26. Januar 2019

Leistungslohn gefährdet Schulqualität


Die fristgerechte Einführung des Leistungslohns für Lehrerinnen und Lehrer im Baselbiet ist noch nicht sichergestellt. Das neue Lohnsystem sei für die Lehrkräfte erst anwendbar, wenn eine Lösung für die Einführung eines lohnrelevanten Mitarbeitergesprächs gefunden sei, erklärte gestern Bildungsdirektorin Monica Gschwind an ihrer Jahresmedienkonferenz in Liestal.
Zoff um die Noten für Lehrerinnen und Lehrer, Basler Zeitung, 25.1. von Thomas Dähler


Gemäss der Vorlage zum Personaldekret, das nächste Woche im Parlament verabschiedet werden soll, müssen bereits ab nächstem Jahr mit allen Lehrkräften lohnrelevante Mitarbeitergespräche geführt werden.

Instrumente fehlen noch
Gschwind erklärte, dass die Arbeitsgruppe, die dafür einen Vorschlag erarbeitet, ihre Arbeit aufgenommen hat. «Es braucht ein taugliches Instrument für die Beurteilung», meinte die Bildungsdirektorin. «Wenn wir die Instrumente dafür nicht rechtzeitig haben, müssen wir schauen, was wir dann machen», sagte Gschwind auf eine entsprechende Frage bei dem Hintergrundgespräch. Sie sei sich bewusst, dass man sich über die Modalitäten nicht einig sei. Die Herausforderung an die einzelnen Schulen sei verschieden. Es gebe Schulleiter, denen bis zu 50 Lehrerinnen und Lehrer unterstellt seien. Gschwind: «Ich nehme die vorhandenen Ängste und Kritiken sehr ernst.»

Die Landratsvorlage sieht den Leistungslohn für alle Kantonsangestellten sowie für die bei den Gemeinden angestellten Lehrerinnen und Lehrer ab dem Jahr 2021 vor. Die dazu notwendigen Mitarbeitergespräche finden bereits ab diesem Jahr statt, für die Lehrerinnen und Lehrer aber gemäss heutigem Stand verspätet erst ab nächstem Jahr. Vorgesehen ist für die Entlöhnung der Kantonsangestellten ein Konkurrenzsystem, das auf Leistungsbeurteilungen beruht und insgesamt kostenneutral ist. Die Entlöhnung soll in einem Lohnband erfolgen, bei dem sehr gute Leistungen einen überdurchschnittlichen Lohnaufstieg zulasten von nur guten oder ungenügenden Leistungen anderer Mitarbeiter zur Folge hat. Die individuelle Lohnentwicklung wird jährlich festgelegt und muss sich auf eine Mitarbeiterbeurteilung abstützen.

Grundlage ist ein Dekret, das der Landrat nächste Woche verabschieden wird. Eine Volksabstimmung dazu wird es nicht geben.

Der Leistungslohn ist umstritten, ganz besonders im Falle der Lehrerinnen und Lehrer. Im Vernehmlassungsverfahren sprachen sich sämtliche Organisationen aus dem Bereich der Schulen gegen einen Leistungslohn für Lehrkräfte aus – von den Musikschulen bis zu den Schulleitungskonferenzen.

Keine Einwände gegen das neue System haben SVP und FDP. Die CVP fordert einen Verzicht bei den Lehrerinnen und Lehrern.

Schulentwicklung «in Gefahr»
Die Schulleitungen wiesen im Vernehmlassungsverfahren darauf hin, dass die Führungsspanne in den Schulen zu gross sei, und schon heute ein bis zwei Schulbesuche die Kapazitäten überschreiten würden. Die Arbeitsgemeinschaft der Personalverbände befürchtet, dass das System zu Auseinandersetzungen zwischen Mitarbeitenden und Vorgesetzten führt, in deren Folge Rechtsmittel ergriffen werden. Die Konferenz der Schulratspräsidenten sagt eine Verschlechterung der Arbeitszufriedenheit voraus, was zu häufigeren Stellenwechseln führen werde. «Die Schul- und Qualitätsentwicklung ist in Gefahr», behaupten die Präsidenten der Schulräte sogar.

Mitarbeitergespräche mit Lehrkräften gibt es zwar schon heute, jedoch nicht jährlich und nicht auf eine Leistungsbeurteilung fokussiert. Die Kriterien, die künftig lohnmassgebend sein sollen, wurden bisher nicht festgelegt – und dürften noch zu Auseinandersetzungen führen. In vielen Schulen fehlen den Schulleitungen zurzeit auch die Ressourcen, um die zusätzlich notwendigen Gespräche im erforderlichen Jahresrhythmus durchzuführen. Gemäss der Landratsvorlage ist jedoch keine Anpassung der Personalressourcen vorgesehen, sodass der zusätzliche Zeitaufwand zulasten anderer Aufgaben anfallen wird.
Generalsekretär Severin Faller wollte gestern noch nichts zu den Diskussionen in der Arbeitsgruppe sagen. Das Dekret eröffne bei der Umsetzung «einen gewissen Spielraum», sagte Faller. Zur Debatte stehe auch ein Zweijahreszyklus für die Mitarbeitergespräche. Das Dekret sieht allerdings im vorliegenden Entwurf eine jährliche Beurteilung vor. 

Bildungsdirektorin Gschwind schloss gestern die Möglichkeit nicht aus, dass die Gespräche erst verspätet gestartet würden, wenn die nötigen Instrumente bereit seien. Sie zeigte sich jedoch optimistisch: «Wir müssen es auch als Chance ansehen.»


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