Ohne Lehrpersonen mit Teilzeitpensen lässt sich eine Schule nicht
organisieren. Davon ist Thomas Minder überzeugt. Der Verbandspräsident der
Thurgauer Schulleiter und bald auch des Schweizer Verbands muss es wissen. Eine
Klasse hat mehr Unterrichtslektionen, als eine Lehrperson erteilen kann. «Es
gibt ja noch Halbklassenunterricht», sagt der Hinterthurgauer.
Job-Sharing ist ein zweischneidiges Schwert - Kleinpensen sind an Thurgauer Schulen unerwünscht, St. Galler Tagblatt, 29.3. von Larissa Flammer
Trotzdem sei das Thema Job-Sharing ein zweischneidiges Schwert: «Für
Schulleitung und Verwaltung bedeutet es sehr viel mehr Aufwand.» Aus diesem
Grund würden Schulen dies nicht jeder Lehrperson anbieten. Der Schulleiter
sagt: «Einer guten, langjährigen Lehrerin, die man nach dem Mutterschaftsurlaub
behalten will, gibt man eher ein Teilzeitpensum.»
Arbeitsaufwand für Schulleiter wird
anhand der Schülerzahlen berechnet
Flexible Arbeitszeit ist zunehmend gewünscht, weiss Heinz Leuenberger,
Präsident der Thurgauer Schulgemeinden. Aber auch er verweist auf den
administrativen Aufwand, der mit Teilzeit-Angestellten zunimmt: bei der
Buchhaltung, bei Mitarbeitergesprächen oder Sitzungen. Der Arbeitsaufwand für
einen Schulleiter werde aber anhand der Schülerzahlen berechnet, nicht anhand
der Anzahl Lehrer.
Als Vorteil von Job-Sharing nennt Leuenberger die Chance für Mütter,
wieder in den Beruf einzusteigen, und auch für Männer, nicht Vollzeit arbeiten
zu müssen.
«Schülerinnen und Schüler haben so auch eine zweite
Ansprechperson, zu der sie vielleicht einen besseren Draht haben.»
Der Präsident der Schulgemeinden betont aber: «Kleinpensen machen aus
meiner Sicht keinen Sinn.» Job-Sharing sei nur mit einer Pensum-Aufteilung von
50/50 oder 60/40 vernünftig.
Zweiklassengesellschaft bei Lehrern
befürchtet
Davon ist auch Andreas Wirth überzeugt. Der Präsident der Schulen
Frauenfeld sagt:
«Wir befürworten Teilzeit, streben aber an, dass
jede Lehrperson mindestens ein 50-Prozent-Pensum hat.»
Gerade jetzt, da der Lehrplan Volksschule Thurgau und damit viele
Neuerungen eingeführt werden, sei es wichtig, dass alle Lehrer damit vertraut
werden. «Wenn wir viele Teilzeitler mit nur je 20 oder 30 Prozent hätten,
könnten wir dies als Schule kaum gewährleisten.» Das würde zu einer
Zweiklassengesellschaft bei den Lehrern führen, befürchtet Wirth. Er nennt als
Beispiele für die Neuerungen die Einführung von Medien und Informatik und die
kompetenzorientierte Beurteilung.
Pensum eines
Lehrers
Im kantonalen Berufsauftrag für Volksschullehrer ist festgehalten, dass
jede Lehrperson mit Vollzeitpensum jährlich 300 bis 350 Arbeitsstunden für
«nicht direkt unterrichtsbezogene Tätigkeiten» leistet. Dazu gehören alle
Weiterbildungen, «Beratung, Betreuung und Kommunikation» sowie Beiträge an die
eigene Schule. Umfang und Inhalt dieses Anteils an der Arbeitszeit werden durch
die Schulen festgelegt.
Gemäss regierungsrätlicher Verordnung besteht für Seklehrer ein
Pflichtpensum von 29 Lektionen pro Woche und für Kindergärtner sowie
Primarlehrer von 30 Lektionen. Die effektiv erteilten Lektionen sind
entscheidend für den Beschäftigungsgrad.
Lehrer müssen ihre Schule mittragen
Der Kanton schafft den gesetzlichen Rahmen, dass Job-Sharing an den
Schulen möglich ist. Dafür oder dagegen entscheiden sich jedoch die
Schulgemeinden selber. Auch Beat Brüllmann, Chef des Amts für Volksschule,
macht einen Unterschied zwischen Job-Sharing und Kleinpensen:
«Wenn sich zwei Personen die Klassenlehrerfunktion
teilen, ist das grundsätzlich eine Chance. Es macht den Job attraktiv.»
Mindestens zwölf Lektionen pro Woche müsse ein Job-Sharing-Partner
übernehmen. «Dadurch ist sichergestellt, dass er sich auch am Rest des
Schulauftrags beteiligt», sagt der Amtschef. Wer nur fünf oder sechs Lektionen
pro Woche unterrichte, trage die Schule nicht mit. Zum Beispiel für die
Organisation eines Sporttags seien die Schulen aber darauf angewiesen, dass
sich ihre Mitarbeiter auch neben dem Unterricht für die Institution einsetzen.
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