Die Primarschülerinnen und
Primarschüler im Kanton St. Gallen erhalten auch in Zukunft Zeugnisnoten –
allerdings in grösseren Abständen als bisher. Ab dem Schuljahr 2020/21 wird ein
neues Beurteilungskonzept angewendet – es ist Teil des neuen Lehrplans Volksschule,
den der Kanton phasenweise einführt.
Nur noch ein Zeugnis pro Jahr: Kanton St. Gallen ändert die Beurteilung der Primarschüler, St. Galler Tagblatt, 3.4. von Adrian Vögele
In der 3. bis
6. Klasse gibt es künftig Jahres- statt Semesterzeugnisse. Dieser
Standard habe sich bei der 2. Klasse bereits bewährt, heisst es in einer
Mitteilung des Bildungsdepartements. Im Zeugnis werden weiterhin Fachnoten
verteilt. Für den Übertritt der Kinder in die nächste Klasse ist allerdings
nicht mehr die Notensumme entscheidend, sondern «die Gesamtbeurteilung aller
Schulleistungen und des Verhaltens». Die Zeugnisnote für die Arbeitshaltung
entfällt, dafür werden die Lehrerinnen und Lehrer künftig eine «dokumentierte
Beurteilung des gesamten Arbeits-, Lern- und Sozialverhaltens» ihrer Schüler
abgeben. Stärken will der Kanton auch das Elterngespräch – und macht
verbindliche, stufengerechte Vorgaben dazu, was im Gespräch thematisiert werden
soll.
Oberstufe behält Semesterzeugnisse bei
Anders als in der
Primarschule bleiben in der Oberstufe die Semesterzeugnisse bestehen. Auch
stehen hier weiterhin die Fachnoten im Vordergrund: Für die Promotion der
Schüler ist die Leistung in den Kernfächern zentral. «Der Erziehungsrat wird
Fächer und Beurteilung bestimmen und zeitgerecht kommunizieren», heisst es im
Communiqué des Kantons.
Dass die Volksschule die
Kinder und Jugendlichen mit Noten beurteilt, ist im Kanton St.Gallen Gesetz:
Das Kantonsparlament stimmte 2015 einer entsprechenden Motion der SVP zu. Mit
der Einführung des Lehrplans 21 bestehe die Gefahr, dass dieses «bewährte
Mittel der Leistungsbeurteilung» wegfalle und mit Wortzeugnissen ersetzt werde.
Die SVP befürchtete statt der Noten «schwammige und schwer zu interpretierende
Kommentare». Die anderen bürgerlichen Fraktionen unterstützten die Motion,
gegen den Widerstand von SP und Grünen. Bei der Anpassung des Gesetzes vor zwei
Jahren entschied das Parlament zudem, die Beurteilung mit ganzen und halben
Noten vorzuschreiben. Damit steht es den Schulgemeinden nicht mehr frei, auf
halbe Noten zu verzichten. Zuvor hatte der Entscheid der Stadt St. Gallen,
nur noch ganze Noten zu setzen, Diskussionen ausgelöst.
Ethik-Unterricht beschäftigt den
Erziehungsrat
Der neue Lehrplan wird an
den St. Galler Schulen seit 2017 angewendet. Der Erziehungsrat hat die
Rückmeldungen von Lehrpersonen und Schulleitungen analysiert und plant auf das
Schuljahr 2020/21 erste Anpassungen. So seien im Fach Wirtschaft, Arbeit
Haushalt (WAH) in der Oberstufe organisatorische Änderungen nötig. Ausserdem
will der Erziehungsrat im Austausch mit der Regierung das umstrittene Fach
Ethik, Religionen, Gemeinschaft (ERG) thematisieren. Heute können die
Schülerinnen und Schüler wählen zwischen dem Fach ERG Kirche, das von
Lehrkräften der Landeskirchen unterrichtet wird, und ERG Schule, für das die
Lehrer der Volksschule zuständig sind. St. Gallen hat damit eine
schweizweit einzigartige Lösung, die bei Eltern teils auf Irritation stiess. So
gab es Werbeaktionen, mit denen die «Anbieter» der beiden ERG-Richtungen die
Jugendlichen für sich gewinnen wollten.
Insgesamt läuft die
Einführung des neuen Lehrplans aus Sicht des Erziehungsrats gut. Man nehme
Impulse der Schulleitungen für die weitere Entwicklung auf. Ein «pragmatisches»
Vorgehen sei auch deshalb vernünftig, weil Lehrmittelverlage ihre Produkte
nicht auf einen Schlag umstellen könnten, sondern diese schrittweise
modernisieren müssten.
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