9. Juli 2018

Stunde der Erbsenzähler

Der neue Berufsauftrag setzt falsche Akzente und sorgt für Unruhe Hört man sich in diesen Tagen in den Lehrerzimmern um, so ist viel Ärger über den neuen Berufsauftrag zu spüren. Dieser entspricht überhaupt nicht den Vorstellungen, wie sie die Zürcher Lehrerverbände vor zehn Jahren entwickelt hatten. Man erhoffte sich eine bessere Übersicht über die immer vielfältigere Berufsarbeit und letztlich eine gerechtere Entlöhnung der Lehrerarbeit. Doch mit der Vorgabe, dass die Umsetzung des Berufsauftrags kostenneutral erfolgen müsse, war klar, dass das Projekt von Anfang an arg in Schräglage war. 
Vom Kapitän zum Erbsenzähler, 8.7. von Hanspeter Amstutz


Statt die Übung abzubrechen oder wenigstens auf ein einfaches Konzept umzuschwenken, wurde ein engmaschiges Kontrollinstrument geschaffen, das jeden unternehmerischen Geist zu ersticken droht. Der für die Schulqualität entscheidende Unterricht wird jetzt in einer zeitlichen Pauschale für jede Lektion erfasst. Es kommt dabei nicht darauf an, ob eine Lehrerin grossartige Vorbereitungen für eine Naturkundestunde trifft, stundenlang Schüleraufsätze korrigiert oder im krassen Gegensatz dazu alles Aufwändige reduziert. Die Pauschale ist zudem so bescheiden, dass sie pädagogischen Einsatz im Unterricht schlecht belohnt. Bis auf die Minute genau nimmt man es hingegen bei der Zeiterfassung aller Tätigkeiten, die ausserhalb des Unterrichtsgeschehens stattfinden. War bis vor Kurzem der Lehrerberuf geprägt von einem verantwortungsbewussten Auftragsdenken, das ein kleinliches Aufrechnen von Überzeiten ausschloss, so droht nun ein bürokratisches Erbsenzählen. Wer ausserhalb des Unterrichts mehr Arbeiten verrichtet und alles akribisch notiert, wird dabei besser wegkommen. Nicht überraschend zeigt sich nun bei den meisten Lehrpersonen, dass ihre effektiv geleistete Jahresarbeitszeit höher ist als im Berufsauftrag durchschnittlich angenommen wird. Einige haben bereits ausgerechnet, dass sie spätestens Mitte November die Schule einstellen müssten, um ihre Überzeiten kompensieren zu können. Dass die ganze Übung bei den allermeisten Lehrerinnen und Lehrern ganz schlecht ankommt, erstaunt deshalb nicht. Politisch manifestiert sich die grosse Unzufriedenheit mit dem Berufsauftrag in zwei Veranstaltungen der Zürcher Lehrerverbände nach den Sommerferien.

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