Neulich ist
am Fernsehen einmal mehr der Lehrplan 21 über den grünen Klee gelobt worden,
weil er, im Unterschied zum früheren Unterricht, sich nicht einfach auf
Wissensabruf beschränke, sondern auf die Fähigkeit ausgerichtet sei, Wissen
umzusetzen und anzuwenden. Ich wundere mich nicht nur, ich ärgere mich
darüber, wie heutige Erziehungswissenschafter und in ihrem Gefolge auch Bildungspolitiker
behaupten können, sie hätten nun etwas umwerfend Neues in der Pädagogik
eingeführt, was im Grunde schon seit zweihundert Jahren selbstverständlich zu
einer soliden Ausbildung gehört hat, nämlich das Gelernte in täglichen
Situationen nutzvoll anwenden zu können. Vorher aber muss man die Grundlagen
dafür erarbeiten, üben und dadurch festigen. Aber da sind nun oft dieselben
Kreise der Meinung, darauf käme es nicht so sehr an, man brauche ja nichts mehr
im Gedächtnis zu behalten, es lasse sich alles über die elektronischen Medien
abrufen. Wer erinnert sich schon noch an die fünf formalen Stufen des Lernens
nach Herbart, die einer seiner Schüler in folgenden Lernschritten benennt:
Vorbereitung mit Angabe des Ziels, Darbietung, Verknüpfung/ Vergleichung,
Zusammenfassung und Anwendung! Es versteht sich von selbst, dass diese
auseinander hervorgehenden Lernschritte ein hohes Mass an Führung durch die
Lehrperson erfordern. Aber auch das wird heute bestritten und durch
selbstorganisiertes Lernen ersetzt mit dem Ergebnis, dass am Ende der Schulzeit
die elementaren Grundlagen des Rechnens, Lesens und Schreibens im
Klassenschnitt sehr zu wünschen übrig lassen, was von Lehrmeistern und
Leitern weiterführender Schulen zu Recht beanstandet wird.
Thurgauer Zeitung, 17.8. von Peter Schmid
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