Gute Deutschkenntnisse sind eine zentrale Voraussetzung
für den Erfolg in den Berufslehren wie in den Maturitätsschulen. Mit der
deutschen Sprache vertraut sein bedeutet aber noch viel mehr. Wer sich in
vielen Bereichen präzis in der deutschen Sprache ausdrücken kann, hat sich ein
Weltbild erschaffen, das eine gute Orientierung ermöglicht und zur eigenen
Urteilsfähigkeit beiträgt. Eine Erstsprache gründlich zu lernen, ist für die
meisten Heranwachsenden ein langer Weg. Für den schulischen Spracherwerb
bedeutet dies, dass Sprache immer wieder mit anschaulichen Inhalten verknüpft
und erarbeitet werden muss.
Deutsch lernen im Handumdrehen? Von Hanspeter Amstutz, 14.10.
Für gezielte Wortschatzerweiterung und allgemeines Sprachbad
erweist sich der Realienunterricht der Volksschule als eigentlicher Königsweg
für aufbauendes Lernen. Natur und Technik, Geografie und Geschichte bieten eine
Fülle an spannenden Inhalten. Werden diese schülergerecht und spannend
vermittelt, kommt die Sprache zum Zug. Nicht die Menge des behandelten
Schulstoffs ist dabei entscheidend, sondern die gründliche Auseinandersetzung
mit dem Thema. Beim Bau eines Elektromotors erleben Jugendliche, wie die elektromagnetischen
Kräfte wirken und welchen Bauteilen wichtige Funktionen zukommen. Solche
Einsichten auch mit den treffenden Ausdrücken festzuhalten ist fruchtbarer
Spracherwerb. Auf etwas andere Art, aber ebenso wirksam, gelingt das
Deutschlernen in narrativen Geschichtsstunden. Wie viele sprachfördernde
Impulse gehen von einer dramatischen Erzählung der Lehrperson aus, wenn
schicksalhaftes Geschehen im Zentrum steht!
Das tägliche Sprachbad im
Realienunterricht stellt hohe Anforderungen an die fachliche und sprachliche
Kompetenz der Lehrkräfte. Doch die Aufgabe wird unterschätzt. Zwar wurde im
Bereich Natur und Technik in jüngster Zeit einiges investiert, doch sonst ist
die Realien-Fachdidaktik klar im Hintertreffen. Durch das Streichen von
Realienstunden und die teilweise Verwendung von Geografie- und
Naturkundelektionen für den Fremdsprachenunterricht hat der sachbezogene
Deutschunterricht arg gelitten. Am härtesten hat es den Geschichtsunterricht
getroffen, wo im Kanton Zürich nur noch eine einzige Wochenstunde zur Verfügung
steht.
Es erstaunt nicht, dass immer lauter die Frage nach dem Wesentlichen in
der Pädagogik gestellt wird. Der neue Lehrplan gibt dazu keine überzeugende
Antwort. Zu vieles wird als Bildungsziel postuliert, mit dem Resultat, dass
manches nur angetippt werden kann. Deutsch lernen erfordert viele
Trainingsstunden, Zeit für Lektüre und für das Eintauchen in ein Stück Welt in
den beliebten Realienfächern. Wer glaubt, dass man beim Lernen der Erstsprache
abkürzen könne, irrt gewaltig. Doch genau das wird getan mit dem Abwerten des
Realienunterrichts und der Reduktion von intensiven Trainingsphasen in den
Deutschstunden.
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