In drei Stunden
und 45 Minuten von New York nach Paris - die Concorde war doppelt so schnell
unterwegs wie ein normales Passagierflugzeug. 1969 startete das Prestigeobjekt
zum Jungfernflug. Unterdessen sind die einstigen Überflieger nur noch im Museum
zu bestaunen.
Kinder als Versuchskaninchen missbraucht, Basler Zeitung, 8.11. von Roland Stark
Der enorme
Kerosinverbrauch, die begrenzte Reichweite und der ohrenbetäubende Lärm hatten
potentielle Interessenten abgeschreckt. Das ehrgeizige Projekt entpuppte sich
als Milliarden-Flop.
Der renommierte
Pädagogik-Professor Roland Reichenbach hat den Begriff Concorde-Falle auf die Bildungspolitik übertragen. Je länger man
einen schlechten Film schaue, umso eher halte man ihn bis zum Schluss durch. Je
länger man auf einen Bus warte, desto unwahrscheinlicher rufe man ein Taxi,
weil der Bus zwischenzeitlich doch noch eintreffen könnte. Irgendwann sei es zu
spät, um aufzuhören. Genau so bei der Concorde: Schon früh war den Beteiligten
klar, dass das Projekt ein finanzielles Desaster würde. Aber es steckte viel zu
viel politisches Prestige drin, als dass die Verantwortlichen vernünftigerweise
Übungsabbruch beschlossen hätten.
Reichenbach
schreibt, „auch die zeitgenössische Reform des Schweizerischen Bildungswesens
wird einmal ein Ende gefunden haben und von anderen - vielleicht weniger
selbstsicher auftretenden und weniger effektvollen - Reformen verdrängt werden.
Bis dahin wird sie aber noch Bewährtes und weniger Bewährtes zum Verschwinden
gebracht haben, offiziell erfolgreich sein, inoffiziell aber scheitern.“
Unsinn Integrationskonzept. Im Oktober 2019 hat der Basler Grosse
Rat mit 76:12 einen Vorstoss überwiesen,
der die Wiedereinführung der Kleinklassen fordert. Damit könnte einer der
grössten bildungspolitischen Fehlentscheide der letzten Jahrzehnte korrigiert
werden. Man muss daran erinnern, dass ein erfolgreiches Förder- und
Integrationsmodell existierte, bevor ihm von den politisch und pädagogisch
zuständigen Amtsstellen ohne plausible Begründung das Grab geschaufelt wurde.
Dabei wurden sämtliche schon frühzeitig geäusserten Bedenken in den Wind
geschlagen.
Die Reformen
wurden überfallartig von der Bildungsbürokratie über die Köpfe der Betroffenen
hinweg durchgezwängt. Von Beginn an fehlten ausgereifte pädagogische Konzepte
ebenso wie die notwendigen finanziellen Ressourcen. Unterdessen leiden an dem
Flickwerk sowohl die „integrierten“ Kinder als auch die bisherigen Klassen und
die Lehrkräfte. Stattdessen werden die Lehrer von einer Formularflut
überschwemmt, die verbunden mit einer engmaschigen Kontrollmaschinerie die
seriöse Erfüllung ihres schulischen Kernauftrags behindert.
Unsinn Fremdsprachenprojekt „Passepartout“.
Das Projekt, angetreten
mit dem Versprechen, ein besseres Verständnis und eine erfolgreichere Anwendung
der französischen Sprache zu entwickeln, entwickelt sich immer mehr zu einem
Debakel. Die dabei verwendeten Lehrmittelmittel „Mille feuilles“ und „Clin
d’oeil“ wurden nie empirisch erprobt, sondern sofort flächendeckend eingeführt.
Kombiniert noch mit der überstürzten Verlegung des Fremdsprachenunterrichts in
die Unterstufe.
Eine beim
Institut für Mehrsprachigkeit (IfM) der Universität Fribourg in Auftrag
gegebene Studie bestätigt abermals, was Lehrkräfte seit der Einführung der
erwähnten Lehrmittel immer wieder kritisierten: Mit „Mille feuilles“ und „Clin
d’oeil“ werden die Lernziele weitgehend verfehlt. Obgleich es sich bei der
Studie bereits um die vierte wissenschaftliche Untersuchung handelt, welche dem
Passepartout-Konzept ein miserables Zeugnis ausstellt, marschieren die Erziehungsdirektoren,
an deren Spitze Basel-Stadt, stur auf dem einmal eingeschlagenen Weg weiter. Augen
zu und durch.
Die teuersten
Lehrmittel, die es je gegeben hat (Projektkosten 100 Mio. Fr. plus x), führen
zudem auch noch zu einer völlig unsinnigen Materialschlacht. Jahr für Jahr
füllen sich Müllcontainer mit Tonnen von weggeworfenen Einweg-Plastik-Dossiers.
Unsinn Sammelfächer. Mit dem Lehrplan 21 wurden auch
sogenannte Sammelfächer eingeführt. „Räume, Zeiten, Gesellschaften“ (RZG) und
„Natur und Technik“ (NT). Geschichte, Geografie, Physik oder Chemie
verschwanden aus dem Lehrplan. „Fächer sind als Wissenssysteme unerlässlich für
kognitives Lernen. Es gibt überhaupt keinen Grund für einen heterogenen
Fächer-Mischmasch“, moniert etwa der Entwicklungspsychologe Franz E. Weinert.
Vier Jahre nach
Einführung der Sammelfächer und der Umstellung auf kompetenzorientiertes Lernen
verfügen die Schulen noch immer nicht über passende Lehrmittel und auch nicht
über genügend qualifizierte Lehrkräfte. Als billiger Ersatz darf dann Prof. Dr.
h.c. Google einspringen.
Hoffentlich
wird - ähnlich wie bei der Prestige- und Verlust-Concorde - endlich auch bei
der Schulreformitis die Notbremse gezogen.
Bitte bald!
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