auch solche mit einer
Behinderung, einer Lernschwäche oder einer besonderen Begabung – gemeinsam zu
unterrichten. Dafür wurde der Personalbestand aufgestockt: Lehrpersonen werden
von Heilpädagogen unterstützt. Dazu kommen zusätzliche Förderangebote für
Schülerinnen und Schüler mit spezifischen Problemen, wie etwa Deutschkurse für
Fremdsprachige, Logopädie, Psychomotorik oder Einführungsklassen.
Mittlerweile fällt eines von zwanzig Kindern unter
die sogenannte Separationsquote. Erziehungsdirektor Conradin Cramer sagte
vergangene Woche im Basler Parlament, dass er davon ausgehe, dass die Zahl
weiter steigen werde – auch weil man die integrative Schule entlasten wolle.
Entsprechend kündigte Cramer auch bereits an, beim nächsten Budget mehr Mittel
zu beantragen. Beziffert werden können die Mehrkosten noch nicht. «Das Problem
ist erkannt. Wir werden jetzt mit verstärkten Massnahmen kommen», sagte Cramer.
Gemäss Erziehungsdepartement sollen die
sonderschulischen Spezialangebote noch differenzierter ausgestaltet werden.
Auch das Angebot für lernschwache und teilweise auch im Verhalten
anspruchsvolle Schülerinnen und Schüler soll besser auf die Kinder zugeschnitten
sein. Schon heute gibt es etwa die Möglichkeit, solche Kinder vorübergehend
separativ zu unterrichten.
Verstärkte Massnahmen sind allerdings oft sehr
einschneidend für den Alltag, das soziale Umfeld oder den Lebenslauf eines
Schülers. Zumal sie meist sehr lange dauern. «Bevor man ein Kind aus der
Regelklasse nimmt, muss das gut überlegt sein», sagt Cramer. «Aber ein Hin und
Her würde diesen Kindern, die es schwer genug haben, schaden», sagt Cramer.
Niederschwellig und im gewohnten Umfeld
Einen anderen Ansatz verfolgt die Freiwillige
Schulsynode. Präsident Jean-Michel Héritier plädiert für ein zusätzliches
Instrument: Eine spezielle Förderlerngruppe, in der die betreffenden Kinder
vorübergehend intensiver betreut werden könnten. Im Gegensatz zu den früheren
Kleinklassen und den jetzigen Spezialangeboten wäre diese niederschwellig und
durchlässig ausgestaltet. «Die Schülerinnen und Schüler bleiben in ihrem
gewohnten Umfeld im gleichen Schulhaus», sagt Héritier.
Sobald sich die Situation verbessert hat, sollen
die Kinder wieder in ihre alte Klassen zurückkehren können. Héritier betont:
«Es braucht dringend Massnahmen.» Die Gewerkschaft weise seit Jahren auf die
Probleme hin. «Ich möchte, dass endlich in den Schulzimmern ankommt, was wir
schon lange besprechen.»
Die Idee der Schaffung von Förderlerngruppen kommt
auch bei Martina Bernasconi gut an. Die FDP-Grossrätin hatte mit ihrem Vorstoss
die neuste Debatte ausgelöst. «Ich stehe zu hundert Prozent zur integrativen
Schule», sagt Bernasconi. «Aber es braucht jetzt Lösungen.» Ein schwer zu
integrierendes Kind müsse momentan bis zu einem halben Jahr auf einen Platz in
einem Spezialangebot warten – «das ist unhaltbar».
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen