Es war keine klassische
1. Mai-Demonstration, welche die 5.-Klässler
aus Zwingen veranstalteten.
Aber eine wirkungsvolle. An der Schule hängten
sie Plakate auf, auf denen
sie ihrem Unmut über die Ungerechtigkeit
an der Primarschule kundtaten. Darauf stand:
«Unsere
Klassenlehrerinnen M. Lander und J. Bauk haben
gekündigt, weil sie von unserem Schulleiter
gemobbt und beleidigt worden sind.
Wir, die 5. Klasse, finden das sehr
ungerecht und wollen, dass das sich ändert.»
Was die Schüler letztlich als
Mobbingaktion des Schulleiters
bezeichneten, nahm seinen Lauf im vergangenen
Oktober. Ein grosser Teil der Klasse
hatte im sogenannten Vergleichstest Talschaft schlecht abgeschnitten,
hatte keine ausreichende Kenntnis vom Schulstoff,
der beim Übertritt von der
vierten in die
fünfte Klasse gefordert
ist. Klassenlehrerin Marianne Lander war
ratlos. Sie hatte die Klasse frisch
übernommen und konnte sich den
Lernrückstand vorerst nicht erklären.
Nichts deutete auf die Versäumnisse der
ersten vier Primarschuljahre hin.
Lander rapportierte
pflichtbewusst die
Ergebnisse an die Schulleitung.
«Darüber bin ich ihr ja Rechenschaft
schuldig», sagt sie. Vorerst tat sich nichts.
Protestbrief der 5. Klässler aus Zwingen, Bild: bz
Staatliche Schule verlangt Steiner-Methoden, Basellandschaftliche Zeitung, 4.5. vo Leif Simonsen
Tröpfchenweise drang in
den darauffolgenden Wochen und Monaten aber durch, dass ihre
Vorgängerinnen einen grossen Teil des
Lehrplans mit Elementen der
Rudolf-Steiner-Lehre
gefüllt hatten. «So
fragte mich beispielsweise ein Schüler, warum wir kein Morgengebet machen
und keinen Epochenunterricht
haben», sagt Lander. Zudem stellte sich
heraus, dass die Schüler in den
ersten Primarschuljahren Eurythmie als festen
Bestandteil des Lehrplans gehabt
hatten – wöchentlich eine Lektion im
Winterhalbjahr. «Es war ein Schock für
uns anderen Lehrer. Wir waren nie
darüber informiert worden, dass diese
Methoden an unserer Schule
angewandt werden», sagt Lander. In ihren
Augen wäre es knapp tolerierbar
gewesen, wenn man die Eurythmie oder
den Epochenunterricht als «offiziellen
Schulversuch» deklariert hätte. «Man
hat es aber unter dem Deckel
gehalten – das geht gar nicht.» Beim
Schulleiter Erich Rubitschung stiess
Lander aber auf taube Ohren, als sie ihn
auf das Problem ansprach. «Er sagte,
diese Methoden dürften problemlos an
der Schule
angewandt werden»,
erzählt Lander. Schlimmer noch: Der
Schulleiter habe ihr Unkollegialität und
Sturheit vorgeworfen. Immerhin durfte Lander
auf Unterstützung zählen.
«Ein grosser Teil des
Lehrerkollegiums stand hinter mir», sagt sie gegenüber
der bz.
Kanton
beschäftigt sich mit Fall
Auch viele Eltern wusste
Lander auf ihrer Seite. Sie machten
sich Sorgen, dass die Kinder mit
grossen Lernrückständen in die entscheidende
Primarschulphase einbiegen. Im sechsten Schuljahr entscheidet
sich, in welchen Sekundar-Zug sie
eingeteilt werden. Im
Januar beschwerten sich
die Eltern bei Rubitschung, es kam zu
einem Elternabend, wo sich der Schulleiter
auch vor die umstrittenen
Lehrmethoden der beiden Lehrerinnen
stellte. Für Lander wurde die Situation
unerträglich. Sie wandte sich an die
Lehrergewerkschaft,
woraufhin sie vonseiten
des Schulleiters zusätzlich
unter Druck gesetzt wurde. Letztlich kam
Lander zum Schluss, dass es an der
Schule keinen Platz für sie gibt.
Gemeinsam mit der
anderen Klassenlehrerin
beschloss sie, die Schule zu verlassen.
Sie hat bereits einen neuen Job als
Lehrerin in Aussicht, aber das Schicksal ihrer
früheren Klasse bewegt sie immer
noch.
Auch der Kanton und der
Zwingner Schulrat werden sich
damit noch aufhalten
müssen. Der LVB hat das
Amt für Volksschulen
aufgefordert, Stellung zu nehmen – bis gestern
hatte er noch keine Rückmeldung
bekommen. Monique Juillerat, Sprecherin
der Baselbieter Bildungsdirektion,
stellt derweil klar: «Eurythmie ist
kein Fach im Lehrplan
der Volksschule
Basel-Landschaft. » Der Kanton werde sich
des
Falls annehmen. «Wir
stehen mit der Schulleitung und dem
Schulrat in Kontakt», sagt sie. Schulleiter
Rubitschung wollte gestern auf
Anfrage keine Stellung nehmen und verwies auf
eine bevorstehende Sitzung mit dem Schulrat.
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