28. November 2018

Primarlehrer wollen Mille feuilles retten


Mit einer in rüdem Ton gehaltenen Petition versucht die Kantonale Stufenkonferenz Primarschule (PLK) die umstrittenen Sprachlehrmittel Mille feuilles, Clin d’Oeil und New World zu retten. Diese sollen ungehindert und ohne neue Wörter- und Grammatiklisten weiter eingesetzt werden. Alternative Lehrmittel sollen nur zugelassen werden, wenn zuvor der Bedarf abgeklärt wurde. Die Petition steht morgen auf der Traktandenliste des Landrats. Die Bildungs-, Kultur- und Sportkommission beantragt dem Rat, die Petition zur Kenntnis zu nehmen – und damit ihr Anliegen nicht weiter zu verfolgen.
Rettung für Mille feuilles? Basler Zeitung, 28.11. von Thomas Dähler


Mit dem im Juni eingereichten Begehren fordern die 40 Unterzeichner den Landrat dazu auf, die vom Parlament im vergangenen Februar gutgeheissene Volksinitiative für einen «Ausstieg aus dem gescheiterten Passepartout-Fremdsprachenprojekt» nicht umzusetzen. Dieser Parlamentsentscheid hat die PLK, wie sie selber schreibt, in «ungläubiges Staunen» versetzt. Die gutgeheissene, nichtformulierte Initiative sieht vor, dass die umstrittenen Sprachlehrmittel nicht mehr eingesetzt werden und im Unterricht wieder auf Grammatik und Grundwortschatz Wert gelegt wird. Mit der Annahme der Initiative ist die Regierung verpflichtet, dem Landrat eine Umsetzungsvorlage vorzulegen. Gemäss den Bestimmungen der Verfassung muss der Landrat innert zwei Jahren eine Vorlage beschliessen, mit der das Volksbegehren umgesetzt wird.

Breiter Konsens
Inzwischen wurde auch ein breiter Konsens zur Umsetzung der Initiative gefunden. Hinter dem Kompromiss steht auch die Amtliche Kantonalkonferenz, die der PLK zugehörige Dachorganisation. Gemäss dem Kompromiss sollen künftig die Lehrerinnen und Lehrer in allen Fächern aus mehreren didaktisch unterschiedlichen Lehrmitteln auswählen können. Damit würden Mille feuilles, Clin d’Oeil und New World zwar nicht verboten, doch marginalisiert. Die beiden unbeliebten Französisch-Lehrmittel würden jedoch wahrscheinlich innert kurzer Zeit aus den Schulzimmern verschwinden.

Inzwischen ist bereits eine Arbeitsgruppe mit Fachlehrerinnen und -lehrern mit dem Umsetzungskonzept beschäftigt. Diese evaluiert die neuen Lehrmittel. Beschliessen wird die Lehrmittelliste der Bildungsrat. Dieser hat kürzlich per Communiqué bekräftigt, dass für alle Fächer und Schulstufen «ein methodisch und didaktisch vielfältiges Angebot an Lehrmitteln» zur Auswahl stehen werde. Die Regierung hat angekündigt, dass die Vorlage im Februar verabschiedet werden soll. Stimmt der Landrat der Vorlage zu, kann das Volk im November 2019 darüber abstimmen.

Bei einem Ja wäre der Kanton Baselland der erste Kanton, der bei den Frühfremdsprachen von der umstrittenen Mehrsprachendidaktik abrückte. Diese war einst von den sechs Kantonen Baselland, Basel-Stadt, Bern, Solothurn, Freiburg und Wallis gemeinsam eingeführt worden. Der entsprechende Zusammenarbeitsvertrag ist im vergangenen Sommer ausgelaufen.

Die PLK jedoch möchte die Abkehr von den «bewährten Lehrmitteln» der Mehrsprachendidaktik unterlaufen. In ihrer Petition weist die PLK darauf hin, dass die Primarlehrerinnen und -lehrer nach wie vor hinter Mille feuilles, Clin d’Oeil und New World stehen würden, gemäss einer von der PLK inszenierten Umfrage mit grosser Mehrheit. Die Umfrage steht allerdings im Widerspruch zu den Ergebnissen der vor einem Jahr vom Amt für Volksschulen durchgeführten Fachhearings.

Im Begleitschreiben zur Petition verteidigt die PLK die umstrittenen Lehrmittel und weist auf die «unzähligen« Weiterbildungsmassnahmen hin, zu denen die Lehrkräfte gezwungen wurden. Zudem hätten ihnen die Harmonisierungsmassnahmen eine «enorme Menge an Zusatzarbeiten» auferlegt. Das Ja des Landrats zur Initiative mache «diese anspruchsvolle und aufwendige Arbeit zunichte», heisst es.

Von der Sek bevormundet
Gemäss dem Bericht der Bildungs-, Kultur- und Sportkommission wehrten sich die Unterzeichner der Petition bei der Anhörung auch gegen Abmachungen, die zwischen den Primar- und Sekundarschulen gälten. Die von den Sekundarschulen für den Fremdsprachenunterricht verlangten Materialien wie Umsetzungshilfen und Wörterlisten seien überflüssig. Primarlehrerinnen und -lehrer empfänden solche Abmachungen als Bevormundung durch die Sekundarschule.

Bei einem Teil der landrätlichen Bildungskommission stiessen die Petenten durchaus auf Verständnis. Immerhin war damals im Parlament die Zustimmung zur Ausstiegs-Initiative nur mit einem knappen Resultat erfolgt. Der Antrag, die Petition als Prüfungsauftrag in Form eines Postulats zu überweisen und damit weiter zu bearbeiten, fand jedoch in der Kommission keine Mehrheit. Mit sieben zu vier Stimmen beantragt die Bildungs-, Kultur- und Sportkommission dem Rat, die Petition lediglich zur Kenntnis zu nehmen.

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