Eine
Basler Mutter wollte, dass ihr Sohn für ein Jahr zu Hause unterrichtet wird.
Doch die Behörden lehnten ihr Anliegen ab. Das Bundesgericht stützt diesen
Entscheid und hält fest: Auch sehr restriktive kantonale Regelungen zum
Homeschooling sind zulässig.
Homeschooling, also häuslicher Privatunterricht, erfreut sich
hierzulande steigender Beliebtheit. Doch die Regeln sind
von Kanton zu Kanton sehr unterschiedlich, ein generelles Recht auf
Homeschooling besteht nicht. Dies hält auch das Bundesgericht in seinem neusten
Entscheid zum Thema einmal mehr fest.
Die Verfassung gewährt kein Recht auf Homeschooling, NZZ, 16.9. von Kathrin Alder
Eine Mutter aus Basel hat 2017 beim zuständigen Erziehungsdepartement
einen Antrag auf Homeschooling gestellt. Ihr 2009 geborener Sohn sollte das
Schuljahr 2017/18 zu Hause verbringen und privat unterrichtet werden. Zuvor
hatte er zwei Jahre lang eine öffentliche Primarschule besucht. Die
baselstädtische Kantonsverfassung enthält jedoch kein Recht auf privaten
Heimunterricht. Privatunterricht ist zwar möglich, bedarf aber einer
Bewilligung.
Um eine solche zu erhalten, müssen gemäss Schulgesetz bestimmte Bedingungen
erfüllt sein: So haben nachweisbare Gründe vorzuliegen, warum der Besuch des
Unterrichts nicht möglich ist. Ausserdem muss der Privatunterricht mit dem
Kindswohl vereinbar, qualitativ ausreichend und so ausgestaltet sein, dass der
Anschluss an die nächsthöhere Klasse gesichert ist. Dauert der Privatunterricht
länger als ein Jahr, so muss die jeweilige Lehrperson zudem spätestens ab dem
zweiten Jahr ein anerkanntes Lehrdiplom vorweisen können. Eine Bewilligung wird
höchstens für ein Schuljahr erteilt.
Schulwesen ist Sache der Kantone
Die Basler Behörden wiesen den Antrag der Mutter ab. Sie habe keine
besonderen Gründe vorweisen können, warum es für ihren Sohn nicht möglich sei,
den öffentlichen Unterricht zu besuchen, lautete die Begründung. Der Sohn
durfte aufgrund seiner hohen Begabungen bereits eine Klasse überspringen und
kam damit in den Genuss einer «Förderungsmassnahme». Wie aus dem Urteil des
Bundesgerichts hervorgeht, bekundete der Junge indes auch in der neuen Klasse
Mühe. Die Vorinstanz, das Basler Verwaltungsgericht, machte jedoch klar:
Allfällige mit Hochbegabung oder Mobbing zusammenhängende Probleme müssen in
Zusammenarbeit mit der Schule, den Lehrpersonen sowie gegebenenfalls unter
Beizug weiterer Fachpersonen angegangen und gelöst werden.
Die Mutter gelangte in der Folge an das Bundesgericht. Doch auch dort
hatte sie kein Glück. Die Richter in Lausanne wiesen ihre Beschwerde ab.
Bereits früher hatten sie festgehalten, die Bundesverfassung (BV) gewähre
Eltern keinen Anspruch darauf, ihre schulpflichtigen Kinder zu Hause oder
unterwegs unterrichten zu können. Im Gegensatz zu vormaligen Urteilen mussten
sie nun aber erstmals einen anderen Anspruch prüfen. Die Mutter berief sich auf
das Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Artikel 13 BV) – und
machte geltend, die baselstädtischen Regeln zum Homeschooling kämen faktisch
einem Verbot gleich und verletzten ihr Recht auf Achtung des Familienlebens.
Aus dem am Montag publizierten Entscheid des Bundesgerichts geht indes
hervor, dass auch Art. 13 BV keinen Anspruch auf Homeschooling begründet. Auch
sehr restriktive Regelungen zum häuslichen Privatunterricht in den Kantonen
seien zulässig, lautet die Quintessenz des Entscheids. Zunächst verwies das
Bundesgericht auf die Verfassung, welche klar verankert, dass das Schulwesen
Sache der Kantone ist. Die Anforderung des ausreichenden Schulunterrichts, wie
es in der Verfassung heisst, belasse den Kantonen bei der Regelung des
Grundschulwesens einen erheblichen Gestaltungsspielraum.
Ohne Willkür geurteilt
Weiter wies das Bundesgericht darauf hin, dass das elterliche
Erziehungsrecht unter den Schutz des Familienlebens falle. Dieses sei nicht nur
in der Bundesverfassung, sondern auch in der Europäischen
Menschenrechtskonvention (EMRK) verankert. Doch ein Blick in die Rechtsprechung
des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zeige, dass weder aus der EMRK
noch aus dem entsprechenden Zusatzprotokoll ein Anspruch auf häuslichen
Privatunterricht abgeleitet werden könne. Auch seien keine weiteren völkerrechtlichen
Verträge ersichtlich, aus denen sich ein solcher Anspruch ergeben könnte.
Abschliessend hält das Bundesgericht fest, ob
und in welchem Umfang Homeschooling zulässig sei, liege im Ermessen der Kantone
– soweit sie die Mindestanforderungen aus der Bundesverfassung einhielten.
Gegen den Entscheid des Basler Verwaltungsgerichts sei nichts einzuwenden. Ohne
Willkür sei dieses zum Schluss gekommen, dass die Mutter keine besonderen
Gründe für den privaten Heimunterricht ihres Sohnes vorweisen und ihr daher auch
keine Bewilligung ausgestellt werden könne.
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