Die
nackten Zahlen erschrecken: Bei den Leistungs-Checks der Sechstklässler in der
Nordwestschweiz schneiden die Primarschüler im Französisch besonders schlecht
ab. Auf einer Skala von vier Kompetenzstufen schafft es ein Grossteil nicht
über Stufe zwei hinaus. Konkret sind dies in der Kategorie «Hören» 62 Prozent
in Baselland, 56 Prozent in Basel-Stadt und 67 Prozent im Kanton Solothurn.
Beim «Lesen» sind es 63 Prozent (BL) respektive 67 Prozent (BS und SO). Im
Kanton Aargau wurde statt Französisch Englisch getestet, wobei auch hier 53
(Hören) und 55 Prozent (Lesen) die Stufe Drei nicht erreichten.
Französisch-Tests spalten Lehrer, Basellandschaftliche Zeitung, 12.10. von Michael Nittnaus
Diese
Check-Resultate publizierte das Institut für Bildungsevaluation der Universität
Zürich bereits im Januar. Durchgeführt wurden die Tests mit insgesamt 12 500
Primarschülern im August und September 2017. Das hielt das Komitee Starke
Schule beider Basel nicht davon ab, sie gestern nochmals prominent auf seiner
Website zu thematisieren – verknüpft mit einer glasklaren Kampfansage: «Schuld
an diesem miserablen Ergebnis ist das unsägliche Lehrmittel ‹Mille feuilles›.»
Was muss ein Schüler können?
Der Grund liegt auf der Hand: Erst kürzlich hat
die Starke Schule eine formulierte Volksinitiative lanciert, die die endgültige
Verbannung der Passepartout-Lehrmittel «Mille feuilles», «Clin d’Oeil» und «New
World» aus den Baselbieter Schulzimmern verlangt. «Die Starke Schule nutzt im
Moment alle Möglichkeiten, um Studien, Umfragen oder Testresultate in ihrem
Sinne auszulegen. Ihre Argumente sind aber an den Haaren herbeigezogen»,
kritisiert Lukas Flüeler, Co-Präsident der Baselbieter Primarlehrerkonferenz.
Das Hauptargument des Komitees um Landrat Jürg Wiedemann ist, dass der Lehrplan
Volksschule Baselland für die Sechstklässler die Kompetenzen der Stufe drei
vorsehe. Dementsprechend erreichten fast zwei Drittel der Schüler die Lernziele
nicht. Laut Definition der Uni
Zürich bedeutet die Stufe drei bei «Hören»: «Die Schüler können einem einfachen,
kurzen Text zu vertrauten Themen, in dem eine oder mehrere Personen sprechen,
grundlegende Informationen entnehmen, sofern langsam und deutlich gesprochen
wird und der Text Pausen aufweist.»
Flüeler aber sagt: «Diese Kompetenzstufe
entspricht im Lehrplan dem Niveau A 2.1. Und dieses müssen die Primarschüler
erst am Ende der sechsten Klasse erreicht haben. Der Check P6 fand aber Anfang
des Schuljahres statt. Ich bin zuversichtlich, dass wir die Schüler in dieser
Zeit noch auf das nötige Niveau bringen.» Auch Beat Lüthy, Leiter des
Baselbieter Amts für Volksschulen, hält fest: «Es stimmt nicht, dass Schüler
beim Check P6 die Kompetenzstufe drei erreichen müssen.»
Test mit «Bonne
Chance»?
Er geht noch weiter als Flüeler, wenn er sagt: «Der direkte Vergleich
zwischen den Kompetenzstufen der Checks und den Lernzielen des Lehrplans ist
nicht zulässig.» Diese Verknüpfung werde erst zu einem späteren Zeitpunkt
angestrebt. Lüthy möchte denn auch keine Aussage machen, ob die Resultate der
Checks auf schlechte FranzösischKenntnisse schliessen lassen, so auffällig sie
auch sind. Auch in Basel-Stadt heisst es beim Erziehungsdepartement auf
Anfrage: «Die Ausführungen der Starken Schule sind polemisch und wenig
zielführend.»
Sekundarlehrer Jürg Wiedemann hält am Vergleich fest. Nach
Rücksprache mit einem am Check beteiligten Primarlehrer sagt er: Der
Schwierigkeitsgrad der Fragen sei an das Niveau Anfang der sechsten Klasse
angepasst. «Alle Zahlen und Fakten weisen darauf hin, dass «Mille feuilles»
schlecht ist. Wie viel braucht es denn noch, dass man uns endlich glaubt?»
Einen Haken hat Wiedemanns Argumentation allerdings: «Es gibt keine
vergleichbaren Checks mit anderen Französisch-Lehrmitteln», sagt Lüthy. Ob
Primarschüler zu Zeiten von «Bonne Chance» und Co. also wirklich besser
abgeschnitten hätten, bleibt offen.
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