12. März 2019

Grosser Aufwand für Aufnahmeprüfung


Am Dienstag brüten die Zürcher Schülerinnen und Schüler bei der Aufnahmeprüfung zum Gymnasium über geometrischen Figuren, verschiedenen Wortarten und kniffligen Fragen zum Textverständnis. Dem Examen geht ein langer und aufwendiger Prozess voraus. Während Monaten feilen Lehrerinnen und Lehrer an den Aufgaben und Musterlösungen.
Nach dem Prüfungstermin fängt ihre Arbeit aber erst richtig an. Bis die Schüler am 22. März erfahren, ob sie bestanden haben oder nicht, müssen Tausende Prüfungen korrigiert werden.
Ein 25 Meter hoher Stapel Aufgabenblätter und Sicherheit wie beim Geldtransport: Das steckt hinter der Gymiprüfung, NZZ, 12.3. von Nils Pfändler


Schritt 1: Die Fragen

«Nerven wie Drahtseile. Erzähle eine glaubwürdige Geschichte, in der jemand starke Nerven bewies», hiess der Auftrag letztes Jahr im Prüfungsfach Deutsch. In der Mathematik gab es folgende Aufgabe zu lösen: «Marlon und Josua sind Balljungen an den Swiss Indoors in Basel und sammeln Tennisbälle ein. Marlon hat 48 Prozent aller Bälle eingesammelt, Josua den Rest. Zu Hause rechnet Marlon nach und stellt fest, dass er 7 Bälle weniger eingesammelt hat als Josua. Wie viele Tennisbälle haben sie zusammen eingesammelt?»

Solche Prüfungsfragen stammen aus der Feder der jeweiligen Fachkommission. Diese vier- bis achtköpfigen Gremien setzen sich zusammen aus Schulleiterinnen und verschiedenen Lehrern aus dem Gymnasium und der Volksschule. Einige Kommissionen beginnen schon im Sommer mit der Ausarbeitung der Fragen.

Damit die Fragen nicht zu einfach oder zu schwierig sind, überprüft sie zusätzlich eine Begutachtungskommission. Sie kontrolliert auch die Korrekturhinweise, mit deren Hilfe die Kantonsschullehrer später die Anzahl Punkte verteilen und die Noten setzen.

Schritt 2: Die Sicherheit

Gerade weil so viele Personen an der Entstehung der Prüfungen beteiligt sind, muss gewährleistet bleiben, dass keine Prüfungsfragen durchsickern. Es sei Vorsicht geboten, sagt Niklaus Schatzmann, Leiter des Mittelschul- und Berufsbildungsamts. «Die Sicherheit wird sehr gross geschrieben.»

Die Vorkehrungen gleichen denen bei einem Geldtransport: Die Prüfungsblätter werden laut Schatzmann in einer Zürcher Druckerei mit speziellen Sicherheitsstandards gedruckt. Alle Daten werden nur auf zwei Arten transportiert: entweder durch eine Übergabe von Hand zu Hand oder über mehrfach passwortgesicherte Datenkanäle des Kantons. An die Kantonsschulen gelangen sie nicht per Post, sondern werden von einem sicheren Kurierdienst persönlich überbracht. In den Schulen selbst sind sie stets sicher verschlossen.

Schritt 3: Die Korrektur

Die schiere Menge an Prüfungen ist die grösste Herausforderung für die Korrektur. Im letzten Jahr wurden den Schülern insgesamt mehr als 270 000 Aufgabenblätter verteilt. Würde man all diese Seiten aufeinanderstapeln, wäre der Papierturm mehr als 25 Meter hoch. Hinzu kommen die vollgeschriebenen Blätter der Aufsätze.

Um diese Papierflut zu bewältigen, arbeiten die Schulen in Korrekturteams. Laut Schatzmann wird durch verschiedene Massnahmen gewährleistet, dass diese alle Kandidaten gleich streng bewerten: Es korrigieren nur ausgewiesene Fachpersonen, für alle Prüfungen gibt es Korrekturhinweise, und in Zweifelsfällen werden die Fachkommissionen beigezogen. Zudem werden alle Prüfungen von Expertinnen und Experten der Volksschule ein zweites Mal korrigiert. Stimmen die beiden Beurteilungen nicht überein, tauschen sich die beiden Beurteiler noch einmal aus.

Für die Lehrerinnen der involvierten Fächer bedeute das Korrigieren einen erheblichen Zusatzaufwand, sagt Schatzmann. Bei den Kantonsschullehrern ist die Korrektur Teil ihrer Anstellung, die Vertreter der Volksschule werden mit einem Stundenansatz entlöhnt.

Schritt 4: Der Brief

Während die Lehrerinnen korrigieren, beginnt bei den Schülern das grosse Bibbern. Erst zehn Tage nach der Prüfung erhalten sie das Resultat. Der alles entscheidende Brief wird am Freitag, 22. März, per Post verschickt. Am Abend des gleichen Tages können die Schüler auf der Homepage der zentralen Aufnahmeprüfung bereits einsehen, ob sie bestanden haben oder nicht.

Noch länger gedulden müssen sich jene, die den offiziellen Prüfungstermin krankheitshalber verpasst haben. Sie müssen zur zentralen Nachprüfung in einer ausgewählten Kantonsschule antreten. Um einen Wissensvorsprung zu verhindern, absolvieren sie eine andere Prüfung. Ein zusätzlicher Aufwand für die Lehrer, wie Schatzmann bestätigt: «Jede einzelne Prüfung wird jedes Jahr doppelt geschrieben.»


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