14. August 2018

"Stupides Auswendiglernen ist nicht mehr gefragt"

An manchen Schulen ist das Handy heute für Prüfungen erlaubt. Denn reines Faktenwissen wird nicht mehr abgefragt.

„Ein Sechstklässler ohne Handy ist ein Exot“, Blick am Abend, 13.8. von Christiane Binder


Smartphones stören den Unterricht, machen dumm und unsozial – die Gegner von Smartphones haben starke Argumente. Ein generelles Handyverbot wie in Frankreich sei aber an Schweizer Schulen undenkbar, erklärt Beat W. Zemp (63), Zentralpräsident vom Dachverband der Lehrerinnen und Lehrer Schweiz. In der Schweiz gehört Bildung zur Kantonshoheit. Ob das Handy nur in der Pause benutzt werden darf, wann es stumm im Rucksack zu bleiben hat – all das bestimmt zuallererst der Lehrer. Die zweite Instanz ist die Schulleitung. An dritter Stelle folgt der Kanton. Grundsätzlich gilt in der Schweiz aber noch: In den ersten beiden Klassen ist das Smartphone an der Schule kein Thema. «Kinder in diesem Alter brauchen das nicht», sagt Zemp.

Das ändert sich mit zunehmendem Alter. Die Nutzer werden immer jünger – und immer mehr. Mit 13 Jahren hat praktisch jedes Kind ein Handy, auch in der Schweiz.

«De facto ist ein Sechstklässler ohne Handy ein Exot», sagt Zemp. Das Handy sei heute ein Teil der Persönlichkeit, sagt Stefan Schneider (54), Rektor an der Thurgauer Kantonsschule Romanshorn. Die Schulen setzen das Handy denn auch gezielt für den Unterricht ein. «Die Beherrschung von WLAN, Tablet und Smartphone gehört heute dazu wie Lesen und Schreiben», erklärt Beat W. Zemp. Von der Mittelstufe an eröffnet das Handy die Chance einer neuen Art des Lernens und Unterrichtens. Mal müssen die Schüler Handy-Fotos von den Notizen auf der Wandtafel machen und diese in ihre Materialien kopieren, mal brauchen sie es für Fotoprojekte oder das Lernen von Vokabeln.

An Stefan Schneiders Schule ist es manchmal sogar in Prüfungen erlaubt – weil es den Schülern gar nichts nützt. Stupides Auswendiglernen (Welches ist der längste Fluss Afrikas?) ist nicht mehr gefragt, stattdessen müssen die Schüler Vorgänge analysieren respektive interpretieren.


Flankierend ist das Modul «Medien und Informatik» im Lehrplan 21 zum neuen Schuljahr fast flächendeckend umgesetzt. In diesem Rahmen lernen die Schüler etwa, was passiert, wenn sie Bilder von sich ins Internet stellen beziehungsweise, was es mit Fake News auf sich hat. 

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