5. August 2018

Gericht stützt Sonderschulung

Eigentlich hat sich alles sehr erfreulich entwickelt mit dem kleinen Bub. Schon früh hatte es sich abgezeichnet, dass er an einem Aufmerksamkeitsproblem leidet, und dass der Schuleintritt für ihn zu einer besonderen Herausforderung werden könnte. Als er im Sommer 2013 – ein Jahr später als üblich – in den Kindergarten kam, stellte die Kindergärtnerin bei dem Knaben bald Defizite fest. Er war zwar liebenswürdig und fantasievoll, aber auch unruhig und unkonzentriert und brauchte viel Aufmerksamkeit. 
Förderlehrerin ist nicht überflüssig, Tages Anzeiger, 30.7. von Daniel Schneebeli


Um die Kindergärtnerin zu entlasten und um ihm zu helfen, erhielt der Knabe im zweiten Kindergartenjahr Unterstützung von einer Heilpädagogin. Dennoch war Ende des Jahres klar, dass der Junge den Übertritt in eine normale erste Klasse nicht schaffen würde.

Nur in der Handarbeit hapert es noch
So entschieden Eltern, Lehrpersonen und Behörden gemeinsam, den Bub in eine spezialisierte Tagesschule zu schicken. Dort kam er in eine Klasse mit sieben Kindern, in der jeden Morgen eine zweite Lehrkraft tätig war. In dieser Schule konnte sich der Knabe entfalten. In musischen Fächern und im Deutsch erbrachte er gute bis sehr gute Leistungen, nur im Fach Handarbeiten haperte es und auch bei schriftlichen Arbeiten. Da konnte es vorkommen, dass sich der Knabe unters Pult verkroch, Bleistifte zerbrach und seine Mitschüler störte. Auch im Klassenkreis konnte er kaum ruhig sitzen. 

Doch alles in allem waren die Lehrpersonen und die Eltern mit dem Knaben zufrieden. Bei ihm waren zwar eine einfache ADHS-Störung und vereinzelt Teilleistungsschwächen diagnostiziert worden, dennoch zeichnete sich nach zwei Jahren ein möglicher Übertritt in eine normale Schulklasse ab. 

Wegen Fortschritten zurück in der Klasse
Ende Mai 2016 teilten die Eltern der Schulpflege mit, ihr Junge habe sehr grosse Fortschritte gemacht und sie erachteten die Spezialausbildung in der Sonderschule nicht mehr für nötig. Nur zwei Wochen später kam dann der vermeintlich positive Bescheid: Der Knabe sollte die dritte Klasse in einer Regelklasse mit 23 Kindern absolvieren, allerdings als Schüler mit integrierter Sonderschulung. Bei diesem Modell wird der Schüler mit allen anderen Kindern unterrichtet, hat aber das Anrecht auf eine Unterstützung durch eine heilpädagogische geschulte zusätzliche Lehrperson.

Diese Art der Schulung war bei dem Jungen aus Sicht von verschiedenen Fachleuten angezeigt, da er in der Regelschule weniger individuelle Beziehungsmöglichkeit zur Lehrerin haben konnte als in der Kleinklasse der Sonderschule, und weil ihn die Reize einer Grossklasse überfordern könnten. Auch in einem neuropsychologischen klinischen Gutachten wird geraten, dem Jungen weiter eine intensivere Betreuung und unterstützende pädagogische Massnahmen zu gewähren, etwa durch einen bevorzugten Platz mit freier Sicht auf die Lehrperson.

«Stigmatisierend, demotivierend»
Doch mit diesem Entscheid der Schulpflege waren die Eltern überhaupt nicht einverstanden. Für sie war nicht ersichtlich, weshalb ihr Kind weiter als Sonderschüler gelten sollte. Dies sei stigmatisierend, demotivierend und diene nicht dem Kindswohl. Darum verlangten sie auf juristischem Weg die Aufhebung des Sonderschulstatus bei ihrem Sohn. Für den Bezirksrat gab es dazu allerdings keinen Anlass. Die Schulpflege habe alles richtig gemacht. Dieser Meinung schloss sich nun auch die nächsthöhere Instanz, das Verwaltungsgericht an, wie am Freitag bekannt wurde.

Weshalb das Kindswohl beeinträchtigt werden soll, ist für das Gericht nicht ersichtlich. Es sei sogar mutwillig und leichtsinnig, sich gegen die Empfehlungen sämtlicher Gutachter und Fachleute zu stellen, rügt das Gericht die Eltern. Aus diesem Grund ist das Verfahren für sie auch nicht kostenlos, was sonst üblich ist in Fällen, wo es um eine mögliche Benachteiligung von behinderten Menschen geht. Somit sind die Eltern nicht nur abgeblitzt, sie müssen auch die Gerichtskosten von 2100 Franken übernehmen.  


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