24. November 2019

Nulltoleranz bei Mobbing


Frauenfelder Oberstufenschüler lästern auf Instagram über Lehrer und Schüler. Garniert mit Fotos, die auch in den Lektionen aufgenommen wurden. Die Schulleitung informierte Anfang dieser Woche die Eltern, stellte klar, dass es sich nicht um einen «harmlosen Scherz» handle. Drohungen gegen Schüler brachten im Februar Aadorf in die Schlagzeilen. Die Schule informierte; die Jugendanwaltschaft ermittelte.
Kantonsräte fordern Nulltoleranz bei Mobbing an Thurgauer Schulen, Thurgauer Zeitung, 21.11. von Sebastian Keller


Im Dezember 2018 orientiere die Schulleitung von Wigoltingen in einem Elternbrief über Vorfälle – auch Cybermobbing. Die systematische Ausgrenzung oder Abwertung wird im Begriff Mobbing zusammengefasst. Mobbing macht weder vor Bürotüren noch vor Schulzimmern Halt.

GP-Kantonsrätin Karin Bétrisey hat Kenntnis von mehreren Fällen aus ihrem Umfeld. Weitere wurden ihr zugetragen. «Es wird beim Mobbing oft weggeschaut», stellt die Politikerin aus Kesswil fest. «Es ist eine schwierige Situation.» Ihr sind mehrere Fälle bekannt, bei denen Eltern keinen anderen Ausweg sahen, als ihr Kind von der Schule zu nehmen. Gemobbte Kinder suchen oft erst spät Hilfe. Bétrisey:«Und wenn sie es tun, ist es umso schlimmer, wenn dann nicht umgehend gehandelt wird.»

«Besser wäre es, wenn Lehrpersonen genau beobachten und früh selbst korrigierend eingreifen, vor allem bei Kindern, die sich nicht selbst wehren können.» Deshalb sei Prävention so wichtig, damit Ausgrenzung gar nicht stattfinde. Zusammen mit Cornelia Zecchinel (FDP, Kreuzlingen), Barbara Dätwyler (SP, Frauenfeld) und Roland A. Huber (BDP, Frauenfeld) verlangt Bétrisey, dass der Regierungsrat das Thema an der Wurzel anpackt. Mit 43 Mitunterzeichnern haben sie am Mittwoch eine Leistungsmotion eingereicht. «Nulltoleranz bei Mobbing an Thurgauer Schulen», lautet der Titel.

Darin fordern sie zum Beispiel eine höhere Sensibilisierung der Lehrpersonen und Schulleitungen beim Thema Cybermobbing sowie Hate-Speech. Zudem müsse dem Thema ein fester Platz im Unterricht eingeräumt werden. Weiter fordern sie, es seien Ressourcen zur professionellen Unterstützung der Schulsozialhilfe vor Ort bereitzustellen. Zudem soll eine Stelle bezeichnet werden, an die sich Eltern und Opfer hinwenden können, «falls Lehrpersonen und Schulleitung nicht handeln», wie es im Vorstoss heisst. «Denkbar ist ein Ombudsstelle», sagt Bétrisey.

Die Motionäre fordern eine einheitliche Handhabung. Denn es gebe überforderte Lehrpersonen und Schulleiter. Aber auch solche, die vorbildlich handeln und eine Atmosphäre der Toleranz schaffen, wo Mobbing keinen Platz habe.

Lehrerverband: Schwierig ist, Mobbing zu erkennen
Anne Varenne präsidiert Bildung Thurgau. Sie schickt voraus: «Das Thema Mobbing ist wichtig.» Es dürfe kein Kind gemobbt werden – leider sehe die Realität anders aus. Sie sagt: «Ich bin der Meinung, dass der Mobbing-Situation in den Schulen aufmerksam begegnet wird.»

«Schwierig ist aber, Mobbing überhaupt zu entdecken.» Gemobbte Kinder trauen sich nicht in jedem Fall, sich Eltern oder Lehrpersonen zu öffnen. Zudem haben auch Lehrpersonen keinen allmächtigen Blick – auf dem Schulweg sind sie nicht dabei, ebenso wenig in der Garderobe. «Nicht zu vergessen im digitalen Raum», sagt Varenne.

Die Präsidentin von Bildung Thurgau verweist auf die «wichtige Rolle der Schulsozialarbeit». Diese Fachleute seien dazu da, bei Problemen zu helfen. «Sie können beim Aufdecken von Mobbing helfen.» Doch sei eine Schulsozialarbeit nicht an jeder Schule installiert. Wichtig erscheint ihr, dass an Schulen ein Klima von «Mut und Offenheit» geschaffen und gepflegt wird.

Auch wenn die Präsidentin des Bildungsverbandes sich nicht zu den detaillierten Forderungen der Leistungsmotion äussert, erklärt sie sich mit deren Ziel einverstanden. «Nulltoleranz beim Mobbing muss das Ziel sein», sagt auch Anne Varenne. «Dazu brauchen wir aber auch die Eltern.»

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