11. September 2018

Kein neues System für den Solothurner Kindergarten

Der Eintritt in den Kindergarten ist ein grosser Schritt – für Kinder und Eltern. Die ganz Kleinen sollen deshalb möglichst sanft in die erste Stufe der Volksschule starten können. Davon sprachen am Dienstag alle Redner im Kantonsrat. Ob ein optimaler Einstieg mit dem jetzigen System allerdings möglich ist oder nicht, darüber wurde diskutiert. So fand etwa CVP-Kantonsrat Michael Ochsenbein (Luterbach), dass es eine neue Regelung braucht.
Weicher Einstieg bereits garantiert: Kantonsrat will keinen "provisorischen Chindsgi", Oltner Tagblatt, 5.9. von Noëlle Karpf


Dazu hatte er einen Auftrag eingereicht, mit welchem er einen «weichen Einstieg» in den Kindergarten forderte. Einerseits sollten Kinder den Kindergarten künftig in einer Probephase besuchen und – falls es nicht geht – wieder dispensiert werden können. Zudem sollten Kinder mit Schwierigkeiten mit einem angepassten Stundenplan starten können.

Bereits in seiner schriftlichen Antwort auf diesen Antrag hatte der Regierungsrat deutlich gemacht, dass er solch eine Neuregelung nicht für nötig hält. Eltern könnten ihre Kinder bereits heute – in Absprache mit der Schulleitung – erst ein Jahr später in den Chindsgi schicken. Nach Absprache liesse sich auch der Stundenplan anpassen. Einen «weichen Einstieg» gibt es laut Regierungsrat also bereits.

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Kein «Wunschkonzert»
Mit dieser Erklärung gab sich Ochsenbein am Dienstag aber nicht zufrieden. So stünden viele Eltern vor einem «Alles-oder-nichts»-Entscheid, so der Luterbacher: Entweder das Kind in den Kindergarten schicken oder bereits vor Eintritt ein Jahr zurückstellen. Eltern, die verunsichert seien, behielten ihre Kinder oft lieber ein Jahr länger zu Hause.

Auch die Eltern von Kindern, bei denen dies gar nicht nötig gewesen wäre. Diese seien ein Jahr später dafür eigentlich schon «zu alt» für den Eintritt. Eine Probephase würde dieses Problem lösen, so Ochsenbein.

Die Mehrheit der Kantonsräte sah aber gar kein Problem in der ganzen Sache.
Sachkommissionssprecher Mathias Stricker (SP, Bettlach) sprach ebenfalls von einem bereits gegebenen weichen Einstieg. Die Fraktionssprecher von Grünen, FDP, SP und SVP schlossen sich dieser Meinung an. Laut Marianne Wyss (SP, Trimbach) sollten Eltern ein gewisses Mitspracherecht haben – «das soll aber nicht zu einem Wunschkonzert ausarten».

Jedes 10. Kind zurückgestellt
Zu mehr Rückstellungen kommt es aber tatsächlich: Mit der Harmonisierung der Volksschule 2012, seit welcher der Kindergarten zur ersten Schulstufe gehört, wurde auch der Stichtag zur Einschulung von Ende April auf Ende Juli verschoben. Die jüngsten Kinder im Kindergartenalter sind seither knapp vierjährig, die Ältesten fünf. Seither wird jedes zehnte Kind im Kanton ein Jahr später eingeschult.

Viele der erst Vierjährigen seien einfach noch nicht reif, wenn sie mit dem Kindergarten starten, so Marie-Theres Widmer (CVP, Steinhof). Sie stellte die Frage, ob es nicht besser wäre, den Stichtag wieder auf den 30. April zurückzusetzen. Und sprach sich dafür aus, dass eine Rückstellung im Kindergarten noch nicht als Repetition gilt. Ein Kind darf in der Volksschule nämlich nur einmal repetieren und erhält dann, wenn es immer noch nicht reicht, individuelle Lernziele. Wovor einige Eltern Angst hätten und sich deshalb schon vor Kindergartenbeginn für eine Rückstellung entschieden, die nicht als Repetition gilt, so Widmer.

In Derendingen können Kindergartenkinder bereits heute repetieren, ohne, dass sich das auf die ganze Schulzeit auswirkt. Die Wasserämter Schulleiterkonferenz hat dort nämlich den provisorischen Kindergarten beschlossen. Wenn auch nicht vom Volksschulamt abgesegnet. Dabei könne man mit solch einer kleinen Anpassung allen helfen, so Gemeindepräsident und FDP-Kantonsrat Kuno Tschumi. «Ohne einen grossen Zirkus zu veranstalten.»

Aus regionalen Einzelfällen solle man aber auch kein generelles Problem machen, fand dann der zuständige Regierungsrat Remo Ankli. Für lokale Probleme brauche es keine kantonale Regelung. Ein Kindergarten auf Probe würde die Organisation einer Schule nicht vereinfachen. Ein weicher Einstieg sei heute schon möglich – es brauche also kein neues System. Dazu kam es auch nicht. Ochsenbeins Auftrag wurde mit 69 Nein- zu 24 Ja-Stimmen abgelehnt.


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