30. Oktober 2019

Pannen bei Computer-Anschaffung


Eigentlich hätte dieser Artikel vor zwei Wochen erscheinen sollen. Mitte Herbstferien schickte diese Zeitung eine Anfrage an das Schulamt – das Ziel war, eine Klasse zu begleiten, die am ersten Tag nach den Schulferien freudig ihre neuen iPads auspackt. In grossen Paletten waren zuvor 7900 Tablets an alle Stadtberner Schulen verteilt worden, mit Anschaffungskosten von rund 12,1 Millionen Franken. Wir wollten zusehen, wie sich die Schülerinnen und Schüler erstmals einloggen und die neuen Apps ausprobieren würden.
Zwei Wochen nach Ende der Schulferien war ein Klassenbesuch noch immer nicht möglich. Nicht ohne Grund. Mängel der neuen Plattform Base4kids2 erschweren das Arbeiten in einzelnen Schulen «stark», wie das Schulamt am Freitag in einem Brief an alle Lehrpersonen schrieb. Gewisse Geräte melden sich von selbst wieder ab, drei Tage lang gab es Probleme mit den Passwörtern.
Chaos um iPads an Stadtberner Schulen, Berner Zeitung, 29.10. von Jessica King


Lehrer berichten zudem von Druckschwierigkeiten, von Dokumenten, die in der neuen Open-Source-Software Collabora plötzlich anders formatiert sind, von verlorenen Dateien, die zeitraubend aufgespürt werden müssen. Zudem können Lehrpersonen noch nicht selber Passwörter zurücksetzen. Das Schulamt hat bereits einen eigenen Chat und eine Telefonnummer eingerichtet, die von Lehrpersonen rege benutzt werden. Im Brief versichert das Schulamt, dass eine verbesserte Version der Collabora-App ge­testet wird. Die Feedbacks würden berücksichtigt.

Überraschende Probleme
«Ein solch grosses Projekt ist eine riesige Herausforderung», sagt Jörg Moor, stellvertretender Leiter des Schulamts, das die Federführung für Base4kids hat. Es handle sich um den bisher grössten Open-Source-Auftrag im schulischen Umfeld der Schweiz.
Mit Kinderkrankheiten müsse man immer rechnen, sie seien leider nicht davon verschont worden. «Einige der Probleme zu Beginn waren aber auch für uns überraschend.» Zudem hätten technische Pannen von bisher gut laufenden Systemen die Lage erschwert – so konnten beispielsweise in drei Schulhäusern die alten Notebooks keine Verbindung mehr mit dem WLAN herstellen.

In verschiedenen Schulen benutzen die Kinder die neuen Geräte deshalb noch gar nicht. Etwa im Tscharnergut, wo GFL-Stadtrat und Lehrer Manuel C. Widmer unterrichtet. «In unserem Lehrerzimmer gibts kein anderes Thema als die iPads», sagt er. «Momentan bereiten die Tablets den Lehrern derart Schwierigkeiten, dass ein Unterricht damit gar nicht möglich ist.»

In der Primarschule Rossfeld startet vorerst eine Klasse mit dem iPad im Unterricht. Nach einem internen Pilotversuch erhalten die anderen Klassen schrittweise bis Februar ihre Tablets, sagt Lehrer Sebastian Grünig. «Wir können dann auf unsere internen Erfahrungen aufbauen und die Anfangs­probleme abfedern.» Dritt- bis Sechstklässler teilen sich dann zu zweit ein Gerät, bei den Jüngsten ist ein Gerät pro vier Schüler budgetiert. Oberstufenschüler und Lehrer erhalten leihweise ein persönliches iPad.

Bereits verschoben
Dass einige Schulen mit der Einführung von Base4kids2 zuwarten, war dem Schulamt bekannt. «Die Abnahme durch das Schulamt und projektbeteiligte Lehrpersonen ergab, dass die Schüler nach den Herbstferien mit gewissen Einschränkungen damit arbeiten können», sagt Jörg Moor. Bisher habe sich rund einen Drittel der Nutzer erfolgreich angemeldet. Täglich benutzten rund 2000 User Base4kids2 – von insgesamt 1400 Lehrpersonen und 10'000 Schülerinnen und Schülern.

Ursprünglich war geplant, dass die Lehrer die iPads nach den Sommerferien verteilen. Einerseits wollten die Projekt­leiter verschiedene Funktionalitäten ausführlicher testen und optimieren, andererseits wollte man den Schulen mehr Zeit für die Vorbereitung zugestehen, erklärt Jörg Moor die Verspätung. Ein Beispiel für die Komplexität bei der Entwicklung war, dass sich Schüler und Lehrpersonen nur einmal auf dem Tablet anmelden sollen. Und nicht für jede einzelne App wieder Log-in und Passwort eingeben müssen.
Obwohl die Umstellung ein Zusatzaufwand ist, freut sich Sebastian Grünig auf die iPads. «Die Möglichkeiten sind riesig», sagt er. «Wir können die Schülertablets steuern – Bildschirme einfrieren, Inhalte sperren. Diese Kontrolle hatten wir mit den alten Laptops nicht.» Auch die sogenannten Shared Documents – Dateien, die von mehreren Schülern gleichzeitig bearbeitet werden können – erwartet er mit Spannung. Und: «Endlich haben wir genügend Geräte für alle!»

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