4. August 2018

Kommentar zur Botschaft der Bündner Lehrplan-Initiativen

Das Bündner Komitee, welches den Lehrplan 21 demokratisch stärker legitimieren will, nimmt Stellung zur entsprechenden Botschaft der Bündner Regierung.
Kommentare zu den Inhalten der Botschaft der Regierung zur Doppelinitiative „Gute Schule Graubünden“, 4.8.



VERFASSUNGSINITIATIVE 
„Je wichtiger ein Entscheid, umso stärker muss die demokratische Legitimation sein und umso geringer ist das zeitliche Element zu gewichten. Die Mitwirkung der Stimmberechtigten über das obligatorische oder fakultative Referendum soll jedoch auf Geschäfte mit einer gewissen Wichtigkeit beschränkt sein.“ Botschaft Heft Nr.1 2018/19, Seite 8 
Kommentar: Wie wichtig ist die Volksschule für eine Demokratie? Durch die Schulpflicht ist jeder Bürger höchst persönlich betroffen! 

„Ein generelles fakultatives Referendum gegen Beschlüsse des Grossen Rates sieht die Kantonsverfassung nicht vor.“ Botschaft Heft Nr.1 2018/19, Seite 8 

Kommentar: Es ist kein Muss sondern es gibt die Möglichkeit, in einer Sache das Referendum zu ergreifen, ohne die Verfassung wieder ändern zu müssen. Dies schafft Flexibilität und kann helfen, auf neue Entwicklungen angemessen und zeitnah zu reagieren. Unsere Verfassungsinitiative betont: Wichtige, grundsätzliche Fragen der Bildung. 

„Die Formulierung «wichtige, grundsätzliche Fragen der Bildung» lässt neben den Lehrplänen auch Raum für weitere Bereiche. Aus heutiger Sicht dürften aber die allermeisten «wichtigen, grundsätzlichen Fragen der Bildung» im Schulgesetz geregelt sein.“ 

Kommentar: In die Zukunft gedacht, öffnet diese Änderung die Verfassung Richtung Mitbestimmung des Volkes. Nur mit dieser Verfassungsänderung kann, laut Einschätzung regierungsnaher Juristen, bei Lehrplänen ein fakultatives Referendum eingeführt werden, was unser Hauptanliegen ist. Es gibt keine Vorgabe in der Bundesverfassung, die besagt, dass jedes Referendumsrecht einen entsprechenden Artikel in der Verfassung haben muss. Uns hätte eine Gesetzesänderung genügt.


INITIATIVEN IN DEN ANDEREN KANTONEN 

„Bis jetzt wurden in acht Kantonen (Thurgau, St. Gallen, Appenzell Innerrhoden, Schaffhausen, Aargau, Solothurn, Bern und Zürich) Volksabstimmungen über Initiativen gegen den Lehrplan 21 durchgeführt. Dabei wurden die Initiativen durchwegs, zum Teil sehr deutlich, abgelehnt.“ 

Kommentar: Noch nie war eine Regierungsverordnung in so vielen Kantonen durch auffallend unterschiedliche Initiativkomitees, die beim besten Willen weder einer bestimmten Partei noch einer „Verschwörung“ zugeordnet werden können, per Initiative vors Volk gebracht worden. Solche basisdemokratischen Bewegungen gehören ernstgenommen und gewürdigt. Dass schon jetzt in so vielen Kantonen 1/4 bis 1/3 der Bürger mit diesem Systemwechsel nicht einverstanden sind, wäre Grund genug, die Sache sorgfältig zu prüfen. Dazu kommt, dass der Systemwechsel nach wie vor verschwiegen wird. Warum? Weil man weiss, dass der Protest wesentlich grösser wäre. 

„Das vorliegende Initiativbegehren formuliert praktisch dieselben Anliegen, wie sie bereits im oben erwähnten Fraktionsauftrag der SVP (...) formuliert, in der Aprilsession 2015 vom Grossen Rat mit 83 zu 24 Stimmen aber klar abgelehnt wurde.» 

Kommentar: Damit wird nur suggeriert, dass die Frage eigentlich schon zu Ungunsten der Initiative geklärt sei. In Anbetracht dessen, dass wenige über den Systemwechsel in seiner ganzen Dimension informiert sind, ist die Kritik jetzt schon sehr gross und wächst zunehmend. 

„In der Schweiz wurde bis anhin noch nie ein Lehrplan von einem kantonalen Parlament erlassen (….)“ S. 12 

Kommentar: Unser Initiativtext ändert daran nichts. 

„Vorläufer dieser Volksinitiativen bildeten diverse parlamentarische Vorstösse zu demselben Anliegen. In den Kantonen Luzern, Nidwalden, Schaffhausen, Solothurn, St. Gallen, Thurgau, Uri, Zug und Zürich wurden entsprechende Vorstösse, Lehrpläne auf parlamentarischer Ebene zu verabschieden sowie Beschlüsse betreffend die Einführung des Lehrplan 21 zu verhindern, abgelehnt oder nicht überwiesen.“ 

Kommentar: Neu ist, dass ein interkantonaler Lehrplan von der EDK mittels Druckmittel der Harmonisierung verpflichtend eingeführt werden soll. Die Regierungen, verbunden mit der EDK, sind damit nicht mehr unabhängig entscheidungsfähig. Dass alle dieselbe Sache wollen, sagt nichts über deren Qualität aus.

LEHRPLAN 21, BEGRÜNDUNG UND ZWECK 

„Der Lehrplan 21 hat die Umsetzung der in Art. 62 BV statuierten Harmonisierung der Bildungsziele der Volksschule zum Ziel.“ S. 27 

Kommentar: Der Auftrag im Artikel 62 BV ist nicht, ein neues Bildungssystem zu schaffen. Dem hat niemand zugestimmt. Es war von einer Anpassung der Lehrpläne die Rede, um die Mobilität zu erleichtern. Von einem neuen Lehrplan war nie die Rede. Dies ist nicht Auftrag des Artikel 62. Es bestand weder Handlungsbedarf, noch ein Volksauftrag, das bestehende und bewährte Volksschulsystem zu ersetzen. Die Harmonisierung des bestehenden Systems wäre mit weniger finanziellem und arbeitsmässigem Aufwand gut möglich gewesen. 80 Prozent Übereinstimmung war schon da. Unsere Volksschule ist flexibel genug, um neuen Anforderungen der Gesellschaft oder der Wissenschaft durch Anpassungen gerecht zu werden. 

„Mit der Einführung des Lehrplan 21 GR, gegen den sich die Volksinitiative im Kern richtet, werden die Bildungsinhalte im Sinne von Art. 62 BV angemessen koordiniert und harmonisiert.“ 

Kommentar: Unsere Initiative richtet sich gegen die seit 20 Jahren schleichend fortschreitende Fehlentwicklung im Bildungswesen. Der Lehrplan 21 ist Teil diese Fehlentwicklung, sie soll damit zementieren werden. 

„Bei der Erarbeitung der Lehrpläne geht es vorwiegend darum, die Bildungsinhalte sorgfältig auszuwählen und die Anschlussfähigkeit an weiterführende Bildungs- und Berufsinstitutionen zu gewährleisten.“ 

Kommentar: Die Kompetenzen zeichnen sich gerade dadurch aus, dass sie von Inhalten unabhängig sind. Bildungsinhalte sind mehr als die neu angewandten Kompetenzhülsen. Darum ist es sehr fraglich, ob die 3 Anschlüsse mit dem neuen System immer noch gewährleistet sind. Zudem hat die schon länger praktizierte Lerntheorie, die im LP 21 favorisiert wird, zu einem Bildungsabbau geführt, den alle Lehrmeister beklagen! 

„Wie bereits ausgeführt, stellen Lehrpläne Rahmenbestimmungen dar, die den Lehrpersonen wie auch den zuständigen Schulbehörden einen erheblichen Beurteilungs- und Ermessensspielraum belassen. Lehrpläne sollen einerseits für Lehrerinnen und Lehrer den für einen motivierenden Unterricht benötigten Freiraum bieten und andererseits den Schulen eine gewisse Verlässlichkeit und Sicherheit garantieren.“ 

Kommentar: Wer garantiert den Eltern Verlässlichkeit und Sicherheit, wenn in einem Lehrplan die Inhalte zufällig sind? 


LEHRPLAN 21, EINFÜHRUNG 

„Die D-EDK hat am 31. Oktober 2014 die endgültige, mehrere hundert Seiten umfassende Fassung des Lehrplans 21 für die Einführung in den Kantonen freigegeben. Der Lehrplan 21 ist für die Kantone nicht unmittelbar verbindlich.“ 

Kommentar: Die Kantonshoheit über die Schulen ist geltendes Recht. 

„Im Kanton Graubünden hat die Regierung am 15. März 2016 die Einführung des Lehrplan 21 auf das Schuljahr 2018 / 19 (Kindergarten, Primarstufe und ersten beiden Klassen der Sekundarstufe I)“ (.....) beschlossen. 

Kommentar: Unsere erste Initiative haben wir am 1. Oktober 2015 lanciert! Es war damit klar, dass eine Volksinitiative kommt. Man hätte also den Ausgang der Volksabstimmung abwarten müssen. Stattdessen hat man versucht, die Initiative für ungültig und die Initianten für „unbedarft“ zu erklären und hat den Lehrplan 21 schnell verordnet. Es stellt sich die Frage des rechtlichen Schutzes für aktive Bürger, die eine Initiative ergreifen. In Anbetracht der Tatsache, dass die Stimmbürger schon mit der Ablehnung des Harmos-Konkordats ihren Willen gegen die Unterordnung unter die Vorgaben der D-EDK zum Ausdruck gebracht haben, ist dieses Vorgehen undemokratisch. 

„Praktische Bedeutung wird dieser Übergangsregelung wohl keine zukommen, da im Zeitpunkt einer allfälligen Annahme der Initiative der Lehrplan 21 GR bereits teilweise per 1. August 2018 in Kraft getreten ist, zumindest aber vollständig zur Einführung beschlossen wurde.“ 

Kommentar: Dieser Tatbestand der Rückwirkung wurde bewusst herbeigeführt und damit der Wille der Bevölkerung, eine Abstimmung herbeizuführen, bewusst übergangen. 

„… stellte der Versand der Abstimmungsunterlagen mit mehreren hundert Seiten aufgrund des Drucks und des Spezialversandes eine logistische Herausforderung dar, die zudem mit hohen Zusatzkosten verbunden wäre. Im Falle einer Volksabstimmung über den Lehrplan 21 umfasst alleine der Lehrplan mehrere hundert Seiten.“ 

Kommentar: In einer Demokratie müssen die Abstimmungsvorlagen sachlich und nicht manipulativ erläutert werden, so dass die Bürger sich eine Meinung bilden können, ohne das ganze Gesetz, die ganze Vorlage oder den ganzen Lehrplan lesen zu müssen. Die Frage im Zusammenhang mit dem LP 21 lautet ganz einfach: Wollen Sie die bestehende Volksschule durch ein völlig neues System ersetzen?

GESETZESÄNDERUNG, INHALTE 

4.3.3. Satz 2 „Der zweite Satz von Art. 103, Abs. 1, Schulgesetz regelt, dass seit der Annahme der Initiative eingeführte Lehrpläne innerhalb von zwei Jahren gemäss Art. 29, Abs. 1, Satz 2, 3 und 4, anzupassen oder neu zu erlassen seien.“ Seite 24 

„Sie (Die Lehrpläne nach der Abstimmung) müssten inhaltlich angepasst werden. Hierzu gehören etwa die verbindliche Regelung der grundlegenden Inhalte und Ziele des Unterrichts in den einzelnen Fächern und die Jahresziele der einzelnen Klassen. Es ist fraglich, ob die Kompetenzstufenregelung des Lehrplan 21 GR mit den Vorgaben in Artikel 29 Abs.11 (neu) Schulgesetz kompatibel ist resp. ob die Fortführung des Unterrichts nach den Grundsätzen des Lehrplan 21 GR möglich wäre.“ Seite 25 

Kommentar: Es kann doch nicht sein, dass ein Lehrplan so im Widerspruch zu inhaltlichem Lernen steht. Wenn dem so ist, bricht dieser Lehrplan mit der Tatsache, dass es das natürlichste auf der Welt ist, dass die ältere Generation der jüngeren ihre Traditionen, ihre kulturellen Errungenschaften und Gepflogenheiten weitergibt. Es kann doch nicht dem Zufall überlassen werden, was unsere Jugend in der Schule lernt, weil nur noch die Fertigkeiten zählen. Die Inhalte werden damit willkürlich von jedem Lehrer gewählt. Weil dies jedoch sehr aufwändig wäre, werden die Lehrer von den Lehrmitteln abhängig, in denen die globalen Konzerne bestimmen, was Inhalte sind. Zukünftig müssen sich die Schulorte/Teams in Thema und Ablauf (Jahresplanung) absprechen. Daraus entsteht ein Wildwuchs im Kanton, was wiederum dem Gedanken der gewünschten Harmonisierung widerspricht. Wenn Jahresziele definiert werden, dann ist die Einheit der Materie zumindest auf Papier wieder hergestellt und bringt Ruhe in den Schulalltag. Die Initiativen sind also keine LP21-Bremsen, sondern geben dem Kanton zukünftig die Möglichkeit, bei Bildungsfragen unabhängig zu entscheiden. Zurzeit wird ja alles von der EDK (OECD) übernommen. Um hier korrigierend eingreifen zu können, bieten die Initiativen Hand.

ÜBERPRÜFUNG DURCH DEN GROSSEN RAT 

„In allen 21 deutsch- und mehrsprachigen Kantonen ist ein Exekutivorgan (Kantonsregierung, zuständiges Departement oder ein auf Bildungsfragen spezialisiertes Gremium) für den Erlass der Lehrpläne zuständig.“ „Im Kanton Graubünden erlässt die Regierung gestützt auf Art .29, Abs. 1, Schulgesetz die Lehrpläne für die Stufen der Volksschule.“ 

Kommentar: In unserer Initiative ist klar festgehalten: „Die Regierung bestimmt die Pflicht-, Wahl- und Wahlpflichtfächer und erstellt den Lehrplan für die Volksschule.“ Der neue Lehrplan ist aber kein Produkt der Regierung GR. Der LP 21 bricht mit unserem Volksschulsystem. Er wurde durch eine interkantonale Arbeitsgruppe erstellt und international von der OECD beeinflusst. Vor solchen Einflüssen muss die Bevölkerung sich schützen können. 

«Eine Debatte des Grossen Rates über die Inhalte des Lehrplans wäre demnach nicht stufengerecht. Es bestünde die Gefahr, dass ein solches Grundlagenwerk zum Spielball punktueller politischer Interessen und Befindlichkeiten einzelner Gruppierungen würde. Die bisherigen Regelungen gewährleisten, dass Lehrpläne weiterhin breit abgestützt von Fachpersonen erarbeitet und vom verantwortlichen Exekutivorgan erlassen werden können.» 

Kommentar: Nicht vor den Grossräten muss man den LP schützen, sondern vor den Zugriffen ideologischer Art. Über die interkantonale Arbeitsgruppe wurde die Schule auf globalwirtschaftliche Interessen ausge- 5 richtet. Diese stehen aber oft im Widerspruch zu einer demokratischen Ausrichtung: möglichst gute Bildung in den Kulturtechniken für möglichst alle Kinder. Das Grundlagenwerk LP 21 ist von fremden Vögten erarbeitet und war Spielball verschiedener Interessen (OECD). Gerade darum bedarf er dringend einer Prüfung. Dies soll der Grosse Rat übernehmen. Es soll insbesondere geprüft werden: 
- Sind die Ziele frei von Ideologien? 
- Ist der Lehrplan an unseren demokratischen und ethischen Grundlagen orientiert? 
- Hat sich die neue Auffassung vom Lernen bewährt? Wann? Wo? 

„Eine Änderung der bisherigen Kompetenzverordnung wäre mit schwerwiegenden Nachteilen verbunden.“ 

Kommentar: Worin und für wen entsteht in einer direkten Demokratie ein Nachteil, wenn das Volk in Sache Volksschule mitentscheidet? Immerhin haben wir eine Schulpflicht, und damit das Recht zu wissen, womit wir es zu tun haben. 

„In der Schweiz wurde bis anhin noch nie ein Lehrplan auf Gesetzesstufe erlassen, sondern stets von den zuständigen Fachpersonen breit abgestützt erarbeitet und von den jeweils zuständigen Exekutivorganen beschlossen und in Kraft gesetzt“ 

Kommentar: Dass es immer so war, ist kein Argument gegen eine Neuerung. Unsere Initiative lässt dies stehen und möchte lediglich eine Absicherung dieser Entscheide durch die Genehmigung des Grossen Rates. Warum so strikte gegen mehr Mitsprache, die in der Demokratie Grundlage politischer Prozesse ist? 

„Bedürfte der Lehrplan einer Genehmigung durch den Grossen Rat, erhielte er in gewisser Hinsicht rechtsetzenden Charakter, insbesondere durch die Verbindung mit der Möglichkeit, ein Referendum gegen diese Genehmigung zu ergreifen.“ 

Kommentar: Was spricht dagegen? 

„Eine solch spezifische, nicht direkt die Rechtsstellung von Einzelnen betreffende Materie wird allerdings sinnvollerweise auf Regierungsstufe geregelt. Nur so kann garantiert werden, dass ein auf spezialisiertem Fachwissen basierendes, in sich geschlossenes Werk entsteht, das für die Benutzerinnen und Benutzer einen hilfreichen Rahmen für die einzelnen Lerninhalte bildet.“ 

Kommentar: Hier wird von einzelnen Lerninhalten gesprochen. Unsere Initiative, die genau dies möchte, sei aber mit dem LP 21 nicht vereinbar? Absicht? Ein Versehen? 

„Zudem würde die Möglichkeit erschwert, Lehrpläne zeitnah und kostengünstig unter Einbezug von in der Praxis stehenden Lehrpersonen zu revidieren. Diese Flexibilität ist wichtig, da Lehrpläne unter einem relativ starken Einfluss von gesellschaftlichen Veränderungen und Entwicklungen stehen und daher regelmässig und innert angemessener Frist durch Fachpersonen den veränderten Verhältnissen angepasst werden müssen.“ 

„Bei einer Kompetenzverlagerung an den Grossen Rat könnte ein solcher Prozess aufgrund des Volumens des Lehrplans kaum zeitgerecht durchgeführt und verabschiedet werden.“ 

„Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass gegen den Beschluss des Grossen Rates jeweils ein Referendum ergriffen werden könnte.“ 

Kommentar: Es geht nicht um Kompetenzverlagerung, es geht um demokratische Absicherung, und dies in einer so wichtigen Frage wie die Volksschule. Eine Volksschule muss in erster Linie einer soliden Grund- 6 bildung aller Schüler dienen und sich nicht zum Zudiener globaler Wirtschaftsinteressen machen. Sorgfältiges Prüfen und Handeln ist gefragt, kein zeitgeistiges Mitläufertum.

DER LEHRPLAN ALS AUSREICHENDE GRUNDLAGE FÜR DIE EINZELNEN FÄCHER 

„… für die Bestimmung der einzelnen obligatorischen Unterrichtsfächer beziehungsweise deren Ausgestaltung bildet dagegen der öffentlich zugängliche Lehrplan eine ausreichende Grundlage.“ 

Kommentar: Weder den einzelnen Fächern noch deren Ausgestaltung wird im LP 21 Rechnung getragen (Fächergruppen und Kompetenzen statt Inhalte). Der Lehrplan erfüllt diesen Gesetzesauftrag also nicht. Darum muss das Schulgesetz ergänzt werden durch eine Formulierung, die Inhalte in einzelnen Klassen und Fächern wieder ermöglicht.

AUSLASSUNG IN DER ZUSAMMEFASSUNG UNSERES KOMMENTSARS ZUR INITIATIVE 

„Sie als Bürger sollen mitbestimmen können, ob Schule zu einem kontrollier- und steuerbaren Unternehmen verkommen soll oder ob wir unseren Kindern weiterhin eine gute, solide Bildung vermitteln wollen.“ 

Kommentar: Die globalwirtschaftliche Ausrichtung, gesteuert von der OECD, ist der wirkliche Grund für das neue System Es geht nicht um eine bessere Volksschule für die Kinder in unseren Kantonen! Für uns ist dies der wichtigste Satz!

KERNSATZ, DER BESTÄTIGT DASS ES IM LEHRPLAN KEINE INHALTE GIBT 

«Es ist fraglich, ob die Kompetenzstufenregelung des Lehrplan 21 GR mit den Vorgaben in Art. 29, Abs. 1 (neu) Schulgesetz kompatibel ist resp. ob die Fortführung des Unterrichts nach den Grundsätzen des Lehrplan 21 GR möglich wäre. Es ist davon auszugehen, dass im Falle der Genehmigung des im Sinne von Art. 10.3, Abs.1, Satz 2, angepassten Lehrplans, der bis dahin bestehende Lehrplan 21 GR nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wird.“ 

Kommentar: Damit ist bestätigt, dass im LP 21 definitiv keine Inhalte formuliert werden sollen. Es ist also nicht mehr klar, was die Kinder in der Schule lernen. Kompetenzen sind leere Hülsen. Bildung aber besteht aus Inhalten, aus gemeinsam durchdachten Sachverhalten. Diese werden im Rahmen einer Klassengemeinschaft vermittelt, die nicht zuletzt auch unentbehrliches Modell für unser demokratisches Zusammenleben ist. 

„Heutige Lehrpläne – und somit auch der Lehrplan 21 – legen verbindlich fest, was Schülerinnen und Schüler in jedem Fachbereich und in jeder Schulstufe (Kindergarten, Primarschule, Sekundarstufe I) zu einem bestimmten Zeitpunkt wissen und können müssen.“ 

Kommentar: Die Formulierung ist irreführend. Kompetenzen sind inhaltslose Hülsen, sie beschreiben oberflächliches Wissen und Können, haben aber nichts damit zu tun, dass ein Sachverhalt oder eine Kulturtechnik durchdrungen, erfasst und vertieft wird und damit auch wirklich kompetent angewendet  werden kann. Fachbereiche sind durch die Fächergruppen so weit ausgedehnt, dass es Zufall sein wird, welcher Teilfachbereich angeschaut wird. 

„Der gemeinsame Lehrplan soll primär sicherstellen, dass schweizweit die Ziele in allen Fachbereichen vergleichbar sind.“ 

Kommentar: Dies ist ohne gemeinsame Inhalte und fachliche Ziele gar nicht möglich! Lehrerteams legen zurzeit in mühseliger Kleinarbeit ausgesuchte Inhalte fest, damit die Eltern der Schülerschaft wissen, was die Kinder in der Schule lernen. Wer diese Arbeit nicht macht, ist von den Lehrmitteln abhängig. Diese neuerfundenen Lehrmittel sind ohne klare Struktur, ohne schrittweise Anleitung und bieten kaum die Möglichkeit zu üben. Was die Schüler mitnehmen sollen, bestimmen marktbeherrschende Buchverlage. 

„Zudem orientieren sie weitere Anspruchsgruppen, wie Schulbehörden, Schulleitungen, Schülerinnen und Schüler, deren Eltern sowie die abnehmenden Schulen der Sekundarstufe II und die Pädagogischen Hochschulen als Aus- und Weiterbildungsinstitutionen über die in der Volksschule zu erreichenden Ziele.“ 

Kommentar: Das bewusste Weglassen von Inhalten, zusammen mit dem überladenen Mass an Kompetenzen, verlangt vom Lehrer eine eigene Wahl, sowohl was Inhalte anbelangt als auch welche Kompetenzen er wählt. Da diese nicht alle angeeignet werden können, herrscht Wildwuchs; niemand weiss mehr, welche Schüler was lernen. Wie sollen da Ziele erfasst und Anschlüsse gewährleistet werden? 

„Es soll nicht nur Wissen – Inhalte bleiben weiterhin zentral – vermittelt, sondern dieses in verschiedenen konkreten Situationen angewendet werden können.“ 

Kommentar: Welche Inhalte? Jedem die seinen? 

„Diese zeitgemässe Orientierung an Wissen und Können in der Anwendung ist praxis- und lebensnah.“ 

Kommentar: Die bisherige Schulbildung in der Schweiz hat sich bewährt, ist praxis- und lebensnah. Das kommt immer wieder in den Berufsmeisterschaften zum Ausdruck und im Erfolg des dualen Bildungssystems, welches zurzeit grosse Beachtung im Ausland findet.

„Darüber hinaus bilden Lehrpläne die Grundlage für die Schaffung von Lehrmitteln, Test- und Diagnoseinstrumenten.“ 

Kommentar: Es werden nach einer falschen Theorie massenhaft teure Lehrmittel produziert und, weil keine Inhalte mehr vorgegeben sind, die Lehrer darauf beschränkt, diese Mittel zu benützen, was ihren Handlungsspielraum wesentlich einschränkt. Vielmehr wird demnächst von einem gut verdienenden Verlag bestimmt, was unsere Schüler in der kostbaren Schulzeit mitbekommen. Je mehr das Gewicht beim Test liegt, desto mehr Abhängigkeit besteht von den Grosskonzernen und ihren Vorgaben von Kompetenzen, die mit vertieftem Lernen nichts mehr zu tun haben. 

Wozu brauchen Lehrer Diagnoseinstrumente? Der Kompetenzbegriff beinhaltet, dass auch Motivation, Einsatz und Einstellungen der Schüler bewertet werden. Einstellungen reichen aber in den privaten und persönlichen Bereich des Schülers, der in der neutralen Volksschule geschützt werden muss! 

„Die bisherigen Lehrpläne des Kantons Graubünden stammen aus den Jahren 2002 (Kindergarten: Erziehungsplan), 1984 (Primarstufe) sowie 1993 (Sekundarstufe I) und werden nun durch den Lehrplan 21 GR abgelöst.“  

Kommentar: Das Alter einer Sache sagt nichts über deren Qualität aus. Unser Volksschulsystem wäre flexibel genug gewesen, sich Neuerungen wie der Digitalisierung und anderem sinnvoll anzupassen. 

„Daran beteiligt sind nicht nur die der «Interkantonalen Vereinbarung über die Harmonisierung der obligatorischen Schule» (HarmoS-Konkordat) beigetretenen Kantone, sondern auch die elf Kantone, die dem Konkordat nicht angehören (darunter der Kanton Graubünden), welche aber die von Art. 62, Abs. 4 BV geforderte Harmonisierungspflicht trotzdem zu erfüllen haben.“ 

Kommentar: Mit dem Nein zum Harmos hat die Bevölkerung gegen einen fremdbestimmten Lehrplan, gegen die Neuorientierung der Schule und vor allem gegen die Auflösung des selbständigen Kindergartens gestimmt. Alle diese Anliegen hat man übergangen, ohne zu informieren. Selbstverständlich hat niemand etwas dagegen, interkantonal zu harmonisieren. Aber das neue System kann das nicht. 

„Der Lehrplan 21 ist für die Kantone nicht unmittelbar verbindlich.“ 
„Die kantonale Hoheit über die Volksschule bleibt somit trotz der gemeinsamen Erarbeitung des Lehrplan 21 erhalten. Konkret auf den Lehrplan 21 bezogen bedeutet dies, dass jeder einzelne Kanton über die Einführung des Lehrplans entscheidet.“ 

Kommentar: Was uns die Gelegenheit gibt, die Sache in Ruhe zu Überdenken und die fragwürdige Entwicklung unserer Volksschule zu bremsen. Wir haben das Recht dazu. Umso stossender ist es, dass man diese Sache heimlich und leise ins Trockene bringen wollte.

KOSTEN DES LEHRPLANS 

Knapp 300 000 Franken für Entwicklungskostenbeteiligung. Sprachenlehrpläne rund 
800 000 Franken 

„… Verpflichtungskredit von 4,5 Mio. für sämtliche 2’650 Lehrpersonen, welche im Kanton Graubünden in der Volksschule unterrichten, obligatorische Weiterbildungen. Ein wesentlicher Teil dieser Einführungsveranstaltungen hat inzwischen stattgefunden.“

Kommentar: Kosten sind kein Argument, um die Qualität des Produktes zu betonen. All diese Kosten hat man bewusst in Kauf genommen, bevor die Bevölkerung etwas zu sagen hatte. Dieses Argument ist darum nicht richtig. Weshalb so viele Weiterbildungen, wenn sich doch, so wird argumentiert, nichts ändern wird? 

„Ändern die Lektionentafeln und Lehrpläne, muss auch der Einsatz der Lehrmittel wieder neu beurteilt werden.“ 

Kommentar: Unbedingt! 

„Die in den letzten Jahren entwickelten Lehrmittel sind auf den Lehrplan 21 abgestimmt. Allenfalls müssten also neue Lehrmittel eigens für den Kanton Graubünden entwickelt werden.“ 

Kommentar: Dazu bestand kein demokratischer Auftrag! Wenn man für einen Lehrplan Lehrmittel entwickelt, bevor über dessen Akzeptanz Gewissheit besteht, geht man bewusst ein Risiko ein. Oder man geht davon aus, dass ein solcher Lehrplan ohne Mitsprache der Bevölkerung durchgesetzt werden kann. 

„Zudem gilt zu beachten, dass der Kanton Lehrmittel neben Deutsch auch in Italienisch und Romanisch (Idiome und Rumantsch Grischun) zur Verfügung stellen muss. Die Kosten, welche eine separate Lehrplanerstellung einzig für den Kanton Graubünden auslösen würde, können zum heutigen Zeitpunkt allerdings nicht genauer beziffert werden.“

Kommentar: Es braucht keine neuen Lehrmittel. Man könnte auf Unterrichtsmaterial zurückgreifen, welches sich bewährt hat und in Ruhe und sorgfältig prüfen, wo neue Lehrmittel sinnvoll wären. Die Drohung mit den Kosten soll von der Sache ablenken! Die Sachdiskussion ist das Eine, die Kostenfrage das Andere. Materielle und immaterielle Kosten sind ausschliesslich durch die überhastete und der demokratischen Legitimation ausweichende Einführung des Lehrplan 21 erzeugt worden.


RECHSTSFRAGEN 

„Ausnahmsweise sind Verwaltungsverordnungen jedoch anfechtbar, wenn sie Aussenwirkungen entfalten und damit aus Sicht der Privaten einer gewöhnlichen Rechtsverordnung gleichkommen (Kiener / Rütsche / Kuhn(…).“ 

Kommentar: Frage der Einstellungen und Diagnosen? Diagnosen greifen den Schutz der Persönlichkeit an. Die Einflussnahme in die Familien ist gross, wenn man Bildung ungefragt ihrer Bedeutung entbindet. Negative Auswirkungen auf die Ausbildung der Kinder durch ungefragt eingeführte falsche Lerntheorien fallen jetzt schon auf. So etwas müsste man anfechten können. Die Eltern nehmen die Schulpflicht wahr und gehen davon aus, dass ihre Kinder wie gehabt unterrichtet werden, bis sie dann feststellen, dass ihre Kinder keinen vernünftigen Satz schreiben können. Kinder, die auf ihre Bedürfnisse fokussiert werden, lassen sich nicht mehr gerne anleiten. Damit wird der Einfluss der Familie auf das Lernen der Kinder geschwächt und es wird ein Keil in die Familien getrieben. Man müsste klären, wie weit man als Eltern Anspruch hat, dass Kinder Rechtschreibung lernen und entsprechend unterrichtet werden. Wenn man Kinder nicht so anleitet, dass sie schreiben, lesen und rechnen lernen, greift dies schwerwiegend in die Familien ein. 

Komitee Gute Schule Graubünden 
c/o M. Klesse 
Wingertweg 3 
7215 Fanas 
info@guteschule-gr.ch www.guteschule-gr.ch







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