Ralf Schäpper ist seit letztem Sommer Schulleiter der Primarschule Feldli-Schoren, Bild: Lisa Jenni
Quelle: St. Galler Tagblatt, 23.1. Interview: Christina Weder
Quelle: St. Galler Tagblatt, 23.1. Interview: Christina Weder
Warum haben Sie in der Primarschule Feldli-Schoren
die Hausaufgaben abgeschafft?
Ralf Schäpper:
Es geht uns in erster Linie um die Chancengleichheit. Zwischen bildungsfernen
und bildungsnahen Familien gibt es grosse Unterschiede. Für Kinder, die ihre
Eltern nicht um Rat oder Hilfe fragen können, sind die Hausaufgaben ein Stress.
Wir wollen aber auch die Familien allgemein entlasten. Wenn die Kinder nach
sieben Lektionen aus der Schule kommen, sollen sie sich zu Hause nicht nochmals
ans Pult setzen müssen.
Welche Erfahrungen haben Sie in diesem halben Jahr
ohne Hausaufgaben gemacht?
Mehrheitlich
positive. Ich habe immer wieder den Unterricht besucht und mir einen Einblick
in die Lernzeit am Morgen verschafft. Es herrscht eine gute Lernatmosphäre. Das
Belastende, wenn die Lehrperson am Morgen die Hausaufgaben kontrolliert, fällt
weg.
Hausaufgaben fördern Eigenschaften wie
Selbstständigkeit oder Pflichtbewusstsein, die im Berufsleben wichtig sind,
sagen die Befürworter. Was halten Sie davon?
Wir sind
überzeugt, dass wir diese Selbstständigkeit auch anders erreichen können. Dafür
müssen wir den Kindern nicht ein Arbeitsblatt nach Hause mitgeben, das die
einen überfordert, während es die anderen schon längst lösen können.
Hausaufgaben müssten viel individualisierter gegeben werden, damit sie einen
Nutzen haben. In der Lernzeit, die wir eingeführt haben, entscheiden die Kinder
selber, woran sie arbeiten. Damit fördern wir das eigenständige Lernen.
Welche Reaktionen haben Sie von Eltern erhalten?
Ich habe
einige positive Mails von Müttern und Vätern erhalten, die jetzt mehr Zeit für
die Familie, den Sport und die Musik haben. Sie schreiben, dass sich der
Stress, den die Hausaufgaben verursacht haben, verringert hat. Es gibt aber
auch Stimmen, die am liebsten alles beim Alten lassen wollen.
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