6. September 2018

Alarmierende Details zu den Zuständen an Basels Schulen

Ein aktueller Bericht der grossrätlichen Petitionskommission zeichnet ein ungutes Bild der Situation an den Schulen in Basel-Stadt. Für diesen hat die Kommission nebst Vertretern des Erziehungsdepartements (ED) auch den Präsidenten der Freiwilligen Schulsynode (FSS), Jean-Michel Héritier, sowie dessen Stellvertreterin, Marianne Schwegler, befragt. Was die beiden Lehrpersonen berichten, ist alarmierend. Behinderte Kinder, etwa mit einer Trisomie 21, seien vergleichsweise wenig aufwendig zu betreuen. Am anstrengendsten seien Schüler mit Verhaltensauffälligkeiten. «Es ist ein gesellschaftlicher Trend, dass zunehmend Kinder eingeschult werden, die nicht schulbereit sind», sagt Héritier zur BaZ. Er meint damit, dass grundsätzliche Fähigkeiten des Zusammenlebens fehlen – etwa Teamfähigkeit oder die Bereitschaft, Anweisungen zu befolgen. «Kinder blockieren, machen nichts und stören den Unterricht massiv.»
Die "Normalen" gehen unter, Basler Zeitung, 6.9. von Nina Jeker


Die Gründe für diese Entwicklung seien vielfältig. Héritier nennt die «digitale Demenz» – Kinder würden vor Bildschirmen geparkt anstatt, idealerweise zusammen mit anderen Kindern, sinnvoll beschäftigt. Oft seien die Probleme bei Kindern aus bildungsfernen Familien besonders gross. «Und Basel hat je nach Quartier halt eine sehr hohe Quote an Sozialhilfeempfängern. Viele Schüler kommen aus zerrütteten Familien.» Auch traumatisierte Kinder, etwa aus Heimen, würden häufig in der Regelschule unterrichtet.
Konzentration auf Problemfälle
Etwa ein Fünftel aller Schüler sei vom Verhalten her sehr anspruchsvoll, schätzt Héritier. Dazu kommen Fremdsprachige, Lernverzögerte und andere, die besondere Aufmerksamkeit bräuchten. Und mittendrin sollen eben auch behinderte und stark entwicklungsverzögerte Kinder adäquat unterrichtet werden. Für sie bekommen die Lehrer zwar Ressourcen, das heisst beispielsweise, dass ein Heilpädagoge einzelne Stunden in der Klasse verbringt, um das Kind mit Förderanspruch zu betreuen. Während die sogenannten Integrationsklassen mit mehreren behinderten Schülern hier gut aufgestellt sind, mangelt es aber bei den Regelklassen, in denen ein bis zwei Kinder mit speziellem Bedarf sitzen, vielerorts an der nötigen Unterstützung. «Da kommt dann vielleicht zwei Stunden ein Heilpädagoge. Den Rest der Woche bin ich als Lehrer ohne entsprechende Ausbildung aber mit dem behinderten Kind und der Klasse allein», sagt Héritier.
Dass das ED nach aussen hin «oft so tue», als wären die grössten Hindernisse aus dem Weg geräumt und als werde jedes Kind in der Regelklasse optimal gefördert, ärgert viele Lehrer. Vor allem sorgt es auch für eine Anspruchshaltung seitens der Eltern. «Was das ED da kommuniziert, bildet nicht die Realität ab», sagt Héritier. Im Alltag sei es manchmal schwierig, den Eltern zu erklären, dass nicht immer alles gelinge wie gewünscht. Aufhorchen lässt besonders ein Satz, den Héritier und Schwegler im Bericht äussern: «Es ist zu befürchten, dass der Fokus auf die vielen Kinder mit speziellen Bedürfnissen denjenigen auf die ‹normalen› Kinder, die schulbereit sind und sich auch in einer Gruppe anständig verhalten können, verdeckt.» Im Schulalltag müsse man sich so sehr auf die vielen «Problemfälle» konzentrieren, dass der Rest manchmal zu kurz komme.
«Herausforderung des Berufs»
Die Lehrer sollen also einerseits Behinderte fördern und Verhaltensauffällige erziehen und andererseits die unauffälligen Schüler nicht vergessen. «Das ist ein Spannungsfeld, das viele krank macht», ist Héritier überzeugt. Dies zeige sich bei den Beratungen der FSS. Auch eine schweizweite Studie stellte fest, dass jede dritte Lehrperson in der Schweiz an einem Burn-out zu erkranken drohe. Héritier und seine Kolleginnen und Kollegen wollen die integrative Schule nicht abschaffen. «Aber es muss sich bei der Umsetzung vieles ändern.» Bereits im Mai hat die FSS 16 Punkte formuliert, wo sie Verbesserungen verlangt. «Seit zwei Jahren reden wir, und getan hat sich fast nichts», sagt Héritier. «Also es hat sich schon etwas getan. Aber vor allem in den Büros und noch nicht in den Klassenzimmern.» Die erste Forderung der Liste lautet denn auch: klarere und verkürzte Abläufe mit dem Ziel einer markanten Reduktion der involvierten Dienststellen. Und Nummer zwei: weniger Konzeptpapiere. Ausserdem verlangen die Lehrer unter anderem einen unkomplizierteren Zugang zu Ressourcen, die Wiedereinführung von Einführungsklassen für nicht schulbereite Kinder sowie Timeout-Angebote an jedem Schulhaus. Dass Störenfriede sofort aus der Klasse herausgenommen werden können, anstatt den Unterricht lahmzulegen.
Beim Erziehungsdepartement kennt man die Kritikpunkte der Lehrer. Dass fälschlicherweise kommuniziert werde, die Umsetzung der integrativen Schule sei abgeschlossen, weist Volksschulleiter Dieter Baur von sich. «Der strukturelle Prozess ist mehrheitlich umgesetzt. Die inhaltliche Umsetzung wird aber nie abgeschlossen sein, weil sich immer neue Herausforderungen ergeben.»

Baur, der 40 Jahre lang Seklehrer war, räumt zwar ein, dass es durch gesellschaftliche Veränderungen heute eventuell mehr verhaltensauffällige Kinder gibt. «Aber messbar ist dies erstens nicht. Und zweitens gab es schon immer die Gefahr, die Unauffälligen zu vernachlässigen. Das ist eine der Herausforderungen des Lehrerberufs.» Man probiere wirklich, die integrative Schule so gut wie möglich umzusetzen und bedarfsgerechte Lösungen zu finden. «Sehr oft gelingt uns das. Manchmal aber auch nicht.»

Im letzten Jahr sind 600 Anträge auf verstärkte Massnahmen beim ED eingegangen. Nur in drei Fällen rekurrierten die Eltern. Zwei Rekurse wurden zurückgezogen, einer abgewiesen. «So schlecht kann es also nicht laufen», sagt Baur. Konkrete Änderungen sind derzeit denn auch keine geplant. Die Verteilung der Ressourcen wolle man aber flexibler gestalten, damit die Lehrpersonen dann Zugriff auf Unterstützung haben, wenn sie diese benötigen. Es sei aber fast unmöglich, alle zufriedenzustellen, sagt Baur. «Jemandem ist ein Heilpädagoge zu wenig Unterstützung, andere beklagen sich, es seien zu viele Spezialisten im Schulzimmer.»


1 Kommentar:

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