Französischunterricht: Das 50-Mio.-Prestigeprojekt droht zu scheitern, Aargauer Zeitung, 8.1.
Doch auch die Bildungsdirektoren von
sechs Kantonen an der Grenze zur Westschweiz setzten sich in jenem Jahr
zusammen. Ihr Projekt – es startete schliesslich 2011 unter dem Namen
«Passepartout» in den Schulzimmern – hatte ganz andere Pläne: Bern, die beiden
Basel, Solothurn, Freiburg und das Wallis führten Frühfranzösisch ein, liessen
ein neues Lehrmittel entwickeln und Lehrer schulen.
Das Ziel des 50-Mio.-Projektes: Die
Schüler sollten am Ende der Primarschule bessere Französischkenntnisse als
Kinder in anderen Kantonen aufweisen. Seit Beginn jedoch steht das Projekt in
der Kritik; insbesondere wegen der obligatorischen Lehrbücher «Milles feuilles»
(Primarschule) und «Clin d`Oeil» (Sek), die als schwierig gelten. Und so hob
erst Solothurn das Lehrmittelobligatorium im Progymnasium auf.
Im November dann kippten die Baselbieter
das Obligatorium an der Urne gleich ganz. Auch in Bern oder Basel-Stadt wird
dies zumindest nicht mehr ausgeschlossen, obwohl der herausgebende Verlag
inzwischen Verbesserungen an den Büchern vorgenommen hat oder plant.
Schüler schneiden in Tests teils sehr schlecht ab
Am Dienstag erhielt das Projekt nochmals
einen Schlag. In Bern präsentierten Mitarbeitende des Institut für Mehrsprachigkeit
der Uni Freiburg eine Studie, die zusammenfasst, was zum Prestigeprojekt
geforscht wurde; darunter Ergebnisse, die die Erziehungsdirektoren der
beteiligten Kantone unter dem Deckel behalten wollten.
Beim Hör- und Leseverstehen erreichen
87, bzw. 62 Prozent der Schülerinnen und Schüler die Schweizer Ziele. Beim
Sprechen sind es mit 42,5 Prozent weniger als die Hälfte. Noch weiter entfernt
sind die Schüler von den höheren Zielen, die die Kantone vorgegeben haben: Nur
elf Prozent erreichen sie beim Reden. Knapp die Hälfte der Lehrer glaubt, dass
die Schüler überfordert sind. Der Wortschatz in den Lehrmitteln ist wenig
alltagsnah.
"Verhindern, dass eine ganze Generation von Kindern die
Schule ohne genügend Französisch-Kenntnisse verlässt"
In Auftrag gegeben hat die Studie der –
bürgerlich geprägte –Verein Bern Bilingue, der sich für das Französische im
zweisprachigen Kanton einsetzt. «Wir wollen verhindern, dass eine ganze
Generation von Kindern die Schule ohne genügend Französisch-Kenntnisse
verlässt», so Präsident Alexandre Schmidt. «Dieser tiefen Malaise müssen sich
Behörden und Beteiligte stellen.» So oder so macht sich der Verein Sorgen um
die Kenntnisse der jeweils anderen Landessprache; Schmidt bezeichnet die
Situation als «prekär»: «Aufenthalte in der Romandie sind aus der Mode
gefallen. Der Vormarsch des Dialekts grenzt Lateiner aus. Die Vormacht des
Englischen ist ein Fakt.»
Einen Lösungsweg hat die Studie für
besorgte Eltern immerhin aufgezeigt: Finden die Eltern das Lernen von
Französisch wichtig, finden dies auch die Kinder. Das ist gar wichtiger als das
Lehrmittel.
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