Bundesrat Berset ist ein Getriebener: Er will die offenbar zerbrechende Eidgenossenschaft mit sprachlichen Zwangsmassnahmen (Erste Fremdsprache eine Landessprache) kitten. Da die Resultate dieser Politik verheerend ausfallen, rennt er nun in vollem Tempo in die einzige Richtung, die den Protagonisten des frühen Fremdsprachenunterrichts noch geblieben ist: Sprachaustausch. Dafür will er 10 Millionen Franken pro Jahr zusätzlich ausgeben. Doch auch dies ist eine Sackgasse. Wer rechnen kann weiss, dass es niemals genügend Plätze für die Deutschschweizer in der Romandie geben wird. Und das Interesse der Welschen für solche Aktivitäten hält sich seit jeher in engen Grenzen. Aus eigener Erfahrung weiss ich, dass Westschweizer Klassen vorzugsweise nach Deutschland gehen, um dort "richtiges" Deutsch zu hören. So viel zum nationalen Zusammenhalt.
Quelle: Movetia, BFS, Tages Anzeiger
Als Schulpraktiker frage ich mich auch, wieso man dazu 10 Millionen Franken pro Jahr zusätzlich ausgeben kann. Die Kinder wohnen im Normalfall bei ihren Gasteltern, die anfallenden Kosten sind hauptsächlich Reisekosten. Ausserdem gibt es ja bereits eine gut ausgebaute und ausserordentlich hoch alimentierte Organisation mit 34 Angestellten (www.movetia.ch) dafür. Im Jahr 2018 kassierte man Beiträge der öffentlichen Hand von über 32 Millionen Franken. Angesichts des eklatanten Missverhältnisses zwischen der Anzahl Nutzer und der dafür eingesetzten Mittel liegt der Verdacht nahe, dass es beim Sprachaustausch in erster Linie um den Aufbau eines weiteren administrativen Überbaus geht. (uk)
Schul-Französisch könnte Spass machen, wenn, Schweizer Illustrierte, 23.11. von Sandra C.
In der letzten Ausgabe der «Schweizer
Illustrierten» kündigt
Bundesrat Alain Berset an, den schulischen Austausch innerhalb der Schweiz massiv
stärken zu wollen. Ab 2020 sollen vier Jahre lang zehn Millionen Franken in den
Klassen- und Einzelaustausch gesteckt werden, damit möglichst viele
Schülerinnen und Schüler in den Genuss eines Austausches in einer anderen
Sprachregion unseres Landes kommen.
Locker vom Hocker: Berset will Geld verteilen, Bild: Kurt Reichenbach
Ich finds toll.
Meinen Kindern dreht
sich beim Gedanken, mehrere Wochen in einer französisch-sprachigen Umgebung
verbringen zu müssen, der Magen um. Und ich würde mal behaupten, da sind sie
nicht die einzigen. «Franz» gehört in der Deutschschweiz zu den meist gehassten
Fächern. Ich habe mich schon oft gefragt, warum eigentlich.
Die Sprache «spielerisch kennen lernen»
Ich persönlich finde die Sprache eine der schönsten
der Welt und ich habe sie ab der ersten Lektion in der 7. Klasse geliebt.
Vermutlich auch deshalb, weil es die erste Fremdsprache war, die ich in der
Schule lernte. Meine Kinder lernen seit der 2. Klasse Englisch, Französisch kam
in der 5. Klasse dazu. Die Freude darüber, (noch) eine Fremdsprache zu lernen,
hielt sich also naturgemäss in Grenzen. Und wenn ich ganz ehrlich bin, fragte
ich mich da schon, ob man diese eine Französisch-Lektion, die sie pro Woche
hatten, vielleicht lieber darin investieren sollte, dass die Kids erst mal
richtig Deutsch lernen, und das Französisch später, dafür intensiver einführen.
«Beim Üben war ich denn auch ziemlich geschockt
darüber, wohin sie diese vier Jahre spielerischer Französisch-Unterricht
gebracht hatte. Nämlich gar nirgends!»
«Sie sollen die Sprache ganz spielerisch kennen
lernen», sagte mir eine Lehrerin, als ich bei einem Gespräch mal nachfragte.
Nun, als meine Tochter nach der 8. Klasse in der Sekundarschule die
Aufnahmeprüfung ans Gymnasium machte, wurden genau drei Fächer getestet:
Deutsch, Mathe - und Französisch. Also bitte, kein Druck, alles ganz spielerisch!
Beim Üben war ich denn auch ziemlich geschockt darüber, wohin sie diese vier
Jahre spielerischer Französisch-Unterricht gebracht hatte. Nämlich gar
nirgends! Während sich beide meine Kinder in Englisch unterhalten können, als
hätten sie nie etwas anderes getan, kriegen sie in Französisch kaum ein paar
Sätze hin. Woran liegt das bloss?
Die Lehrpersonen sind selbst nicht
sattelfest
«Das ist so kompliziert. Echt, diese Sprache
besteht nur aus Ausnahmen!», sagt meine Tochter, als ich sie frage, warum sie
«Franz» nicht mag. «Und die Lektionen sind soooo langweilig!» Tatsächlich finde
ich das Schulmaterial wenig inspirierend: Vokabular, Grammatik, Grammatik,
Vokabular. Und dann kommt die Lehrerin meines Sohnes, die sich darüber wundert,
dass dieser zwar sowohl «Voci» als auch Grammatik im Griff hat, aber kaum einen
sinnvollen Satz hinkriegt.
«Den echten Sprachgebrauch lernt man nicht durch
Vokabeln-Büffeln, sondern durch Reden. Und Zuhören.»
Abgesehen davon, dass nicht alle das gleiche
Sprachtalent haben: Den echten Sprachgebrauch lernt man nicht durch
Vokabeln-Büffeln, sondern durch Reden. Und Zuhören. Ich hatte in der 10. Klasse
einen grossartigen Französisch-Lehrer. Wir unterhielten uns über dies und das,
schauten Filme, hörten Musik - ausschliesslich in Französisch. Dazu muss man
sagen: dieser Lehrer war Franzose und sprach kaum Deutsch.
Genau hier liegt wohl der Hund begraben: Ich habe
das Gefühl, dass viele Lehrpersonen in der Sprache nicht sattelfest sind,
weshalb sie sich ganz strikt an Lehrplan, Vokabular und Grammatik halten. Und
so hält sich halt der Spass an der Sache in ganz engen Grenzen. Laut Berset
soll auch ein Austauschprogramm für angehende Lehrpersonen und eines für die
berufliche Grundausbildung finanziert werden. Das halte ich schon mal für einen
guten Anfang.
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