Die Schule Aargau ist eine gute Schule. Bewährt und
stabil. Egal, ob mit oder ohne Schulpflege: Die Aargauer Schule wird weiter
funktionieren. Auch mit der komplizierten Neuressourcierung bleibt die Schule
auf Kurs. Der Lehrplan 21 bringt zwar viel zusätzliche Arbeit in der
Einführungsphase, aber auch viele Chancen. Auch der neue Lehrplan 21 wird den
Schulbetrieb nicht auf den Kopf stellen. Die Lehrpersonen werden rasch einen
pragmatischen Umgang finden. Das war beim bisherigen Lehrplan nicht anders. Die
Vorteile der Harmonisierung werden sich schon bald zeigen. Schmerzhafte
Schulfusionen wird es weiterhin geben und damit viel Unmut bei den betroffenen
Gemeinden.
Plakat des Lehrervereins zum Thema Lehrermangel, alv
Die gute Schule ist gefährdet - Anmerkungen zur Lage der Aargauer Volksschule, Aargauer Zeitung, 31.12. von Jörg Meier
Aber auch da wird man sich im Kanton der Regionen
arrangieren und irgendwann zur Tagesordnung übergehen. Wer also von aussen auf
die Schule Aargau blickt, kommt zum Schluss: Es gibt zwar überall Baustellen,
aber es besteht kein ernsthafter Grund zur Sorge, weil ringsum überaus viele
Menschen professionell und mit grossem Engagement für die Schule Aargau
arbeiten. Wenn da nur nicht der Lehrermangel wäre.
Jedes Jahr müssen im Aargau rund 470 Lehrpersonen
an der Volksschule ersetzt werden. Weil sie pensioniert werden oder weil sie
aus dem Beruf aussteigen. Von der Pädagogischen Hochschule aber kommen nur 250
bis 300 neue Lehrerinnen und Lehrer nach. Und von diesen sind nach spätestens
fünf Jahren über die Hälfte wieder weg. Sie wandern ab in andere Berufe oder
andere Kantone. Zudem steigt die Schülerzahl im Aargau kontinuierlich weiter;
der Bedarf an Lehrpersonen wird weiter steigen. Was also ist zu tun?
Natürlich, der Lohn. Der wird jetzt endlich
angepasst, rund 70 Millionen Franken zusätzlich sollen die Lehrpersonen von
Kanton und Gemeinden ab 2021 pro Jahr erhalten, so jedenfalls die Absicht des
Regierungsrates. Zweifellos ein guter Ansatz. Aber dass das allein nicht
reicht, um den Beruf wieder attraktiv zu machen, ist unbestritten. Immerhin ist
die Lohnanpassung hilfreich, um die jetzigen Lehrpersonen im Aargau zu halten
und den Exodus in besser zahlende Nachbarkantone zu stoppen oder zumindest zu
reduzieren. Der aargauische Lehrerinnen- und Lehrerverband (alv) hat eine Reihe
von Vorschlägen zuhanden der Regierung formuliert, was die Politik gegen den
akuten Lehrpersonenmangel tun müsste. So sollen schulnahe Kitas geschaffen
werden, die Lehrpersonen mit kleinen Kindern höhere Unterrichtspensen
ermöglichen. Berufseinsteigende sollen professionelle Unterstützung erhalten;
ein wirkungsvolles Gesundheitsmanagement soll dafür sorgen, dass
krankheitsbedingte Abwesenheiten reduziert werden. Kleinstpensen sollen
unkompliziert vergeben werden können. Aber vor allem möchte der alv, dass der
Kanton, den Lehrerberuf wieder so attraktiv macht, dass genügend junge Leute,
Lehrerin oder Lehrer werden wollen. Das sind alles sicherlich berechtigte
Forderungen. Nur: Wie macht man einen Beruf attraktiv, der zurzeit kein
besonders hohes Ansehen geniesst? Kann das die Politik?
Sie muss es können und die Gesellschaft muss es
wollen. Was passiert, wenn alle Notmassnahmen, wie wir sie auch von den
Aargauer Schulen her kennen, nicht mehr greifen, sehen wir in Deutschland. Dort
hat man in einzelnen Bundesländern schleichend die Klassen vergrössert, Fächer
aus dem Lehrplan gestrichen, aus Zeitgründen auf Zeugnisse verzichtet. Zudem
wurde an vielen Schulen Teilzeitarbeit verboten - und Lehrpersonen werden
dorthin zwangsversetzt, wo die Not am grössten ist. Schliesslich fällt der
Unterricht teilweise aus.
Von solchen Zuständen sind wir im Aargau noch weit
entfernt. Trotzdem: Der Lehrermangel ist tückisch. Denn er lässt sich nicht mit
einfachen Rezepten beheben. Und schon gar nicht kurzfristig. Das hat zur Folge,
dass zunehmend Laienlehrer an der Schule Aargau tätig sind. Sie können eine
Bereicherung sein. Wenn sie aber ohne entsprechende Ausbildung der Not
gehorchend die Aufgaben von ausgebildeten Lehrpersonen ganz oder teilweise
übernehmen müssen, führt das zu einer Deprofessionalisierung der Schule. Wenn
Chirurgen fehlen, übernehmen in der Regel nicht Biologen oder
Physiotherapeutinnen die Operationen.
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