11. Mai 2018

Politik fördert Chancengerechtigkeit zu wenig

Die Erfolgsquoten bei den Aufnahmeprüfungen der Zürcher Langgymnasien im Anschluss an die Primarstufe sind rückläufig. Die Zürcher Bildungsdirektion möchte diese zwar nicht abschaffen, aber den Zustrom begrenzen. Die Prüfungskorrektoren erhalten Vorgaben zum maximalen Notendurchschnitt, was zu zahlreichen ungenügenden Noten führt. Die Möglichkeit, sich durch eine nachträgliche mündliche Prüfung doch noch zu qualifizieren, wurde abgeschafft. Sofern man ernsthaft bestrebt ist, begabten Schülerinnen und Schülern aus bildungsfernen Kreisen den Eintritt ins Langgymnasium zu ermöglichen, ist diese Politik kontraproduktiv. Der zunehmende Andrang beim Langgymnasium und der faktische Numerus clausus führen dazu, dass der Besuch von Prüfungsvorbereitungskursen an privaten Instituten weitgehend notwendig wird, wenn die Prüfung bestanden werden soll. Solche Kurse können und wollen sich aber nur eher gutsituierte, bildungsnahe Eltern leisten.
Leserbrief, NZZ, 9.5. von Helmut Meyer

Ein Ausgleich könnte an der Primarschule erfolgen, wenn dort begabte Schülerinnen und Schüler aus einem bildungsfernen Milieu gezielt gefördert würden. Dort sind die Lehrer indes vielerorts mehr als ausgelastet mit wuchernden schulbürokratischen Aufgaben sowie der Einbindung von Kindern mit minimalen Deutschkenntnissen oder Verhaltensauffälligkeiten, nachdem die besonderen Kleinklassen für diese aus integrationsromantischen Gründen abgeschafft worden sind. Nimmt man die Idee einer halbwegs genügenden Chancengerechtigkeit ernst, so müssten die zurzeit noch auf kleiner Flamme köchelnden Förderprogramme wie «Future Kids» und «Chagall» ausgeweitet werden – nicht unbedingt auf Küsnacht und Kilchberg, wohl aber auf Dietikon und Opfikon.

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