Eigentlich
hat sich alles sehr erfreulich entwickelt mit dem kleinen Bub. Schon früh hatte
es sich abgezeichnet, dass er an einem Aufmerksamkeitsproblem leidet, und dass
der Schuleintritt für ihn zu einer besonderen Herausforderung werden könnte.
Als er im Sommer 2013 – ein Jahr später als üblich – in den Kindergarten kam,
stellte die Kindergärtnerin bei dem Knaben bald Defizite fest. Er war zwar
liebenswürdig und fantasievoll, aber auch unruhig und unkonzentriert und
brauchte viel Aufmerksamkeit.
Förderlehrerin ist nicht überflüssig, Tages Anzeiger, 30.7. von Daniel Schneebeli
Um die
Kindergärtnerin zu entlasten und um ihm zu helfen, erhielt der Knabe im zweiten
Kindergartenjahr Unterstützung von einer Heilpädagogin. Dennoch war Ende des
Jahres klar, dass der Junge den Übertritt in eine normale erste Klasse nicht
schaffen würde.
Nur in
der Handarbeit hapert es noch
So
entschieden Eltern, Lehrpersonen und Behörden gemeinsam, den Bub in eine
spezialisierte Tagesschule zu schicken. Dort kam er in eine Klasse mit sieben
Kindern, in der jeden Morgen eine zweite Lehrkraft tätig war. In dieser Schule
konnte sich der Knabe entfalten. In musischen Fächern und im Deutsch erbrachte
er gute bis sehr gute Leistungen, nur im Fach Handarbeiten haperte es und auch
bei schriftlichen Arbeiten. Da konnte es vorkommen, dass sich der Knabe unters
Pult verkroch, Bleistifte zerbrach und seine Mitschüler störte. Auch im
Klassenkreis konnte er kaum ruhig sitzen.
Doch
alles in allem waren die Lehrpersonen und die Eltern mit dem Knaben zufrieden.
Bei ihm waren zwar eine einfache ADHS-Störung und vereinzelt
Teilleistungsschwächen diagnostiziert worden, dennoch zeichnete sich nach zwei
Jahren ein möglicher Übertritt in eine normale Schulklasse ab.
Wegen
Fortschritten zurück in der Klasse
Ende Mai
2016 teilten die Eltern der Schulpflege mit, ihr Junge habe sehr grosse
Fortschritte gemacht und sie erachteten die Spezialausbildung in der
Sonderschule nicht mehr für nötig. Nur zwei Wochen später kam dann der
vermeintlich positive Bescheid: Der Knabe sollte die dritte Klasse in einer
Regelklasse mit 23 Kindern absolvieren, allerdings als Schüler mit integrierter
Sonderschulung. Bei diesem Modell wird der Schüler mit allen anderen Kindern
unterrichtet, hat aber das Anrecht auf eine Unterstützung durch eine
heilpädagogische geschulte zusätzliche Lehrperson.
Diese Art
der Schulung war bei dem Jungen aus Sicht von verschiedenen Fachleuten
angezeigt, da er in der Regelschule weniger individuelle Beziehungsmöglichkeit
zur Lehrerin haben konnte als in der Kleinklasse der Sonderschule, und weil ihn
die Reize einer Grossklasse überfordern könnten. Auch in einem
neuropsychologischen klinischen Gutachten wird geraten, dem Jungen weiter eine
intensivere Betreuung und unterstützende pädagogische Massnahmen zu gewähren,
etwa durch einen bevorzugten Platz mit freier Sicht auf die Lehrperson.
«Stigmatisierend,
demotivierend»
Doch mit
diesem Entscheid der Schulpflege waren die Eltern überhaupt nicht
einverstanden. Für sie war nicht ersichtlich, weshalb ihr Kind weiter als
Sonderschüler gelten sollte. Dies sei stigmatisierend, demotivierend und diene
nicht dem Kindswohl. Darum verlangten sie auf juristischem Weg die Aufhebung
des Sonderschulstatus bei ihrem Sohn. Für den Bezirksrat gab es dazu allerdings
keinen Anlass. Die Schulpflege habe alles richtig gemacht. Dieser Meinung schloss
sich nun auch die nächsthöhere Instanz, das Verwaltungsgericht an, wie am
Freitag bekannt wurde.
Weshalb
das Kindswohl beeinträchtigt werden soll, ist für das Gericht nicht
ersichtlich. Es sei sogar mutwillig und leichtsinnig, sich gegen die Empfehlungen
sämtlicher Gutachter und Fachleute zu stellen, rügt das Gericht die Eltern. Aus
diesem Grund ist das Verfahren für sie auch nicht kostenlos, was sonst üblich
ist in Fällen, wo es um eine mögliche Benachteiligung von behinderten Menschen
geht. Somit sind die Eltern nicht nur abgeblitzt, sie müssen auch die
Gerichtskosten von 2100 Franken übernehmen.
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