Einmal mehr geht man vom Geld aus statt von der
Pädagogik. Nicht neue Erkenntnisse führen zum Systemwechsel, sondern Spardruck.
Zeitgeistig die Integration voranzutragen, ihr aber die notwendigen Mittel zu
verweigern, das ist keine gute Bildungspolitik.
Geld regiert statt Pädagogik, Aargauer Zeitung, 14.4. von Hans Fahrländer
Gerade fällt mir auf, wie lange ich schon nicht
mehr über das Sparen im aargauischen Bildungswesen geschrieben habe. Das war
vor zwei, drei Jahren noch ganz anders: Da geisselte ich regelmässig
Sparübungen zulasten der Kinder und Jugendlichen und zog dafür den Unmut der damaligen
Regierung auf mich.
Inzwischen haben das Parlament, aber auch das Volk
der Regierung mehrmals die Grenzen des Bildungssparens aufgezeigt, entsprechend
ist an dieser Front nicht mehr allzu viel passiert. Doch jedermann wusste
natürlich: «Es» ist noch nicht vorbei.
Jüngstes Thema: die Mittelkürzung bei den
«verstärkten Massnahmen». Hinter dem etwas bürokratischen Begriff verstecken
sich vor allem Spezialförderungen für Kinder mit einer Behinderung oder
Beeinträchtigung, meistens durch schulische Heilpädagoginnen, damit sie in der
normalen Klasse unterrichtet werden können.
Es handelt sich also um ein Kernelement der
integrativen Schule gemäss dem Motto «Mitnehmen statt ausgrenzen». Neu wird das
Geld nicht mehr einzelnen Kinder zugesprochen, sondern den einzelnen Schulen.
Wenig verwunderlich: Im Endeffekt ist es deutlich weniger Geld. Ursprünglich
stellte die Regierung Kürzungen bis 14 Prozent in Aussicht, nun konstatieren Schulleiter
Verluste von bis zu 40 Prozent.
Es geht hier nicht um eine ultimative Forderung
«Hände weg von diesen Fördermitteln!» Es kann durchaus sinnvoll sein, den
Zuteilungsmechanismus zu durchleuchten. Wer soll von «verstärkten Massnahmen»
profitieren? Wo liegen die Grenzen zwischen beeinträchtigten und «schwierigen»
Kindern? Warum nehmen die Fördergesuche zu? Doch betrüblich ist die Erkenntnis:
Einmal mehr geht man vom Geld aus statt von der Pädagogik.
Nicht neue Erkenntnisse führen zum Systemwechsel, sondern
Spardruck. Vor zwei Jahren hat sich die Regierung, bei der Beantwortung von
kritischen Fragen aus dem bürgerlichen Lager, voll hinter die integrative
Schulung gestellt – sie funktioniere gut. Vielleicht funktioniert sie nun bald
nicht mehr so gut.
Entweder man bekennt sich zum aufwendigen System
der Individualförderung oder man lässt es bleiben. Zeitgeistig die Integration
voranzutragen, ihr aber die notwendigen Mittel zu verweigern, das ist keine
gute Bildungspolitik. Offenbar war man sich in Aarau der Diffizilität des
Dossiers bewusst: Man hat die Lehrerschaft nur per Schulblatt über den
Systemwechsel informiert ...
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