Die Regierungen von Basel-Stadt, Baselland,
Aargau und Solothurn verteidigen die Leistungschecks in den Nordwestschweizer
Schulen durch dick und dünn. Lehrerinnen und Lehrer, Politikerinnen und
Politiker mögen noch so heftig Kritik üben: Die Bildungsdirektoren wollen an
den Checks in der dritten, sechsten, achten und neunten Klasse festhalten.
Ein
einziger Abstrich wurde bisher vorgenommen: Der Basler Erziehungsdirektor
Conradin Cramer willigte ein, auf den Check S3 vor Schulaustritt künftig zu
verzichten. Vom Tisch sind die Versuche, einzelne oder mehrere Checks
abzuschaffen, noch nicht: In Basel-Stadt, Baselland und Solothurn müssen die
Regierungen die Anliegen prüfen. Im Aargau scheiterte ein Vorstoss knapp,
nachdem die Motionäre nicht bereit waren, den Vorstoss unverbindlich als
Postulat zu überweisen.
Alle vier Bildungsdirektoren verteidigen einheitliche Checks, Basler Zeitung, 6.9. von Thomas Dähler
Alle
vier Schulchecks werden unterdessen in den Primarschulen und in der Sek aller
vier Kantone der Nordwestschweiz flächendeckend durchgeführt. Sie dienen der
Standortbestimmung der Schülerinnen und Schüler und ihrer Schulen und zeigen
die individuellen Lernerfolge nach einheitlichen Standards auf.
Getestet
werden die Kompetenzbereiche gemäss Lehrplan 21. Für die Durchführung zeichnet
das Institut für Bildungsevaluation der Universität Zürich verantwortlich. Die
jeweils veröffentlichten Fachergebnisse ermöglichen einen kantonalen Vergleich
über die Leistungen. Geprüft wird in Mathematik und Deutsch, in den oberen
Klassen auch in den Fremdsprachen und in Natur und Technik.
Reine
Zeitverschwendung?
Kritisiert
werden die Tests in allen vier Kantonen von den Lehrkräften. In Basel-Stadt
haben sie das Erziehungsdepartement gemeinsam aufgefordert, alle Tests
abzuschaffen. Der VPOD Region Basel hat die Schulchecks scharf verurteilt. «Die
Checks sind Zeitverschwendung und bringen keinerlei neue Erkenntnisse, denn
letztlich bestätigen sie nur das, was man bereits weiss», schrieb der VPOD
einst in einer Medienmitteilung. Verteidigt werden sie in allen Kantonen von
Wirtschaft und Gewerbe. Insbesondere in den Sekundarschulen ermöglichten sie
einen nützlichen Vergleich zwischen den individuellen Ergebnissen und den
Anforderungsprofilen von Lehrstellen, unabhängig von Schulklasse, Leistungszug,
Lehrkraft und Kanton. Fachleute aus dem Gewerbe erklären sogar, die Schulchecks
könnten die privatwirtschaftlich durchgeführten Basic- und Multi-Checks
ersetzen.
In
allen vier Kantonen ist inzwischen die Politik aktiv geworden. Im Kanton
Basel-Stadt sind zwei überwiesene Vorstösse hängig, welche darauf abzielen, die
Checks ersatzlos zu streichen. In Baselland ist ein überwiesenes Postulat
unbeantwortet, das eine Reduktion der Checks anpeilt. Ausserdem verlangt eine
noch nicht behandelte Motion die Abschaffung des letzten Checks vor
Schulaustritt. Im Kanton Solothurn wurde ein Auftrag überwiesen, der weniger
Überprüfungen, Tests und Checks durchsetzen will. Im Aargau schliesslich drang
eine Koalition von Grossräten aller Parteien mit dem Anliegen nicht durch, den
Check vor Schulaustritt zu streichen; die Motionäre waren nicht dazu bereit,
den Vorstoss in einen reinen Prüfungsauftrag umzuwandeln.
Auffallend
ist dabei, dass die Regierungen in ihrer Verteidigungsstrategie stets auf den
Bildungsraum Nordwestschweiz verweisen und den Nutzen im vierkantonalen
Regierungsausschuss zuerst gemeinsam beurteilen wollen. «Dass verschiedene
Arbeitsgruppen ein neu eingeführtes Instrument erst kennenlernen und den Nutzen
erfahren müssen, ist ein normaler und erwarteter Entwicklungsprozess», schreibt
etwa das Aargauer Bildungsdepartement von Alex Hürzeler. Auch die Baselbieter
Bildungsdirektorin Monica Gschwind verweist auf den «Entwicklungsprozess», der
Zeit brauche.
An
den Lehrplan 21 gebunden
Am
deutlichsten ist das Erziehungsdepartement von Conradin Cramer in Basel-Stadt.
Eine objektive Leistungseinschätzung sei unseriös, wenn die Leistungen nicht,
wie in den Checks, unabhängig von Lehrer und Klasse erhoben würden. «An diese
neue Perspektive müssen sich die Lehrpersonen erst gewöhnen.» Volle Wirkung
würden die Checks ohnehin erst entfalten, wenn wirklich nach dem Lehrplan 21
und den geforderten Kompetenzen unterrichtet werde. Und der Solothurner
Bildungsdirektor Remo Ankli meint, die Schulen müssten wissen, wo die
Schülerinnen und Schüler nach elf Jahren Volksschulbildung stehen. Die Checks
seien für die Volksschule ein wichtiges Instrument zur Qualitätsentwicklung.
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