Vergangene
Woche sorgte ein Gastkommentar in dieser Zeitung für Aufregung in der
Expat-Community. Publizist und Unternehmer Daniel Wiener rief einen fiktiven
Expat auf: «Lern Deutsch!» Damit kritisierte der Kolumnist diese meist
hochgebildeten Ausländer, die sich zu stark von der Schweizer Bevölkerung
separieren und in einer elitären, wohlhabenden und intellektuellen Blase
verkehren würden, in der viele die deutsche Sprache nicht beherrschten. Die
Landessprache sei an der International School Basel vielleicht gar nicht so
wichtig, so sein Verdacht.
Die "schreckliche Sprache" für Expats, BZ Basel, 13.11. von Jocelyn Daloz
Der englischsprachige Autor Bryan Stone, der seit 50
Jahren im Leimental wohnt, stimmt dem Verdikt zu: «Leider sehe ich immer noch
so viele Expats, die nie aus dem intellektuellen Ghetto herauskommen», schreibt
er der bz. Eine andere Leserin ärgert sich dafür stark über Wieners
Äusserungen. Diese würden nicht berücksichtigen, wie oft zahlreiche Expats die
Stelle und das Land wechseln müssten und man ihnen kaum zumuten könnte, jede
Landessprache zu lernen. «Es gibt einige Expats hier in Basel, die sich tapfer
mit der ‹horrible German language› (Mark Twain) herumschlagen. Einige schaffen
es aber auch einfach nicht, weil sie sich noch mit ganz anderen Problemen
herumschlagen.»
In internationalen Schulen ist Deutsch ein Pflichtfach
Die
internationalen Schulen wehren sich ebenfalls gegen Wieners Äusserungen. Gemäss
Balasz Szegedi von der Baselbieter International School Basel ist Deutsch bis
zum 14. Altersjahr obligatorisch im Lehrplan vorgeschrieben. «Im Alter von 14
bis 16 Jahren ist Deutsch zwar optional, aber 87 Prozent der Kinder lernen
weiterhin Deutsch», fügt er hinzu. Spezifische Anforderungen für internationale
Schulen gibt es indes im Baselbiet nicht. Private Schulen sind lediglich verpflichtet,
ein vergleichbares Angebot wie die Volksschule zu bieten, den Anschluss zur
öffentlichen Schule zu gewährleisten und den Lehrplan zu beachten.
Internationale Schulen sind bloss angehalten, einen «ausreichenden
Deutschunterricht» anzubieten.
Basel-Stadt hat striktere Vorgaben.
Internationale Schulen sind gesetzlich gezwungen, Deutschunterricht anzubieten.
Sofern Englisch die Hauptsprache im Curriculum ist, muss Deutsch die erste
Fremdsprache sein. Die Sprache muss in allen Schuljahren unterrichtet
werden, und zwar in einem festgelegten Umfang: Ab der Primar sind es drei
Lektionen pro Woche. Werden diese Auflagen nicht eingehalten, erhalten die
Privatschulen gar keine Betriebsbewilligung. Die Swiss International School
gibt an, der deutschen Sprache einen gleichwertigen Platz wie Englisch
einzuräumen, da der Unterricht auf allen Stufen zur Hälfte auf Deutsch
stattfinde. Damit würden sich ihre Studenten in beiden Sprachen
«muttersprachliche Kenntnisse» aneignen.
Auch die Academia International School
gibt an, über alle Stufen der obligatorischen Schuljahre finde der Unterricht
gleichwertig in beiden Sprachen statt. Die Absolventen ihres Gymnasiums legten
eine C 1-Prüfung in den jeweiligen Fremdsprachen ab. Der Kanton verlangt nicht,
dass Schüler ein spezifisches Niveau erreichen. Grundsätzlich fordert das
Migrationsamt aber, dass Ausländer mündlich das Referenzniveau A 1
erreichen. Für die Erteilung eines CAusweises ist ein A 2 mündlich und A 1
schriftlich gefordert. Die Erläuterungen des Baselbieters Migrationsamts
konnten vor Redaktionsschluss nicht eingeholt werden.
Die mangelnde Integration
von Expats liege nicht am Willen
Dass es dennoch eine Blase mit
hochqualifizierten, international orientierten Ausländern gibt, bestreitet kaum
jemand. Kathy Hartmann-Campbell hat deswegen vor Jahren die Organisation «Basel
Connect» gegründet, die Expats mit der Schweizer Bevölkerung verbinden will.
Unter anderem fordert sie Expats auf, bei einem längeren oder gar definitiven
Aufenthalt ihre Kinder in die Staatsschule zu schicken. Sie habe deshalb auch
schon internationale Schulen verärgert, die um ihre Kundschaften fürchten und
die Volksschule zuweilen als Konkurrenz empfinden. Allerdings ruft die eingebürgerte
Schweizerin zu mehr Differenzierung auf: «Natürlich gibt es in Gemeinden wie
Oberwil oder Bottmingen eine hör- und sichtbare englischsprachige Community.
Novartis-Angestellte etwa, die viel Geld verdienen und sich grosse Häuser in
schönen Quartieren leisten können.»
Sie meint aber auch, dass es viele Gegenbeispiele
gibt und will darauf aufmerksam machen, dass Expats in der Regel eine andere
Muttersprache als Englisch haben. Sie ist auch nicht einverstanden, dass die
Integration bloss am fehlenden Willen der Expats scheitern würde: Viele
Umfragen zeigen auf, dass Expats Mühe haben, Freunde in der Schweiz zu finden,
und 30 Prozent von ihnen empfinden Schweizer als unfreundlich. Gemäss
Hartmann-Campbell sind auch viele Schweizer bereit, auf andere Sprachen zu
wechseln. «Ich kenne keine Expats, die es nicht versucht haben. Ich kenne aber
sehr wohl Leute, die es aufgegeben haben.»
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